Die Feuerbraut
auf Fabian. »Leutnant Birkenfels war vorhin außerhalb der Stadt und hat Schlechtes zu vermelden.«
»Er meint die verschwundenen Soldaten? Das ist nichts Neues!« Ilow ballte die Rechte zur Faust und drehte sich zu Wallenstein um. »Wir müssen sofort handeln, Euer Gnaden. Sonst ist es zu spät.«
Wallenstein wischte sich über die Stirn. Als er seine Hand zurückzog, glänzte sie nass. »Auf wie viele Männer können wir noch zählen?«
Ilow hob in einer verzweifelten Geste die Arme. »Auf zwei- oder dreitausend, vielleicht auch auf fünftausend. Doch ich frage mich, ob sie auch kämpfen werden, wenn sich uns eine überlegene Streitmacht in den Weg stellt.«
»Wer sollte das tun?«, fragte Wallenstein mit dem Anflug eines Lachens. »Die meisten Offiziere wissen, was sie mir zu verdanken haben. Sie mögen vielleicht nicht für mich kämpfen wollen, aber sie werden gewiss nicht gegen mich ziehen.«
Ilow ließ nicht locker. »Trotzdem schlage ich vor, Pilsen mit allen uns gebliebenen Truppen zu verlassen und uns an einen Ort zurückzuziehen, der uns mehr Möglichkeiten bietet. Wir sollten nach Eger gehen. Von dort aus können wir jederzeit nach Sachsen marschieren.«
»Sachsen!« Wallenstein bleckte die Zähne. »Ich habe bisher nichts Neues von General Armin gehört, und Kurfürst Johann Georg beantwortet meine Briefe nicht einmal.«
Fabian lief es kalt den Rücken hinab. Der Feldherr hatte eben bestätigt, dass er Verhandlungen mit dem sächsischen Feind führte. In seinen Augen war dies genauso verräterisch, als würde er sich den Schweden anbiedern. Mit einem Mal bedauerte er seine Entscheidung, bei Kiermeier geblieben zu sein, doch es gab kein Zurück mehr.
»Major Kiermeier, Ihr werdet eine Eskorte für den Generalissimus zusammenstellen. Wir brechen so rasch wie möglich auf.« Da Wallenstein der Situation nicht mehr gewachsen zu sein schien, übernahm sein Schwager das Kommando.
Kiermeier verbeugte sich wortlos vor General Trka und verließ den Raum. Nun wollte Fabian seinen Posten im Vorzimmer wieder einnehmen, doch Wallenstein hielt ihn auf.
»Bleibt hier, Birkenfels, und helft mir, meine Papiere einzupacken. Etliches wird verbrannt werden müssen. Das will ich nicht den Dienern überlassen. Die schwätzen mir zu viel, und manches könnte bis zum Gegenteil verfälscht Seiner Majestät zu Ohren kommen.«
Ilow wechselte einen kurzen Blick mit Trka. »Verzeiht, Euer Gnaden, aber die Zeit drängt. Wir müssen dafür sorgen, dass Eure Befehle ausgeführt werden.«
»Tut das!« Wallenstein nickte seinen Vertrauten kurz zu und winkte Fabian. »Kommt mit!« Ächzend erhob er sich aus seinem Stuhl, und Fabian sah, dass ihn seine Beine kaum noch zu tragen vermochten. Sofort eilte er zu ihm und bot ihm seinen Arm.
Um Wallensteins Lippen zuckte ein seltsames Lächeln. »Ihr seid ein Mann von seltener Treue, Birkenfels. Meine Feinde in Wien werfen mir vor, das Reich verraten und mich mit den Schweden verbünden zu wollen. Ihr selbst hasst die Schweden bis aufs Blut und seid trotzdem bei mir geblieben.«
Fabian wusste nicht so recht, was er darauf antworten sollte. Gibichenhatte ihm von solchen Gerüchten erzählt, aber er hatte sie nicht glauben mögen. Jetzt aber spürte er, dass auch er an den Motiven des Feldherrn zu zweifeln begann. Er schluckte und versuchte, seinen trockenen Mund mit der Zunge anzufeuchten. »Ich habe mir da noch keine Gedanken gemacht. Euer Gnaden werden am besten wissen, was zu tun ist«, antwortete er nicht ganz wahrheitsgetreu.
Wallenstein schnappte nach seinen Worten wie ein Hund nach einem Knochen. »Das sollten sich diese neidischen Wichte am kaiserlichen Hof ins Gebetbuch schreiben! Bei Gott und der Heiligen Jungfrau, sie blasen Seiner Majestät ins Ohr, er könne diesen Krieg gewinnen, wenn er mich fällt wie einen morschen Baum, und der Kaiser träumt weiter von einem Siegfrieden auf der ganzen Linie und davon, den Protestantismus in Deutschland auszurotten. Die Leute, die sich um ihn scharen, reden ihm nach dem Mund, denn sie erhoffen sich Reichtümer und Würden in den jetzt noch protestantischen Landen. Da will so mancher seinen Sohn als Prälaten oder Bischof sehen oder gar als Fürst oder Herzog in Sachsen, Brandenburg oder der Pfalz. Sie sehen alle nur auf sich selbst, aber keiner bedenkt, welche Folgen ihre Handlungen haben könnten.
Der Krieg muss ein Ende haben, Birkenfels, wenn unser Deutschland nicht zerbrechen soll. Sie müssten nur ein wenig nachdenken,
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