Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
letzte Stück legte sie schon im Dunkeln zurück, konnte sich nur auf den Widerschein des noch ein wenig erhellten Himmels verlassen und musste höllisch aufpassen, um nicht vom Weg abzukommen. Dann endlich hatte sie diese flackernden Lichter
erblickt, die ihr, so unheimlich sie auch wirken mochten, ein wenig Hoffnung gaben.
Der Pfad hatte sich wieder verbreitert, und die ersten windschiefen Zelte tauchten auf sowie ein großes, ganz eingefasstes Gehege, das von zwei bis an die Zähne bewaffneten Soldaten bewacht wurde. Vereinzelte Schreie und Stöhnen drangen ihr entgegen. Und Adhara zog ihren Mantel noch fester über der Brust zusammen.
Und nun? Wo war Amhal? Vielleicht sollte sie jemanden fragen, überlegte sie. Aber was würde er wohl sagen, wenn er sie erblicke?
Zögernd bewegte sie sich noch ein wenig ins Lager hinein, während hier und dort Menschen aus ihren Zelten traten und sie mit abweisenden Blicken bedachten. Aber es waren keine Soldaten. Beunruhigt blickte Adhara sich um. Offensichtlich befand sie sich noch nicht im militärischen Abschnitt des Lagers: Es waren alles Flüchtlinge. »Eine Fremde«, hörte sie murmeln. Sie nahm allen Mut zusammen und trat auf eine Familie zu, die um ein Feuer saß.
»Ich suche das Militärlager Damilar.«
Die drei drängten sich eng aneinander, schauten sie hasserfüllt an und zogen sich dann rasch in ihr Zelt zurück.
»Ich tue euch doch nichts«, rief Adhara ihnen nach, doch da merkte sie schon, dass sich einige Leute um sie herum zu versammeln begannen. Angst überkam sie, und sie fuhr mit der Hand zum Dolch.
»Sie ist eine Fremde.«
»Ob sie Nymphenblut hat?«
Unwillkürlich zog Adhara den Dolch, während ein mit einem langen Stock bewaffneter Mann auf sie zutrat.
»Was willst du?«
»Gar nichts. Ich suche nur ein Heerlager. Damilar heißt es«, antwortete sie, wobei sie die Klinge senkte.
»Nur Nymphen trauen sich hierher. Bist du ein Halbblut?«
»Ich bin …« Die Antwort erstarb ihr auf den Lippen. Eben, wer war sie eigentlich? Und was?
»Du verbreitest die Seuche, Elende!«, kreischte eine alte Frau.
Es war, als hätten sie alle nur auf dieses Signal gewartet. Ein Aufschrei durchlief die Menge, und schon waren sie über ihr.
Adhara glaubte, ersticken zu müssen. Tritte, Schläge, Fausthiebe. Panik ergriff sie, denn sie war sich bewusst, dass sich diese aufgeputschte Menge erst beruhigen würde, wenn sie ihr Blut vergossen hatte. Es war eine blinde Angst, die sie steuerte und ihnen ungeahnte Kräfte verlieh. Adhara verlor ihren Dolch und versuchte nun, sich beißend und kratzend zur Wehr zu setzen. Dabei schrie sie, doch ihr Schreien ging unter in dem vielstimmigen Brüllen der Meute, die dabei war, sie zu lynchen. Doch plötzlich spürte sie, wie sich um sie herum ein leerer Raum bildete, während sie gleichzeitig ein wohlvertrautes Geräusch vernahm, das Zischen einer ellenlangen Klinge, die durch die Luft geschwungen wurde. Sie riss die Augen auf und erblickte Amhals Schwert, das für Panik unter ihren Peinigern sorgte. Blut spritzte, und drei Männer sanken leblos zu Boden. Das reichte. Die Menge teilte sich.
Das Schwert fest in der Hand, zum Kampf bereit, stand er da, und seine Augen flackerten wild vor unbändigem Zorn.
»Lasst sie los und verschwindet hier!«, rief er.
Die Menge zögerte kurz, doch ein Blick auf die leblos am Boden liegenden Körper überzeugte alle, und die Leute zerstreuten sich.
Noch einen kurzen Augenblick lag Adhara nur da und starrte Amhal an, dann sprang sie auf und warf sich in seine Arme.
In einer Ecke des Zeltes stand eine Pritsche, und in der Mitte loderte ein kleines Feuer. Über einem Ständer hing Amhals
Rüstung, und daran lehnte sein Schwert. In eine schwere Decke gehüllt, saß Adhara am Feuer und starrte in die Flammen.
Amhal hatte noch kein einziges Wort an sie gerichtet. Erneut hatte er ihr das Leben gerettet, hatte sie in sein Zelt gebracht, ihre Wunden versorgt und ihr zu essen gegeben. Aber gesprochen hatte er nicht mit ihr. Schnell war er wieder verschwunden, und nun hockte sie allein hier.
Als er sie aus den Fängen der Meute befreit hatte, war sie nur von der Wiedersehensfreude erfüllt gewesen. Nun aber sah sie die Szene in ihrem ganzen Grauen vor sich. Die Leichen am Boden, und Amhal, der sie mit einem einzigen Schwerthieb niedergemäht hatte. Die Mordlust in seinem Blick, die Eiseskälte, mit der er diese Männer getötet hatte. Sie vergrub den Kopf zwischen den Knien. Was war aus
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