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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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vor einigen Stunden über die Ebene geblickt hatte.
    Das große Stadttor und die Mauer auf dieser Seite waren eingestürzt. Inmitten der Trümmer und des Gerölls lag das hölzerne Pferd. Ein Bein ragte eigenartig in die Luft, und es sah so aus, als habe das Pferd mit seinem Huf tatsächlich die Mauer zum Einsturz gebracht. Die Fackeln hatten das umliegende Holz in Brand gesteckt; die Flammen loderten hoch auf, aber das Pferd brannte nicht. Die Holzhäuser in der Unterstadt waren ein Feuermeer. Es war die Vision, die sie als Kind gehabt hatte, und diese Vision hatte niemand geglaubt: Troia stand in Flammen!
    Scharen von Achaiern bahnten sich bereits über die Trümmer hinweg einen Weg in die Stadt. Nun konnte sie niemand mehr aufhalten. Bald würde das Plündern, Rauben und Morden beginnen. Wo konnte sie sich verbergen? Ein Gebäude des Tempels stand noch: der Schrein. Dort würde sie vielleicht etwas zu essen finden - Reste der Opfergaben vom Vortag. Zu ihrer Verblüffung stellte sie fest, daß sie quälenden Hunger hatte. Sie betrat den Schrein und blieb stehen. Sollte die Erde noch einmal beben, würden auch diese Mauern fallen. Dann sah sie die umgestürzte Statue des Sonnengottes und darunter einen Menschen. Voll Entsetzen trat sie näher und erkannte, daß es Khryse war.
    Jetzt hat der Gott ihn tatsächlich geschlagen.
    Sie kniete sich neben Khryse nieder und schloß ihm die weit offenen Augen. Dann erhob sie sich und eilte weiter.
    Im Raum hinter der Statue wurden die Opfergaben aufbewahrt, und dort fand sie ein paar Laibe Brot. Es war trocken, aber sie aß gierig. Einen Laib steckte sie in ihr Gewand; sie würde ihn vielleicht brauchen. Dann überlegte sie: Die Achaier plünderten sicher bereits die Unterstadt. War der Palast eingestürzt? Waren alle tot? Waren alle unter den Trümmern begraben? Auch ihre Eltern, Andromache, Helena? Versuchten troianische Soldaten, den Plünderern Einhalt zu gebieten? Oder war sie die einzige Zeugin der Verwüstung? Kassandra lauschte auf ein Geräusch, das ihr Hinweis darauf gegeben hätte, daß außer ihr noch jemand im Tempel lebte. Aber um sie herum herrschte nur Schweigen. Vielleicht lebte im Palast unten noch jemand. Vielleicht hatten die Troianer ihre Warnung befolgt und waren rechtzeitig in die Höfe oder Gärten geflohen.
    Kassandra trat in die warme Sonne hinaus. Aber sie zitterte und fror. Alle ihre Sachen lagen unter den Trümmern begraben.
    Sie sollte zum Palast hinuntergehen. Sie fürchtete zwar die achaischen Soldaten, aber trotzdem wollte sie unbedingt wissen, ob ihre Mutter noch lebte. Entschlossen verließ sie den Tempel und eilte die Straße hinunter.
    Geröll und Trümmer der teilweise oder völlig eingestürzten Häuser versperrten ihr den Weg. Sie begegnete nur sprachlosen und entsetzten, meist halbbekleideten, barfüßigen Frauen und ein paar Soldaten, die auf dem Weg zum Stadttor gewesen waren. Als die Leute sahen, daß sie zum Palast ging, folgten sie ihr.
    Der Palast war nicht völlig eingestürzt. Die großen Tore und einige Friese lagen am Boden, aber die Mauern standen noch. Es schien auch nirgends zu brennen. Beim Weitergehen hörte sie lautes Klagegeschrei. Sie erkannte die Stimme ihrer Mutter und begann zu rennen. Umgeben von den aufgeworfenen Steinplatten im Hof lag Priamos - tot oder bewußtlos? Kassandra wußte es nicht. Hekabe kniete klagend an seiner Seite. Helena hatte sich in einen Umhang gehüllt und hielt Nikos an der Hand; neben ihr stand Andromache mit Astyanax in den Armen.
    Andromache hob den Kopf und schrie Kassandra an: »Bist du nun zufrieden, Kassandra? Das Unheil, das du prophezeit hast, ist über uns gekommen.«
    »Sei still«, sagte Helena, »sei nicht töricht, Andromache. Kassandra hat nur versucht, uns zu warnen, mehr nicht. lch bin sicher, sie hätte lieber geschwiegen. lch freue mich, daß du unverletzt bist.« Sie umarmte Kassandra, und Andromache folgte reumütig ihrem Beispiel.
    »Was ist mit Vater?« fragte Kassandra. Sie beugte sich über ihre Mutter und zog sie sanft hoch. »Komm, Mutter, wir müssen in den Tempel der Jungfrau fliehen.«
    »Nein, nein, ich bleibe bei meinem Gemahl und König«, erklärte Hekabe, und ihr Klagen verwandelte sich in Schluchzen.
    Andromache legte den Arm um sie, und Astyanax drückte sich an Hekabe. »Weine nicht, Großmutter, wenn dem König, meinem Großvater, ein Leid geschehen ist, sorge ich für dich.«
    Kassandra kniete neben ihrem Vater. Sie griff nach der kalten Hand und schob

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