Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
geworden, wie sie es eine Zeit lang getan hatte. Sie musste für die Wahrheit und ihren Frieden kämpfen.
Und ausgerechnet jetzt war Amhal nicht mehr da. Amhal hatte sie vergessen.
Anfangs dachte sie noch, es sei Einbildung, der tiefen Verwirrung geschuldet, in die sie die Begegnung mit der Hohepriesterin gestürzt hatte: Aber sie fühlte sich verfolgt. So als werde sie ständig beobachtet und jemand schleiche ihr auf Schritt und Tritt nach.
Doch dann sah sie tatsächlich jemanden zwischen den Büschen des Parks, in dem sie mit Amina spielte.
»Hast du das gehört?«
»Was denn?«
»Ein Rascheln«, murmelte Adhara, wobei sie sich suchend umblickte.
»Bitte, mach mir keine Angst …«, flehte Amina sie an und legte die Hand auf ihren Arm.
Adhara verschwieg ihr, dass sie jemanden gesehen hatte, eine schwarze Gestalt, die sich zwischen den Sträuchern bewegt hatte.
Am nächsten Abend, als schon alles schlief, vertrat sie sich noch ein wenig die Beine im Palast. Gemächlich schlenderte sie durch die Gänge, als sie plötzlich hinter sich gedämpfte Schritte vernahm. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, ging sie weiter bis zu einer Stelle, die kaum beleuchtet war. Dort blieb sie stehen und wartete, bis die Geräusche verklangen. Dann schloss sie die Augen und verließ sich ganz auf das Gedächtnis ihres Körpers.
Mit gezücktem Dolch stürzte sie vor zu der Stelle, wo sich der Verfolger verbergen musste, selbst überrascht von der Flinkheit, mit der das geschah. Ihrem Feind erging es ebenso. Mit einer Hand packte sie ihn an der Gurgel, während sie ihm mit der anderen die Klingenspitze auf die Brust setzte.
Als wäre ich dazu geboren, als hätte ich in meinem Leben nie etwas anderes getan , dachte sie und fragte sich wieder einmal, woher diese Fähigkeiten stammen mochten.
»Wer bist du?«, raunte sie. »Wer hat dich ausgesandt?«
Der Mann in ihren Händen zitterte. »Ich wollte dir nichts tun«, winselte er erstickt.
»Was wolltest du dann?«, fragte Adhara wieder mit harter, kalter Stimme, die nicht zu ihr passte.
»Ich bin von der Ordensgemeinschaft«, kam wimmernd die Antwort, und Adhara lockerte ein wenig den Griff an seinem Hals. »Die Hohepriesterin hat mich beauftragt. Aber ich weiß nicht genau, aus welchem Grund: Sie hat nur gesagt, ich soll dich im Auge behalten!«
Adhara lehnte sich an die Wand und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Ich will die Wahrheit wissen«, stöhnte sie. »Was hat diese Frau mit mir vor? Was hat sie in meinem Geist erblickt?«
Der Bruder keuchte schwer. »Da kann ich dir nicht helfen, ich weiß es wirklich nicht, tut mir leid …«
»Dann mach, dass du fortkommst, und lass dich nie wieder hier blicken!«, zischte Adhara, während sie den Dolch zurücksteckte. »Und sag allen, sie sollen mich in Frieden lassen!«
Am Tag darauf erschien Dalia persönlich in Aminas Unterrichtsstunde und erklärte mit einer kurzen Verbeugung an Adhara gewandt: »Die Hohepriesterin wünscht dich zu sprechen.«
»Mit dieser Ordensgemeinschaft will ich nichts zu tun haben«, antwortete diese abwehrend.
Dalia lächelte. »Aber Ihre Exzellenz will dir alles erzählen, die ganze Wahrheit. Das soll ich dir ausrichten.«
Adhara zuckte zusammen. »Aber ich darf den Palast gar nicht mehr verlassen. Ein Befehl des Prinzen«, wandte sie zweifelnd ein.
»In meiner Begleitung wird man dich passieren lassen«, erwiderte Dalia.
Theana empfing sie in demselben Raum wie bei ihrem ersten Gespräch. Sie bedeutete ihr, Platz zu nehmen, und sah sie dann mit gramerfüllter Miene an. Adhara versuchte, sich davon nicht beeinflussen zu lassen und jegliche Form von Anteilnahme zu unterdrücken. Dieser Frau gegenüber, die sie nur benutzt hatte und ihr Spiel mit ihr trieb, durfte sie sich nicht nachgiebig zeigen.
»Ich möchte dich um Verzeihung bitten. Ich habe mich falsch verhalten«, begann die Hohepriesterin.
Adhara erlaubte sich ein verbittertes Lächeln. »Das sagt Ihr jetzt, weil ich Euren Spitzel erwischt habe.«
»Das meinte ich gar nicht, sondern die Tatsache, dass ich dir die Wahrheit verschwiegen habe.«
Adhara wusste nichts zu erwidern: Dass die Frau so schnell zur Sache kommen würde, hatte sie nicht erwartet.
»Doch im ersten Moment war ich zu erschüttert«, fuhr Theana fort, wobei sie sich mit der flachen Hand über die Stirn fuhr. »Denn was ich in deinem Geist sah, erinnerte mich an meine schlimmsten Alpträume, an finsterste Zeiten, die ich so gern vergessen wollte. Aber du
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