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Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter

Titel: Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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bedauernswerter Kreaturen, zu allem bereit, um in die Stadt ihrer Träume zu gelangen, die Stadt, in der, wie sie glaubten, alle gesund waren. Gestank, Rauch, Verwesung, und Adhara spürte, wie ihr der Ekel die Kehle zuschnürte. So schnell es ging, kletterte sie noch den letzten Abschnitt hinunter und ließ sich dann einfach fallen. Ihre Arme waren lahm geworden, und in ihrem Kopf drehte sich alles. Noch bevor sie sich aufgerappelt hatte, war sie von Leuten umringt.
    »Kommst du uns holen?«

    »Warum willst du fort?«
    Sie berührten sie, starrten sie an. In Lumpen, schwer gezeichnet von ihrer Wanderung, halb verhungert. Adhara schrie auf und versuchte, sich loszumachen, schaffte es endlich auch, sich den Armen zu entwinden.
    »So eine Wahnsinnige! Verlässt die sichere Stadt, um hier wie wir alle zu verrecken!«, rief jemand.
    Als sie schon mehr Platz hatte, sprang sie auf, und den Quersack fest an die Brust gepresst, rannte sie davon.
    Erst als weit und breit kein Zelt mehr zu sehen war, blieb sie stehen und ließ sich zu Boden sinken, während ihr ein jäher Brechreiz in der Kehle den Atem nahm. So lag sie im Gras wie an jenem ersten Tag, auf dieser Wiese. Nur stand über ihr keine strahlende Sonne, sondern ein kalter Mond.
    Ich hätte ja nie gedacht …
    Immer noch spürte sie die Hände der Flüchtlinge, die sie betatschten, hörte sie deren Stimmen, die ihr durch den Schädel hallten. Sie legte sich auf den Rücken und sah hinauf zum klaren Himmel. In dem matten Licht waren kaum Sterne zu sehen. Aber alles war so ruhig, reglos, ungestört … Und sie fragte sich, wieso? Wieso musste das alles geschehen? Was hatten sie verbrochen, dass sie von dieser schrecklichen Geißel heimgesucht wurden?
    Sie war allein. Niemand war mehr in ihrer Nähe. Irgendwann schleppte sie sich noch ein Stück weiter, hin zu ein paar Bäumen, die in der Nähe aufragten, und ließ sich, mit dem Rücken gegen einen Stamm gelehnt, nieder. So saß sie da, ihren Beutel wieder an die Brust gepresst, während ihr ein paar Tränen, Tränen der Angst und der Hilflosigkeit, über das Gesicht rannen, bis sie irgendwann der Schlaf überkam.

27
    Chaos
    A m nächsten Morgen wachte Adhara bei Sonnenaufgang auf. Immer noch steckte ihr ein Kloß im Hals von dem Elend, das sie am Abend zuvor gesehen hatte. Doch sie zwang sich aufzustehen, wusch sich das Gesicht in einem Bach, der in der Nähe plätscherte, und füllte dann ihre Feldflaschen. Den ganzen Tag wanderte sie ohne Unterlass, ließ sich nicht aufhalten von ihren brennenden Fußsohlen und schmerzenden Beinen. Offenbar war sie in den am Hof zugebrachten Monaten schlapper geworden und das lange Wandern nicht mehr gewohnt, doch sie zwang sich, immer weiterzugehen. Denn mit jeder Stunde wuchs die Sehnsucht nach Amhal, die sie auch körperlich immer stärker spürte. Sie musste ihn einfach sehen, bei ihm sein. Und während sie marschierte, dachte sie an all die Gespräche, die sie in den vergangenen Monaten geführt hatten. Niemals mehr würde sie ihm erlauben, von ihr fortzugehen. Denn nur sie allein konnte das Gute in ihm zum Tragen bringen. Nur sie allein konnte ihm helfen, die Tobsucht aus seinem Herzen zu verbannen, nur sie allein konnte die Wunde heilen, die Miras Tod ihm gerissen hatte. Deswegen war alles andere egal. Die Anstrengung, der Regen, der sie immer mal wieder durchnässte … Was zählte, war nur, ans Ziel zu gelangen.
    Sie folgte der Hauptverbindung zwischen Makrat und den nördlichen Landesteilen. Der Weg durchschnitt den Wald,
war aber recht breit und in diesen Zeiten viel benutzt. Vor allem von Soldaten. In Marschkolonnen sah sie die Männer mit gezeichneten, verlorenen Mienen vorbeimarschieren. Manche Trupps hatten auch denselben Weg, und wenn sie ein Stück neben ihnen wanderte, erkannte sie in ihren Gesichtern die stille Verzweiflung derer, die einem unabwendbaren Schicksal entgegengingen. Die Augen der anderen aber, die nach Makrat unterwegs waren, sprachen von dem Grauen, dessen Zeugen sie geworden waren.
    An einem Abend beschloss sie, in einer Herberge zu nächtigen, die Kalth ihr genannt hatte. Bevor man sie hineinließ, untersuchte man sie gründlich, zunächst jedes Stückchen sichtbarer Haut, und forderte sie dann auf, das Hemd abzulegen. So stand sie nackt, die Arme über den Brüsten verschränkt, vor den Wachsoldaten, die sie lüstern anglotzten.
    Während sie kurz darauf etwas aß, lauschte sie ihren Gesprächen.
    »Die wenigen noch Gesunden sind raus und haben

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