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Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter

Titel: Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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alles andere.
    Als er spürte, wie sich der Körper des Jungen in seinem Griff wand und ihm beinahe entschlüpfte, streckte er sich, holte aus und stach zu. Hinein in den Unterleib des Jungen, der mit einem erstickten Klagelaut, der Amhal an ein Hundejaulen erinnerte, zu Boden stürzte.
    Doch obwohl schwer verletzt, schleppte er sich, sein Heil in der Flucht suchend, auf allen vieren über das Pflaster.
    In aller Ruhe richtete Amhal sich auf, ging zu ihm und hob das Schwert.
    Ein warnendes »Nein!« erreichte ihn nur wie aus weiter Ferne. So ließ er das Schwert niederfahren, und kurz darauf war um ihn herum wieder nichts als der prasselnde Regen.
    »Du Elender!«
    Plötzlich stand eine Frau neben ihm. Mit einer Faust schlug sie trommelnd gegen seine Brust, während ihm die andere Hand das Gesicht zerkratzte. Dazu stieß sie eine Art unmenschliches Wimmern aus.
    »Ruhig, beruhig dich!« Das war Miras Stimme, der zu ihnen gelaufen war und nun versuchte, die Frau zu bremsen und von Amhal zu lösen. Doch sie war nicht zu bändigen. Sie riss sich los und warf sich auf den Jungen, der leblos ausgestreckt am Boden lag. Trotz des Regens roch es nach Blut.
    »Was hast du getan?« Mira war außer sich vor Zorn.
    Eine Frau und ihr junger Sohn. Harmloser hätten die Eindringlinge nicht sein können. Er hatte einen Jungen getötet. Eine Erkenntnis, die bei Amhal keinerlei Schuldgefühle weckte.
    Es ist für ein höheres Ziel.
    »Ich habe nur meine Pflicht getan«, antwortete Amhal.
    Der Schlag saß. Mit dem Handrücken ins Gesicht.

    »Du solltest sie aufhalten! Aufhalten, und nicht umbringen! Siehst du denn nicht: Er war ja fast noch ein Kind!«
    Verdattert stand Amhal im Regen und dachte darüber nach, was gerade geschehen war. Noch nie hatte Mira ihn geschlagen.
    Weil du noch nie so etwas getan hast .
    Vor seiner Bekanntschaft mit San hätte er sich tatsächlich nicht zu einer solchen Gewalttat hinreißen lassen. Da hätte er noch versucht, seine innere Wut mit allen Mitteln zu zügeln, und sich selbst bestraft, wenn sie ihn wieder einmal überkommen hätte.
    Nun jedoch wollte er nicht klein beigeben. »Aber, Meister, der wäre abgehauen, er war zwar verletzt, aber kriechen konnte er noch … Wie viele Bewohner hätte er hier anstecken können …«
    Vor Zorn bebend, starrte Mira ihn an. »Wir haben draußen einen Sammelplatz, der unter Quarantäne steht. Hast du das ganz vergessen? Da bringen wir sie hin, verflucht noch mal! Und außerdem: Hat sich der Junge vielleicht wie ein Kranker benommen?«
    Amhal öffnete und ballte unaufhörlich seine Fäuste. Hinter ihm das schrille, unerträgliche Jammern der Frau.
    Mira trat noch näher an ihn heran. »Was ist los mit dir, Amhal? In den Tagen, als ich fort war, hast du dich vollkommen verändert.«
    Amhal spürte, wie ihm das Blut in der Wange pochte, dort wo ihn die Hand seines Meisters getroffen hatte. Er antwortete nicht. Dabei hätte er viel zu erzählen gehabt, doch seine Gedanken schafften es nicht, sich zu Worten zu formen, während diese Schuldgefühle, die ihn schon sein ganzes Leben lang begleiteten, sich nun langsam seiner Brust bemäch – tigten.
    »Morgen bleibst du in der Akademie und wirst sie nicht verlassen, bis ich es dir sage«, befahl Mira ihm, bevor er sich abwandte, um sich um die Frau zu kümmern.

23
    Wolken am Horizont
    I n fröhlicher Runde saß San mit anderen Soldaten am Tisch, in der Hand einen Krug Bier und vor sich die voller Bewunderung strahlenden Rekruten. Langsam trat Mira auf sie zu, nahm sich die Zeit, den Mann zu beobachten, ihn zu studieren. Dessen Auftauchen in Makrat war für ihn mit keinen besonderen Gefühlen verbunden gewesen. San war ein alter Freund seines Königs, und als solchen achtete er ihn, als einen Mann, der an Ereignissen von außerordentlicher historischer Bedeutung beteiligt gewesen war. Aber das war auch alles. Selbst jetzt weckte diese Gestalt bei ihm weder Sympathie noch Abneigung.
    Dann jedoch kehrten seine Gedanken zu den Worten zurück, die Amhal in der Nacht zuvor zu ihm gesagt hatte, als er auf die Leiche des Jungen niedergeblickt hatte, sowie auch danach in der Akademie, als sie sich noch einmal getroffen hatten. »Es könnte doch auch noch einen anderen Weg geben, oder glaubt Ihr nicht? Einen Weg, der nicht dieses ewige Sich-Zusammennehmen verlangt, dieses Niederhalten der eigenen Kräfte. Ach, Meister, in diesen Tagen in Sans Gesellschaft habe ich, so scheint mir, so viel Neues entdeckt, über mich und über mein

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