Die Feuerbraut
»Was suchst du denn hier?«
»Ich möchte mit Euch reden, Herr!« Fanny klopfte das Herz bis zum Hals, und sie wäre am liebsten davongelaufen. Aber sie wusste, dass sie kein zweites Mal mehr den Mut aufbringen würde, den Arzt anzusprechen.
Da Lohner nicht sofort antwortete, öffnete sie ihm die Tür. »Darf ich hereinkommen?«
»Von mir aus!«
Das klang nicht gerade freundlich, doch wenigstens war die erste Hürde genommen. Fanny trat aufatmend in den Raum, wartete, bis der Arzt ihr gefolgt war, und deutete dann auf ihre Narbe. »Verzeiht, Herr, aber ich habe mir gedacht, Fräulein Ehrentraud würde sich vielleicht bereitwilliger in Eure Obhut begeben, wenn sie sieht, welchen Erfolg Eure Heilkunst zeigt.«
Lohner starrte sie verdattert an, kicherte dann aber bösartig. »Du berechnendes, kleines Biest glaubst wohl, auf diese Weise billig deine Narbe loszuwerden.«
Er machte Anstalten, sie aus der Kammer zu werfen, ließ aber dann die Hände sinken, denn bei dem Licht, das nun auf Fannys Gesicht fiel, konnte er das Narbengewebe deutlich erkennen, und sein berufliches Interesse erwachte. Er packte sie bei den Schultern, drehte ihr Gesicht weiter ins Helle und zerrte an der Narbe herum, so dass Fanny vor Schmerzen aufstöhnte.
»Ganz so glatt wie früher würde es nicht mehr werden. Es bliebe ein Mal oder eine Verfärbung zurück.«
»Eine Art Muttermal wäre bei weitem nicht so schlimm wie dieser rotblaue Wulst.« Fannys Lippen zitterten vor Aufregung, denn sie hoffte, dass der Arzt sich mit dem Gedanken anfreundete, sie zu operieren.
Lohner betrachtete das an und für sich hübsche Gesicht der Magd und empfand auf einmal Mitleid. Es würde viel Geduld und Fingerspitzengefühl erfordern, diese entstellende Wucherung zu entfernen. Obwohl es ihn in den Fingern juckte, es zu tun, schüttelte er den Kopf.
»In der heutigen Zeit macht niemand etwas ohne einen Gegenwert. Was bringt es mir, dir zu helfen, wenn Fräulein Ehrentraud sich dann doch für diesen elenden Salbenschmierer entscheidet? Du siehst mir nicht so aus, als könntest du mich für meine Mühe entlohnen.«
Fanny traten die Tränen in die Augen, und ein, zwei Herzschläge lang bedauerte sie, dass sie selbst zu Lohner gegangen war, anstatt zu warten, bis Irmela mit ihm gesprochen hatte. Dann dachte sie daran, dass alles Geld im Haus in Helenes Beutel steckte und ihre Herrin dem Arzt keinen Pfennig geben konnte. Also musste sie die Sache selbst durchstehen.
»Ich habe nichts, um Euch bezahlen zu können, außer mich selbst.« Sie schämte sich allein schon für diese Worte, doch sie war zu vielem bereit, wenn sie dafür die entstellende Geschwulst loswurde, die sie stets an den einen Augenblick erinnerte, an dem ihr Schicksal eine schlimme Wendung genommen hatte.
Der Arzt lachte spöttisch auf und wollte etwas sagen, das wohl nicht sehr freundlich ausfallen sollte. Dabei glitten seine Blicke über die Figur der Magd, die seinem Geschmack entsprach, und er stellte fest, dass ihr Angebot durchaus seine angenehmen Seiten hatte. In seiner Zeit als Regimentschirurg hatte er die eineoder andere Hure aufgesucht und sich auch später nicht vom weiblichen Geschlecht ferngehalten. Aber seit er in diesem Haus weilte, hatte er wie ein Mönch leben müssen und war nicht abgeneigt, dies zu ändern. Seine dünnen Lippen verzogen sich zu etwas, das einem erwartungsfrohen Grinsen nahekam, und seine Hand wanderte in den Ausschnitt von Fannys Kleid.
Die Magd erstarrte, als seine knochigen Finger ihre Brüste berührten und an den Warzen zupften. Am liebsten wäre sie davongelaufen, doch der Gedanke, dass sie sich ihm freiwillig als Lohn versprochen hatte, hielt sie zurück. Da sie keine Jungfrau mehr war, hatte sie nichts zu verlieren. Kurz dachte sie an ihre Eltern, die sie gedrängt hatten, ihrem früheren Bräutigam zu Willen zu sein. Aber dieses Opfer hatte den Mann nicht daran gehindert, sie nach dem Unglück mit bösen Worten zurückzustoßen. Sie konnte nur hoffen, dass sie diesmal einen Gegenwert für ihre Willfährigkeit erhielt.
»Soll ich mich ausziehen, Herr?«, fragte sie in das entstandene Schweigen hinein.
Lohner hätte nichts dagegen gehabt, sagte sich aber, dass die junge Frau wenigstens wissen sollte, auf was sie sich einließ. »Jetzt noch nicht. Zuerst werde ich mit meiner Arbeit beginnen. Wenn du Zeit hast, dann setz dich auf den Stuhl dort. Besorg mir vorher eine heller brennende Lampe. Durch das Fenster fällt zu wenig Licht, und die Funzel
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