Die Feuerbraut
verächtlichen Blick zu. Auf welche Weise Irmela die Schweden bemerkt hatte, interessierte sie nicht. Sie war einfach nur froh, dass sie und ihr Sohn noch lebten. In dieses Gefühl mischte sich die niederschmetternde Gewissheit, als Fabian ihr mit knappen Worten erklärte, dass ihr Ehemann ebenso wie die meisten anderen Edelleute von den Schweden umgebracht worden war. Der Schmerz über den Verlust des geliebten Mannes zerriss ihr schier das Herz, aber dennoch folgte sie ihrer Retterin und zog sie an sich, um sie zu trösten.
»Es tut mir so leid um deinen Vater. Nach deiner Mutter auch noch ihn zu verlieren, muss schrecklich für dich sein.«
Irmela sah mit tränenfeuchten Augen zu ihr auf. »Warum istPapa nicht auch in den Wald gelaufen? Ich habe ihn doch gewarnt.«
»Dann wären die Schweden ihm gefolgt und hätten uns alle gefunden. Er starb, um dich zu retten, meine Kleine. Vergiss das nie!« Von ihren Gefühlen überwältigt sank Meinarda schluchzend nieder und presste den kleinen Siegmar so fest an sich, dass auch er zu weinen begann.
V.
Walburga Steglinger hatte zunächst Ehrentrauds und Monis Verletzungen verbunden, bevor sie sich selbst von der Magd helfen ließ. Die anderen Frauen stolperten derweil zwischen den brennenden Wagen umher, hoben den einen oder anderen Gegenstand auf, um ihn wieder fallen zu lassen, und starrten mit von Grauen gezeichneten Gesichtern auf die Toten. Immer wieder schrie eine von ihnen gellend auf, wenn sie jemand fand, der ihr nahegestanden hatte. Andere hofften bis zuletzt, ihre Männer und Söhne könnten den Schweden entkommen sein.
Während Johanna bei Ehrentraud von Lexenthal blieb und die Verletzte mit einer Mischung aus Grauen und Neugier betrachtete, sonderte Irmela sich weiter von den anderen ab. Ihr kleines Gesicht wirkte noch spitzer, und die Tränen rannen ihr über die Wangen, ohne dass sie einen Laut von sich gab.
Schließlich ging sie mit staksigen Schritten auf die Stelle zu, an der die meisten der Toten lagen, um den Leichnam ihres Vaters zu suchen.
Fabian sah es und lief ihr nach. »Bleib da weg! Du solltest sie alle so im Gedächtnis behalten, wie du sie im Leben gekannt hast. Das hier ist kein Anblick für ein kleines Mädchen.«
Die Bezeichnung »kleines Mädchen« drang durch den Schleiervon Trauer und Entsetzen. Sie fuhr empört auf und wollte ihm sagen, dass sie bereits siebzehn sei. Da las sie auf seinem Gesicht die gleichen Gefühle, die auch sie niederdrückten. »Verzeih mir!«, sagte sie beschämt.
»Ich habe dir nichts zu verzeihen. Es ist an mir, dich um Vergebung zu bitten.« Er berührte vorsichtig Irmelas geschwollene, von Blutschorf bedeckte Lippen und zog das Mädchen tröstend an sich. »Warum ist meine Mutter dir nicht auch gefolgt? Jetzt bin ich ganz allein!«
»Genau wie ich«, antwortete Irmela und verdrängte dabei die Tatsache, dass sie mit Johanna noch eine nahe Verwandte besaß. Die Erinnerung an den Tod ihrer Mutter vor gut zehn Jahren stieg so schmerzhaft in ihr auf, als sei es eben erst geschehen. Sie hatte sich trotz des Verbots ihrer Kinderfrau in das Sterbezimmer geschlichen und all das Blut gesehen, das aus ihrer Mutter herausgeflossen war. Auch das Neugeborene war ihren Augen nicht entgangen, der Bruder, der seine Geburt nur eine Stunde überlebt hatte. Beim Anblick des Kleinen hatte sie einen Wutanfall bekommen und den lieben Gott wegen seiner Ungerechtigkeit gescholten. Ausgerechnet da war ihr Vater ins Zimmer getreten. Ottheinrich von Hochberg hatte sie zuerst geohrfeigt, sie aber dann in die Arme genommen und mit ihr geweint.
Ein Geräusch, das nicht in die Umgebung passte, ließ Irmela aufblicken, und sie entdeckte eine Gruppe von zerlumpten Männern, die mit eiligen Schritten näher kamen. Es konnte sich um verarmte Bauern aus der Umgebung handeln, aber auch um Gesindel, wie es im Gefolge der Heere die Lande durchstreifte. Die Kerle hatten wohl den Rauch der brennenden Karossen über dem Wald aufsteigen sehen und hofften, hier noch Beute machen zu können. Die Gesten und die wenigen Worte, die Irmela aufschnappen konnte, verhießen nichts Gutes. So schnell, wie ihreerschöpften Beine sie trugen, lief sie zu der Gruppe der Überlebenden zurück, die sich um Walburga versammelt hatten.
Anna Reitmayr wandte sich gerade mit einer verzweifelten Geste an Fabian, der ebenfalls hinzugetreten war. »Du musst einen Priester holen und Helfer, damit wir unsere lieben Toten begraben können.«
»Dafür bleibt keine
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