Die Feuerbraut
gerade in dem Augenblick, als einige Dragoner den Leichnam des Feldherrn heraustrugen, um ihn auf die Burg zu schaffen. Obwohl er die gegen den Generalissimus gerichteten Beschuldigungen kannte, war es für ihn ein Schock, jenen Mann tot vor sich zu sehen, den jeder Katholik im Reich noch vor Jahresfrist als seinen Retter betrachtet hatte. Da er nicht als Anhänger des Ermordeten niedergemetzelt werden wollte, setzte er ein scheinbar zufriedenes Lächeln auf, stieg ab und betrat wie selbstverständlich das Haus.
Drinnen schien es nur noch ein paar völlig kopflose Diener zu geben. Im Vorzimmer fand er einen Toten, der in einer frischen Blutlache lag. Er erkannte Kiermeier erst auf den zweiten Blick, denn ein Hieb hatte seinem Freund den Schädel so zerschmettert, dass sein Gesicht kaum noch zu erkennen war. Gibichen schlug das Kreuz und kniete nieder, um ein Gebet für den Major zu sprechen.
Ein halbunterdrückter Aufschrei ließ ihn hochfahren und zu seiner Waffe greifen. Doch es war nur Paul, Kiermeiers Bursche, der lautlos hereingekommen war und seinen toten Herrn anstarrte.
»Mein Gott, wie konnte so etwas geschehen?«
»Ich weiß es nicht!« Gibichen sah sich suchend um. »Wo ist Birkenfels?«
Ein Diener, der Paul gefolgt war, wies durch das Fenster auf die Straße. »Der Leutnant ist gefesselt nach draußen geschafft, auf ein Pferd gebunden und mitgenommen worden. Ich glaube, man hat ihn vorher niedergeschlagen, denn er war bewusstlos.«
»Mitgenommen, wohin denn?«
Der Mann schüttelte verlegen den Kopf. »Das weiß ich nicht. Die Männer sind auf das südliche Tor zugeritten.«
»Weißt du, wer sie angeführt hat?«
»Ich meine, ich hätte im Schein der Fackeln den Grafen Harlau erkannt.«
»Harlau also.« Gibichen begann zu begreifen. Er zog ein paar Münzen aus seiner Börse und warf sie dem Diener zu. »Lass den Major anständig begraben. Der Rest gehört dir und denen, die dir helfen. Du, Paul, packst deine Sachen und sattelst uns frische Pferde. Für Kiermeier kannst du nichts mehr tun. Aber du könntest mir helfen, diesen jungen Narren zu retten.«
»Glaubt Ihr, Birkenfels ist noch am Leben?«
»Da bin ich mir ganz sicher. Der Mann, der ihn gefangen genommen hat, gönnt ihm gewiss keinen schnellen Tod. Und jetzt beeile dich! Vor uns liegt ein langer Weg.«
XIII.
Um sein Ziel geheim zu halten, hatte Harlau zweimal die Begleitmannschaft ausgetauscht. Auf diese Weise glaubte er sich vor selbsternannten Rächern sicher, die Vergeltung für Wallensteins Tod suchen mochten. Es gab immer Männer, die ihrem Anführer bis über den Tod hinaus treu waren, und einer von denen mochte ihn erkannt haben. Aus einem ähnlichen Grund hatte er auch Heimsburg und dessen Zuträger, seinen einzigen Mitwissern, verboten, sich um Fabian zu kümmern. Er wollte nicht riskieren, dass sie Mitleid mit einem Kameraden bekamen und versuchten, ihn zu befreien. Sein Gefangener saß mit gefesselten Händen im Sattel und trug einen schmerzhaften eisernen Knebel im Mund. Da er keine Neugier erregen sollte, hatte Harlau ihn in einen weiten Kapuzenumhang hüllen lassen, der den Knebel und die Fesseln halbwegs verbarg.
Zufrieden mit sich und dem Erreichten lenkte Harlau sein Pferdauf einen Hügel und blickte auf das Ufer der Donau hinab. Hier begann der Winter bereits dem Frühling zu weichen, und die Trauerweiden bekamen schon die ersten Kätzchen. Der große Strom zog sich wie ein breites, blau schimmerndes Band durch eine liebliche Landschaft und verlor sich in der Ferne. Auf den Hügeln standen vereinzelte Burgen, die zumeist vor Generationen verlassen und verfallen waren. Einige wenige hatte man wegen der Schweden und der aufständischen Bauern vor kurzem wieder instand gesetzt.
Seine Stammburg erhob sich auf einem Felssporn, der den Fluss zu einer Schleife zwang, und zählte zu den ältesten und kleinsten Wehrbauten in dieser Gegend. Als Harlau sie musterte, erschien es ihm wie ein Wunder, dass seine Familie aus derart einfachen Anfängen so hoch hatte steigen können. Der erste Harlau, der in den Annalen verzeichnet war, hatte hier als Dienstmann Herzog Albrechts III. gelebt und Schiffszoll auf der Donau erhoben. Albrechts gleichnamiger Sohn hatte ihm die Burg zu Lehen gegeben und seine Heirat mit einer reichen Erbin vermittelt.
Harlau schob den Gedanken an den Stammbaum seiner Familie beiseite, den er bis ins letzte Glied hätte aufsagen können, und sah sich nach seinem Gefangenen um. Birkenfels hockte
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