Die Feuerbraut
schwang sich auf den Gaul und trieb ihn noch in der Bewegung an. Kaum aber ragten seine Schultern über den Sattel, zog Gibichen den Hahn durch. Der Schuss hallte überlaut durch dieNacht, und der Getroffene stürzte mit einem erstickten Aufschrei zu Boden.
Die Frau starrte auf ihren toten Gefährten und schien verzweifelt einen Ausweg zu suchen, ehe der nächste Schuss sie traf. In ihrer Angst raffte sie ihren Rock und präsentierte Gibichen ihre Scham. »Ihr könnt alles von mir haben, Herr, aber lasst mich am Leben!« Gibichen musterte sie verblüfft. Selbst im schwachen Schein des Mondes konnte er erkennen, dass sie recht hübsch war. Ihm war jedoch nicht nach einem Frauenleib zumute, umbringen aber wollte er sie auch nicht.
»Dreh dich um und bück dich!«, herrschte er sie an.
Das Weib befolgte den Befehl sofort und spreizte ein wenig die Beine, weil sie dachte, er wolle sie auf diese Weise nehmen. Gibichen hob jedoch nur den Fuß und versetzte ihr einen Tritt, der sie in das Gestrüpp beförderte. »Verschwinde und lass dich nie wieder in meiner Nähe blicken.«
Die Frau stöhnte vor Schmerz, begriff aber, dass sie mit heiler Haut davonkommen sollte, und verschwand humpelnd im verschneiten Wald.
Gibichen spie hinter ihr aus und lud die abgeschossene Pistole neu. Da sein Nachtquartier ihm nach diesem Zwischenfall verleidet war, bestieg er sein Pferd und ritt weiter. Der Mond war hell genug, um bis zum Morgen noch eine oder zwei Meilen zurückzulegen, und die mochten ihm helfen, genügend Zeit zu gewinnen, um seine Freunde warnen zu können.
XI.
Der Abend war so eisig, wie Fabian noch keinen erlebt zu haben glaubte. Es kam ihm vor, als friere er von innen heraus. Mit einem lautlosen Fluch, der dem schlechten Gefühl galt, das sichin ihm breitgemacht hatte, zog er seinen Umhang enger um sich und stapfte durch weichen Schnee, der die Straße vor Wallensteins Quartier bedeckte. Das Licht aus dem Schlafgemach des Feldherrn verriet, dass Wallenstein auf den Rat seines Arztes gehört hatte. Dieser war am Nachmittag bei ihm gewesen, um ihm eine neue Arznei zu bringen, und hatte ihm nach der Untersuchung verboten, das Haus zu verlassen. Das hatte die Generäle Ilow und Trka sowie Niemann, den letzten ihm verbliebenen Sekretär, nicht daran gehindert, die Einladung des Garnisonskommandeurs Gordon anzunehmen. Der Schotte hatte Wallenstein am Vortag noch einmal seine Ergebenheit bekundet, genau wie die übrigen schottischen und englischen Offiziere, die das letzte Häuflein Soldaten befehligten, das dem Generalissimus geblieben war. Daher hätte Fabian sich keine Sorgen machen müssen, doch er fühlte eine Anspannung in sich, die mit jedem Schritt wuchs.
Kiermeier, der in seinem Umhang noch größer und wuchtiger wirkte als sonst, stapfte ihm entgegen. »Bei den Wachen ist alles in Ordnung«, meldete er, als wäre nicht er der ranghöhere Offizier.
Fabian bleckte die Zähne. »Das beruhigt mich nicht. Ich wünschte, wir wären schon in Sachsen. Meines Erachtens war es ein Fehler, hier Station zu machen.«
Der Major lachte spöttisch auf. »Glaubst du, dein Kopf wäre klüger als der unseres Feldherrn? Hier in Eger wird Wallenstein von ihm treu ergebenen Regimentern beschützt, und er vermag mit dem Kaiser zu verhandeln, ohne als Verräter zu gelten. Wäre er gleich zu den Sachsen übergegangen, hätte er seine Sache verloren geben müssen.«
Obwohl Fabian Kiermeier im Stillen recht geben musste, wich seine Nervosität nicht. »Ich werde die Wachen noch einmal kontrollieren. Soll ich danach zu Gordon gehen und nachsehen, wo Ilow und die anderen bleiben?«
»Die werden wohl auch ohne dich ihren Wein trinken und nach Hause finden können.« Kiermeier merkte nicht einmal, dass er Fabian mit seiner Bissigkeit kränkte, sondern befahl ihm, mit ihm zu kommen. Sie betraten Wallensteins Quartier, das für Fabians Empfinden beinahe so still war wie eine Gruft, und nahmen im Vorzimmer Platz. Kiermeier griff nach einem Kartenspiel, das auf einem Tisch liegen geblieben war, und begann die Karten auszulegen.
»Eine alte Hexe hat mir einmal erzählt, man könnte sein Schicksal in ihnen lesen«, erklärte er seinem Freund.
»Was sagen die Karten denn?«
»So ganz habe ich die Bedeutung der einzelnen Blätter nicht behalten. Hier haben wir zum Beispiel den König. Der bedeutet gewiss Erfolg und Ruhm, und hier die Dame. Sie verspricht uns Glück in der Liebe.«
Fabian begriff, dass Kiermeier sich nicht nach den Lehren jener
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