Die Feuerbraut
Zeit«, rief Irmela erregt. »Seht! Dort hinten kommen Männer, und wie sie aussehen, wollen sie sich das holen, was die Schweden übrig gelassen haben.«
»Wer sagt dir das? Deine Hexenkräfte?«, keifte Johanna, und auch Ehrentraud machte eine Bemerkung über Irmela, die ebenso verletzend wie ungehörig war.
Die andern achteten nicht auf das Gift, das die beiden Mädchen verspritzten, sondern starrten zu den zerlumpten Kerlen hinüber. »Wegen mir können sie sich nehmen, was sie wollen! Hauptsache, sie helfen uns, unsere Toten unter die Erde zu bringen«, rief Anna Reitmayr hoffnungsvoll aus.
Irmela vernahm jedoch das Wort »Weiber!« und die Gier, die darin schwang.
»Sie werden uns nicht helfen, sondern dort weitermachen, wo die Schweden aufgehört haben. Schnell, wir müssen in den Wald zurück!«
Fabian schüttelte verzweifelt den Kopf. »Wie stellst du dir das vor? Fräulein Ehrentraud kann kaum laufen, und der Rest ist zu erschöpft, um sich noch zwischen den Büschen verstecken zu können. Die Kerle hätten uns schneller eingeholt, als uns lieb sein kann.«
»Wir können nicht einfach hierbleiben!«, rief Irmela und blickte die Frauen und älteren Mädchen an. »Wollt ihr, dass euch das Gleiche geschieht wie Fräulein Ehrentraud und Frau Steglinger?«
»Und mir«, setzte Moni hinzu. Als Magd war sie es zwar gewöhnt,nicht beachtet zu werden, doch sie wollte die Tatsache ihrer Schändung nicht unter den Tisch gekehrt wissen. Es gab immer fromme Frauen und Priester, die Mitleid mit einem Opfer dieser protestantischen Ungeheuer zeigten und ihm die eine oder andere Münze zusteckten. Außerdem quälten sie starke Schmerzen, denn die Soldaten waren wie Tiere über sie hergefallen.
Fabian focht einen harten Kampf mit sich aus. Es widerstrebte ihm, die Toten, unter denen sich auch seine Eltern befanden, als Opfer von Leichenfledderern zurückzulassen. Andererseits zählte er sechs Männer, hinter denen nun etliche Weiber auftauchten, die nicht weniger zerlumpt aussahen. Diese Leute würden sich gewiss nicht mit dem begnügen, was sich beim Wagenzug befand.
»Kommt mit! Wir gehen weiter Richtung Donau.«
Meinarda rang die Hände. »Von dort sind die Schweden gekommen. Was ist, wenn wir denen in die Arme laufen?«
»Dann passiert uns auch nicht mehr als das, was die Kerle da hinten mit uns vorhaben.« Walburga Steglinger stand mühsam auf und folgte Irmela, die zwei kleine Mädchen an die Hand genommen hatte und ein Stück vorausgeeilt war.
»Frau von Teglenburg, übergebt Euren Sohn einem der Mädchen und helft Fräulein Ehrentraud, und du, Moni, stützt sie ebenfalls.« Fabian gab diesen Befehl nicht gern, denn die Magd sah zum Erbarmen schlecht aus. Aber die übrigen Frauen hatten mit sich selbst und ihren Kindern genug zu tun und konnten sich nicht auch noch um die Verletzte kümmern. Er selbst wagte es nicht, sich mit Ehrentraud zu belasten, denn wenn man sie verfolgte, würde er die kleine Gruppe verteidigen müssen.
Sie hatten noch keine hundert Schritte zurückgelegt, als die Plünderer sich johlend auf die herumliegenden Reste stürzten, die den Schweden nicht gut genug gewesen waren. Die meistenüberließen das Aufsammeln jedoch den zu ihnen aufschließenden Weibern und folgten den Flüchtlingen.
»Geht schneller!«, rief Fabian, der begriff, dass eine Auseinandersetzung unausweichlich sein würde.
Seine Schützlinge vermochten jedoch nicht vor einem halben Dutzend zu allem entschlossenen Kerlen davonzulaufen. Die Plünderer holten rasch auf, und ihre Stimmen verrieten den Fliehenden, dass sie sich nicht mit dem wenigen an Gold und Schmuck zufriedengeben würden, das die Frauen noch bei sich trugen, sondern diese und die älteren Mädchen als Beute ansahen.
Walburga Steglinger blieb mit vor Anstrengung hochrotem Gesicht stehen und schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht mehr. Rettet ihr euch!«
Johanna und einige andere sahen aus, als würden sie dieses Angebot liebend gerne annehmen, doch Fabian hob sein Rapier. »Ich lasse keine von euch im Stich.«
»Narr! Wenn sie dich umbringen, habe ich auch nichts davon.« Walburga Steglinger versetzte ihm einen Stoß, doch er wich nicht, sondern stellte sich mit zusammengebissenen Zähnen den Plünderern in den Weg.
Irmela begriff, dass Fabian es auf einem Kampf ankommen lassen wollte, um wenigstens einem Teil der Gruppe die Möglichkeit zu geben, den Schurken zu entkommen. Obwohl sie vor Angst fast verging, war ihr klar, dass die Kerle die
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