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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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nur ihr Friede war dahin, auch Khryse wirkte blaß und ausgezehrt. Man brauchte ihn, denn es war außer Kassandra noch niemandem gelungen, die neue Methode mit den Schriftzeichen und seine anderen Kenntnisse so gut zu lernen, daß man auf ihn verzichten konnte. Kurz und gut, er hatte sich bereits im Tempel unentbehrlich gemacht. Die meisten Priester waren alt. Als Dreißigjähriger war Khryse der einzige Priester des Sonnengottes im Vollbesitz seiner Kraft.
    Kassandra wurde das Leben im Tempel auch dadurch nicht leichter, daß sie sich jedesmal, wenn seine glänzenden goldenen Haare in der Sonne leuchteten, an den Augenblick erinnerte, als er mit der Stimme des Sonnengottes zu ihr gesprochen hatte.
    Wie töricht bin ich gewesen  …, dachte sie niedergeschlagen,  zweifellos hat Khryse Apollon beschworen. Oder habe ich es durch mein Gebet getan, und ER hat mich vor diesem Mann beschützt, den ich verabscheue? Aber wenn ich mich nicht gewehrt hätte, dann könnte ich jetzt das Kind des Gottes im Leib tragen, denn Apollon hat sich seiner Gestalt bedient  … 
    Aber wollte sie das? War das ihre Bestimmung? Hatte sie sich wirklich ihrem Schicksal widersetzt?
    Wie auch immer: Was geschehen war, ließ sich nicht ändern. Sie konnte sich nur - wenn auch mit einer gewissen Bitterkeit - über die Strafe für Khryses Anmaßung freuen.  Die Unsterblichen lassen sich nicht verspotten!  Zumindest das wußte Khryse inzwischen.
    Und ich weiß es auch. Der Sonnengott verspottet mich. Ich habe ihn ehrerbietig angerufen, weil ich in Khryses Verhalten eine Gotteslästerung sah .  Und ich bin ebenso bestraft worden wie der Sünder.
    Es war kein Trost, daß Apollon eingegriffen hatte. Jetzt erzählte man sich (natürlich hatte sich die Geschichte zuerst im Tempel und dann in der ganzen Stadt verbreitet), sie habe sich dem Gott widersetzt, und Apollon habe sie dafür verflucht. Nur jene, die in der Nacht dabeigewesen waren, kannten die Wahrheit - und, so dachte Kassandra beinahe verzweifelt, selbst sie kennen nicht die ganze Wahrheit.
    Alle glaubten jetzt, Apollon habe ihr die Sehergabe genommen. Aber die Sehergabe war nicht SEIN Geschenk, und deshalb konnte ER sie ihr auch nicht nehmen. Der Sonnengott hatte nur dafür gesorgt, daß von nun an niemand mehr ihren Worten Glauben schenken würde.
    Es brachte ihr auch keine Befriedigung zu sehen, daß man Khryse beinahe mit der gleichen furchtsamen Ehrerbietung behandelte wie sie selbst. Mindestens einmal am Tag, manchmal auch zwei-oder dreimal überkam ihn die Fallsucht. Er stürzte zu Boden und wand sich in Zuckungen. Kassandra hatte (allerdings selten) Männer und Frauen und sogar Kinder im erschreckenden Griff dieser Krankheit gesehen. Üblicherweise hielt man sie für Opfer oder Lieblinge des Gottes. Kassandra begann sich zu fragen, ob die Fallsucht nicht eine Krankheit wie alle anderen war. Aber weshalb hatte man an Khryse vorher keine Anzeichen bemerkt?
    Die inneren Zweifel und Fragen ließen Kassandra keine Ruhe. Sie sehnte sich nach ihrem kindlichen Glauben. Immer noch war sie gezwungen, oft mit Khryse zusammenzusein. Nach einiger Zeit wurde außerdem deutlich, daß die Ereignisse jener unglückseligen Nacht in der Vorstellung der meisten Priester und Priesterinnen eine gewisse Verbindung zwischen Kassandra und Khryse geschaffen hatten. Man schien zu glauben, sie habe tatsächlich das Vergehen begangen, zu dem Khryse sie verführen wollte. Niemand sah in ihnen die Opfer von Apollons Zorn oder Haß (wie Kassandra glaubte).
    Was kann der Sonnengott mir noch antun? Ich habe SEINE Liebe verloren… Aber ist SEINE Liebe besser als SEIN Groll? Soll ich IHM dafür danken, daß ER nicht auch aus mir ein Opfer der Fallsucht gemacht hat?
    Chryseis hatte die Aufgabe, Nachrichten im Tempel zu überbringen, und rief Kassandra eines Tages in den Tempelhof. »Du hast Besuch, Kassandra. Ich glaube, es ist die Prinzessin von Kolchis.« Kassandra ging hinaus, blickte sich suchend um und entdeckte Andromache, die wie eine einfache Frau gekleidet war und ihr Kind auf dem Rücken trug. Kassandra eilte zu ihr und umarmte sie.
    »Was ist geschehen?«
    »Ach Kassandra, es ist schlimmer, als du dir vorstellen kannst«, sagte Andromache. »Die Spartanerin hat alle in ihren Bann geschlagen - sogar meinen geliebten Mann. Ich habe ihm erzählt, was du über Helena gesagt hast, aber er behauptet, alle Frauen seien auf eine schöne Frau eifersüchtig. Übrigens, ich halte dich für hübscher als diese

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