Die Feuerbraut
denn nur Huren zeigen sich nackt!«
Das war ein Hieb gegen Helene. Johannas Mutter starrte den Chirurg wütend an, kniff aber die Lippen zusammen, um sich kein böses Wort entweichen zu lassen. Wenn sie den Arzt verjagte und dieser sich bei Ehrentrauds Onkel beschwerte, würde sie sich den Zorn des Priors zuziehen, und das konnte sie sich nicht leisten. Xaver von Lexenthal wollte Irmela als Hexe auf den Scheiterhaufen bringen, hatte es dabei aber auch auf deren Vermögen abgesehen. Wenn sie etwas dagegen unternehmen wollte, würde sie sich dem Prior als scheinbar willige Helferin antragen müssen – genau wie vor zwanzig Jahren.
Helene kannte den Umfang der Hochbergschen Besitzungen zu Lebzeiten ihres Mannes und nahm an, dass gut die Hälfte davon noch nicht zerstört oder vom Feind beschlagnahmt worden war. Daher konnte sie sich ausrechnen, wie stark die Einnahmen nochsprudelten. Irmelas Verwalter hatte ihr eine stattliche Summe zur Verfügung gestellt, mit der sie für die junge Erbin sorgen sollte. Da niemand kontrollierte, was sie mit dem Geld machte, hatte sie den größten Teil davon für sich abgezweigt. Wenn es ihr gelang, die Aufsicht über das Mädchen ein paar Jahre lang zu behalten, würde sie ein kleines Vermögen zusammenraffen und ihre Tochter mit einer Mitgift ausstatten können.
Aber ihre Überlegungen gingen noch weiter, und da kamen ihr Lexenthals Pläne alles andere als gelegen. Noch wusste sie nicht, wie sie ihn daran würde hindern können, seine gierigen Krallen nach Irmelas Besitz auszustrecken, aber eines war ihr klar: Reizen durfte sie ihn nicht, daher musste sie Lohners Anwesenheit so lange ertragen, bis Ehrentraud sich bei ihrem Onkel über den Kerl beschwerte und der Chirurg abberufen wurde.
Der Streit der Ärzte war unterdessen eskaliert. Portius schrie seinen Konkurrenten an, er wäre nur ein lumpiger Bader und Steinschneider, und rannte mit hochrotem Kopf hinaus.
Irmela war von den lauten Stimmen der beiden Männer angelockt worden und wartete im Korridor, um den Arzt abzufangen, der als Erster den Raum verließ, weil sie denjenigen auf Fanny ansprechen wollte. Die Magd diente ihr inzwischen als Zofe und tat dies mit mehr Geschick als die Mädchen, die Johanna und Ehrentraud umsorgten. Selbst Helenes Leibmagd vermochte sich nicht mit Fanny zu messen, gerade weil diese fehlendes Wissen durch Eifer ersetzen musste. Irmela mochte das stets gut gelaunte Bauernmädchen und hoffte, es könne ihr im Lauf der Zeit sogar die Freundin ersetzen, die sie sich wünschte.
Als Portius ihr entgegenkam, hielt sie ihn mit einer bittenden Handbewegung auf. »Ich habe eine Frage an Euch.«
Sie sprach ihn an wie einen hohen Herrn und nicht wie einen Mann, dessen Stand weit unter dem ihren lag. Portius, der noch immer nicht wusste, dass er eine Komtesse und die eigentlicheBesitzerin des Gutshofs vor sich sah, maß sie mit einem unwilligen Blick. »Dann äußere Sie sich rasch. Fräulein Ehrentraud kann jederzeit wieder nach mir rufen, und ich will sie nicht warten lassen.«
Da Irmela deren Wutausbrüche kannte, nickte sie verständnisvoll. »Es geht um die Magd Fanny. Ihr habt doch gesehen, dass sie eine schlimme Narbe im Gesicht trägt. Vielleicht könntet Ihr auch ihr helfen.«
Portius begann zu lachen, verstummte dann aber und sah hochmütig auf Irmela herab. »Kind, die Zutaten zu den Mitteln, mit denen ich Fräulein Ehrentraud behandle, werden mit Gold aufgewogen. Die werde ich nicht an eine simple Küchenmagd verschwenden.« Mit einem Gesichtsausdruck, als hätte man von ihm verlangt, die Böden zu fegen, stelzte er davon.
Irmela spürte, wie die Tränen in ihr aufstiegen. Zum einen hasste sie es, so verächtlich behandelt zu werden, doch noch mehr traf sie, wie hartherzig er ihr Ansinnen abgeschlagen hatte. Zwar blieb ihr noch Lohner, aber davor schreckte sie zurück. Der Chirurg würde Fanny starke Schmerzen zufügen und vielleicht so viel wegschneiden, dass ein hässliches Loch bleiben würde. Halb blind vor Tränen ging sie den Flur hinab, um sich in ihrem Zimmer zu verkriechen. Doch schon nach ein paar Schritten hörte sie jemand neben sich auftauchen und wischte sich die Augen trocken.
Es war Fanny, die sie mit einem gequälten Lächeln ansah. »Ich habe gehört, was dieser Quacksalber gesagt hat. Lasst Euch von dem nicht verdrießen, Fräulein Irmela. So gut, wie er immer behauptet, können seine Mittel nicht sein, sonst hätte er sie längst bei der Lexenthal eingesetzt.«
»Mich
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