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Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter

Titel: Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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ein jeder sein wahres Gesicht. Heldentaten und unerhörte Grausamkeiten, beides erlebte man nun in den Gassen der Hauptstadt. Morde, Vergewaltigungen, Plünderungen, aber auch Hilfsbereitschaft angesichts der Verfolgung von Unschuldigen, Nymphen, Erkrankten …
    Und Amhal tauchte in diese brodelnde Lava ein, ließ sich nur noch leiten von dem, was San ihm beibrachte, von den Mahnungen und Anschauungen, die dieser ihm, wenn sie abends noch einmal zusammen trainierten, immer wieder einschärfte.
    »Töten muss kein Übel sein. Es kommt immer darauf an, wen du tötest.«
    »Uns ist eine besondere Macht eigen, Amhal, eine Macht, die sonst niemand besitzt. Und diese Macht dürfen wir nicht beschneiden, indem wir uns ihrer schämen, uns klein machen und die Gesetze der Sterblichen befolgen. Wir sind anders , Amhal, und die Wut, die in dir tobt, ist ein Ausdruck davon.«
    Es war eine Welt der Finsternis, jene Welt, der er lange zu widerstehen versucht hatte. Doch als Mira ihn allein zurückließ und die Stadt Makrat in den Wahnsinn abglitt, war die Grenze zwischen Recht und Unrecht, zwischen Gut und Böse in seinen Augen mehr und mehr verwischt. San blieb ihm als einziger Halt, und Tag für Tag kamen ihm dessen Worte weniger bedrohlich, sondern immer süßer und verlockender vor. Von ihm ausgeübt, erschien die Raserei als harmlos, als gerecht sogar, und er lernte, damit umzugehen und sie in seinem Sinn fließen zu lassen. Wie an jenem Abend im Wald, als er sich an einem neuen Verbotenen Zauber versuchte, der Tod und Verwüstung in weitem Umkreis mit sich brachte. Verkohlte Leichen, brennende Bäume – und keinerlei Schuldgefühle. Endlich!
    Das Einzige, was ihm Sorgen bereitete, war Adhara. Immer noch sehnte er sich nach ihr. Im Chaos seines neuen Lebens blitzte gelegentlich schmerzhaft die Erinnerung an sie auf. Dann wünschte er sich den Frieden jener Tage herbei, die sie zusammen verbracht hatten. Aber er hatte Angst, ihr zu nahe zu kommen. Angst vor dem, was vielleicht wieder, wie beim letzten Mal, über ihn kommen würde.
    Er hatte ihr versprochen, sie aufzusuchen und sich zu erkundigen, wie ihre Audienz bei der Hohepriesterin verlaufen war. Doch er tat es nicht. Eine ganze Woche lang ließ er seinen Tagesablauf ausschließlich von seiner Mission bestimmen. Seiner Mission und seiner neuen Beziehung zu San. Dabei hatte er nicht vergessen, dass es etwas gab, was ihn mit Adhara verband, etwas Tiefes, Geheimnisvolles, das ihn abschreckte und anzog zugleich.
    »Ich denke, ein Ritter kann sich den Luxus, jemanden zu lieben, nicht leisten«, sagte San eines Abends zu ihm, als er ihm von Adhara erzählte.
    »Ido hat aber auch Soana geliebt«, entgegnete Amhal.
    San schien getroffen. »Ido … der stand über allem, der war mehr als ein Drachenritter, der …« Er brach ab, um dann
ruhiger fortzufahren. »Ich spreche ja auch von dir. Von dir an diesem Zeitpunkt deines Lebens. Natürlich verstehe ich deine … Bedürfnisse …«
    Amhal errötete heftig.
    »Aber Liebe …? Nein, Liebe würde dich schwächen. Wenn du deinen Spaß haben möchtest mit diesem Mädchen, bitte schön. Aber nichts, was darüber hinausgeht.«
    »Ich habe Angst, ihr wehzutun«, murmelte Amhal.
    San lächelte. »Dann vergiss sie – und nähre mit der Trauer deine Wut.«
     
    Adhara spürte, wie ihr die Welt aus den Fingern glitt. Schlagartig hatte sich alles geändert. Den ganzen Abend wartete sie auf Amhal in der Hoffnung, wenigstens er würde ihr helfen können, diese rätselhafte Begegnung mit der Hohepriesterin besser zu verstehen. Doch Amhal kam nicht. Auch nicht am nächsten Abend, und ebenso wenig am übernächsten. Und währenddessen wurde die Lage in Makrat immer chaotischer, mit der nächtlichen Ausgangsperre für alle Bürger, den entsetzlichen Gerüchten, die überall kursierten, dem strikten Verbot für alle Angehörigen des Palastes, das Gebäude zu verlassen.
    So verbrachte Adhara ihre Tage nun eingeschlossen in einem goldenen Gefängnis in Gesellschaft der kleinen Prinzessin. Äußerlich schien das Leben wie gewohnt zu verlaufen, doch so wenig wie Amina ihre Ängste vermochte Adhara ihren inneren Aufruhr zu verbergen.
    Was hatte die Hohepriesterin in ihrem Geist erblickt? Warum wich sie aus bei der Frage nach den Erweckten? Und das Nichts ihrer Vergangenheit umkleidete sich wieder mit Ängsten und Befürchtungen, düsteren Vorahnungen und unergründlichen Geheimnissen. Nun konnte sie nicht mehr so tun, als sei das alles bedeutungslos

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