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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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sie alle Schuld auf sie lenken und sich und Johanna auf diese Weise reinwaschen. Zwarerinnerte sie sich daran, dass die Alte sie bezüglich Ehrentrauds belogen hatte, schob den Gedanken jedoch wieder weit von sich. Sollte Irmela wirklich zurückkehren, musste ihr Gift schneller sein als die Schergen des Priors. Mit scheinbar mitfühlender Miene blickte sie Lexenthal an und legte ihre Schlingen so aus, dass ihr weder das Vermögen der Hochbergs noch der anerkannte Rang einer Gräfin entgehen konnten.

VI.
    In Pilsen hatte sich die Lage zugespitzt. Gerüchte machten die Runde, der Kaiser habe Wallenstein seines Amtes enthoben, und brachten so manchen Offizier, der dem Feldherrn im Januar begeistert die Treue geschworen hatte, dazu, noch einmal über seine Situation nachzudenken. Der Trubel des letzten Jahres war geschwunden und hatte eine bedrückende Stille hinterlassen. Einige behaupteten sogar, ein Teil der Truppen sei ohne das Wissen oder gar die Erlaubnis von Wallenstein abgerückt. Andere wiederum berichteten, diese Regimenter wären dem Kommando General Gallas’ unterstellt worden. Das wiederum ließ die Anhänger des Generalissimus Hoffnung schöpfen, denn Matthias Gallas galt als einer der fähigsten Kommandeure Wallensteins, und er würde wohl nichts tun, was dem Feldherrn und dem Reich schaden konnte. Auch Anselm Kiermeier klammerte sich an diese Hoffnung.
    Er saß mit Fabian und Gibichen in ihrer Stammschenke, hatte bereits den fünften Krug Bier vor sich stehen und blitzte seine Freunde herausfordernd an. »Wer Wallenstein die Treue hält, wird es nicht bereuen!«
    Während Gibichen seine Zweifel kaum verbarg, wusste Fabian nicht so recht, an was er glauben sollte. Wallenstein war für ihnstets ein Garant für die Verteidigung des Reiches gewesen, doch seit Lützen hatte der Feldherr kaum noch etwas unternommen, um die Schweden und die mit ihnen verbündeten Ketzer zurückzudrängen.
    »Aber er tut nichts mehr! Im letzten Jahr gab es nur ein paar Scharmützel, während der größte Teil des Heeres untätig bleiben musste. Dabei hatte ich so gehofft, mich auszeichnen zu können.« Er schnaufte, wagte es aber nicht, Kiermeier ins Gesicht zu sehen.
    Gibichen nahm weniger Rücksicht auf Kiermeiers Gefühle. »Wir wissen alle, dass Wallenstein krank ist, und in diesem Zustand kann er das Heer nicht führen. Es wäre besser für ihn, abzutreten und auf seine Besitzungen zurückzukehren. Noch kann er es als ruhmreicher Mann, der dem Kaiser große Dienste geleistet hat.«
    Kiermeier schnaubte. »Es mag sein, dass Wallensteins Leib krank ist, sein Verstand ist so scharf wie eh und je. Alle, die ihn ersetzen könnten, sind gegen ihn wie Kinder!«
    Da Gibichen sich nicht umstimmen ließ, lag Streit in der Luft. Fabian schmerzte es, dass die enge Kameradschaft, die sie miteinander verbunden hatte, den Stürmen der Zeit nicht trotzen konnte. Dabei vermochte er den Standpunkt des Majors ebenso gut nachzuvollziehen wie Gibichens Meinung. Jeder hatte zu einem Teil recht, zu einem anderen unrecht, und er wusste nicht, auf welche Seite er sich schlagen sollte. Seine persönliche Treue gehörte mehr dem Feldherrn als dem Mann im fernen Wien, den er noch nie gesehen hatte. Nur war dieser der Kaiser und damit das Oberhaupt des Reiches, dem jeder brave Untertan Gehorsam schuldig war.
    Der Schlag der Turmuhr ließ ihn hochschrecken. »Ist es schon so spät? Ich muss zum Dienst ins Hauptquartier!« Als er aufstand, wurde ihm klar, dass auch er es schon an der nötigen Disziplinfehlen ließ. Bisher war er stets rechtzeitig und vor allem nicht angetrunken bei Wallenstein erschienen.
    Seine Kameraden sahen nur kurz auf, nickten uninteressiert und führten ihr Streitgespräch weiter. Fabian hoffte, dass sie sich nicht ernsthaft in die Haare geraten würden, und betete gleichzeitig, dass endlich eine Entscheidung fiel, mochte sie auch noch so schmerzlich sein. Dem Heer und ihrer Freundschaft würde es guttun.
    Als er die Schenke verließ, zog bereits die Dämmerung herauf und ließ die Konturen der Häuser weich und verschwommen erscheinen. Es regte sich kein Lüftchen, und es waren viel weniger Leute unterwegs als sonst, so als halte die Welt den Atem an.
    Die Linke fest um den Griff seines Pallaschs gelegt, eilte Fabian durch die Straßen und erreichte kurz darauf Wallensteins Quartier. Die Wachen, die den Eingang flankierten, stützten sich auf ihre Hellebarden wie Greise, denen die Last des Lebens zu schwer geworden war.

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