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Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter

Titel: Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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die Türen hinter sich verriegelt. Und dann haben sie alles in Brand gesteckt. Als wir eintrafen, war schon nichts mehr zu machen. Doch von drinnen hörte man noch die Schreie. Das ganze Dorf war ein einziger Feuerball, die Hitze unerträglich. Und die da drinnen brüllten und brüllten. Bestialisch. Nachts höre ich immer noch dieses Geschrei, es bringt mich um den Schlaf. Die Gesunden sind über uns hergefallen, um uns Waffen und Uniformen zu entreißen und dann verkleidet nach Makrat einzudringen.«
    »Wie habt ihr euch gewehrt?«
    »Wir haben sie töten müssen. Es gab keine andere Möglichkeit. Einige hatten sich bereits Waffen besorgt und drei von uns niedergemacht.«
    Adhara gefror das Blut in den Adern. Dass es bereits so schlimm stand, hätte sie nicht gedacht.
    Als sie am Tag weiterwanderte, kam es ihr so vor, als sei der Weg, dem sie folgte, ihre einzige Rettung. Links und
rechts Abgründe: Welche Gräuel geschahen dort in den finsteren Wäldern, im Schatten der Bäume? Wie viele röchelnde Kranke mochten in den Dörfern und Städten am Wegesrand mit dem Tod ringen, wie viele Menschen verbrannt, wie viele Unschuldige niedergemetzelt worden sein?
    Je länger sie unterwegs war, desto mehr Notleidenden begegnete sie, Flüchtlingen, viele verletzt, alle ausgehungert und müde, die sich, nur mit dem Allernötigsten ausgestattet, von den befallenen Ortschaften aufgemacht hatten und sich nun wie Gespenster dahinschleppten. Nur wenn sie den Namen »Makrat« hörten, erstrahlten ihre Mienen.
    »Es heißt, ein besonderer Zauber soll die Stadtmauer schützen und verhindern, dass die Seuche hineingelangt«, erzählte jemand eines Abends in der Herberge, wo Adhara eingekehrt war.
    Sie hätte ihm die Wahrheit erzählen, hätte ihm erklären können, dass auch Makrat bald fallen würde, dass das Drama unweigerlich seinen Lauf nahm und dass niemand mehr etwas dagegen unternehmen konnte. Denn bald schon würde es im Land keine von der Seuche verschonten Ecken mehr geben. Aber wem wäre damit gedient gewesen? Diesem Mann war nichts außer dieser schwachen Hoffnung geblieben. Warum hätte sie ihm auch die noch nehmen sollen?
    Und dann waren auch immer mehr Kranke zu sehen. Zurückgelassen am Wegesrand. Und Leichen. Leute, die es nicht geschafft hatten, an Auszehrung gestorben oder, unterwegs zu einem angeblich sicheren Ort, von der Seuche dahingerafft worden waren. In einem großen Bogen zogen die Flüchtlinge an ihnen vorbei. Nur Männer in grell violetten Gewändern und mit von dunklen Narben entstellten Gesichtern trauten sich näher heran.
    »Das sind die sogenannten Barmherzigen«, erklärte ihr jemand, während diese violett gekleideten Männer Leichen auf einen Karren luden. »Sie waren selbst krank, sind aber dem Tod entronnen. Man sieht es an den schwarzen Malen auf
ihrer Haut, die sie für immer zeichnen. Die kümmern sich um die Toten und Sterbenden, ohne ein Risiko einzugehen, denn anstecken können sie sich nicht mehr.«
    Adhara zwang sich, mit den Bildern vertraut zu werden. Empfindlichkeit war hier ein Luxus, den sie sich nicht leisten konnte. Sie musste weiter, weiter nach Damilar, weiter zu Amhal. Dafür lernte sie, das Grauen nicht mehr an sich heranzulassen und den Blick gesenkt zu halten, während sie Meile um Meile zurücklegte.
    Eines Abends kam ihr Ziel endlich in Reichweite. Sie war mit ihren Kräften am Ende.
    Es regnete wieder, und die Luft war kalt. Auf die Entfernung erkannt sie das Lager nur als eine Ansammlung flackernder Lichter zwischen den Bäumen.
    Am Morgen hatte sie die Hauptverbindung verlassen und einen Pfad durch dichtes Gehölz eingeschlagen. Der nördliche Wald erstreckte sich an den unteren Hängen des Rondal-Gebirges und war anders als die Wälder, die sie bislang gesehen hatte. Finsterer und unheimlicher wirkte er und machte ihr Angst. Er bestand fast ausschließlich aus turmhohen Tannen, dunkel und gerade gewachsen, und der Boden war bedeckt mit einem dichten Teppich aus Nadeln, die unter ihren Füßen knirschten. Kein Vogelgezwitscher, nur gelegentliches Rascheln, so als werde sie von jemandem aus dem Dickicht heraus auf Schritt und Tritt beobachtet. Die Stille hatte etwas Bedrohliches, Feindseliges. Und sie fror. Adhara musste sich ganz fest in ihren Umhang hüllen, damit ihr die Eiseskälte nicht in die Knochen fuhr.
    Den ganzen Tag über hatte der Weg bergauf geführt, manchmal recht steil sogar, und Adhara musste ihren erschöpften Beinen noch einmal alles abverlangen. Das

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