Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
deshalb muss ich zu ihm.
Bitte verzeih mir. Es ist kein Lebewohl für immer. Wenn Du mich noch magst, wenn ich zurückkomme, und das werde ich ganz sicher, würde ich mich freuen, wenn wir weiter so befreundet sein können wie jetzt in diesem fürchterlichen Moment, da ich gezwungen bin, Dich zurückzulassen.
Du bist die einzige Freundin, die ich jemals hatte, und wirst mir ganz schrecklich fehlen.
Bis bald
Deine Adhara
Amina schluckte ihre Tränen hinunter und begann ganz langsam, den Brief in Stücke zu reißen, während sie dabei im Herzen diesen Namen, Adhara, verfluchte. Dennoch spürte sie, ganz tief unter all dem Groll, Sorge um sie. Hätte sie gekonnt, wäre sie ihr gefolgt.
Und das werde ich auch tun. Ich werde all diese Leute, die hier um mich herum sind und mich überwachen, zum Teufel schicken und mich zu ihr auf den Weg machen. Aber nur, um ihr zu sagen, wie sehr ich sie hasse, und um ihr ins Gesicht zu schreien, dass ich sie nie wieder sehen will .
Sie warf sich auf das Bett und begann, in die Laken zu beißen. Ihre Wut war grenzenlos. Und nicht nur, weil Adhara sie verraten hatte, sondern weil sie sie, trotz allem, so unheimlich lieb hatte. Noch nie zuvor hatte sie sich von einem Menschen so verstanden gefühlt.
Diesmal war es Neor, der Dubhe aufsuchte. Dazu hatte er sich in die unterirdischen Bereiche des Palastes begeben, wo seine Mutter die Einsatzzentrale ihres Geheimdienstes eingerichtet hatte, in diesen schmucklosen, düsteren Raum, in dem sie üblicherweise die dringendsten und wichtigsten Regierungsangelegenheiten besprachen.
Dubhe nahm Platz. »Warum hast du nicht auch deinen Vater hinzugezogen?«
Neor bewunderte diese Fähigkeit seiner Mutter, ohne Umschweife zur Sache zu kommen und den Kern der Dinge zu erfassen. »Was ich dir zu sagen habe, wird ihm nicht gefallen. Aber es muss sein: Du solltest San weiter beschatten lassen.«
Die Königin nickte. »Wenn du es für nötig hältst … Ich werde einen bewährten Mann auf ihn ansetzen, der über große Erfahrung verfügt«, erklärte sie.
»Ja, das ist gut. Ach übrigens, zu deinem jungen Agenten haben wir tatsächlich absolut nichts Auffälliges herausfinden können. Keine verdächtigen Verbindungen, eine gut beleumundete Familie, keine größere Geldsumme, mit der er
für einen Verrat entlohnt worden sein könnte. Nein, es sieht einfach so aus, als habe er plötzlich den Verstand verloren und einen Anschlag auf Amina beschlossen oder auf Mira.«
»Und trotzdem muss irgendetwas anderes dahinterstecken.«
»Natürlich. Aber es ist ziemlich gut verborgen.«
Einige Augenblicke schwiegen sie.
»Wie auch immer, erklär mir mal, wieso ich San noch einmal beschatten lassen soll«, hob die Königin wieder an.
»Nun, vor einer Woche suchte er meinen Vater auf und bat ihn, nach Damilar abkommandiert zu werden. Er meinte, Amhal, der jetzt sein Schüler ist, brauche eine Luftveränderung, und wenn er in dem Krisengebiet zu tun habe, werde er schon auf andere Gedanken kommen. Und er meinte noch, das biete sich besonders an, weil Amhal Nymphenblut besitze und immun gegen die Seuche sei.«
Dubhe stützte beide Ellbogen auf die Tischplatte. »Das hat mir dein Vater gar nicht gesagt …«
Neor zuckte mit den Achseln. »Dazu bestand auch kein Anlass. Eine gewöhnliche Versetzung innerhalb der Armee, nichts, was dich hätte kümmern müssen.«
Die Königin schien einige Augenblicke nachzudenken. »Warum hast du San in Verdacht?«, fragte sie dann noch einmal.
Neor seufzte. »Konkret habe nichts gegen ihn in der Hand. Aber da ist nun einmal die Tatsache, dass ausgerechnet der Agent, den wir auf ihn angesetzt hatten, plötzlich zum Mörder wird. Und jetzt dieser überraschende Entschluss, so als dränge es ihn, von hier fortzukommen … Aber das sind noch nicht einmal richtige Indizien … höchstens Verdachtsmomente.«
Dubhe lächelte und stand dann auf. »Jedenfalls habe ich dort im Norden einen Mann, dem ich blind vertrauen kann. Der wird sich um die Sache kümmern und mir täglich Bericht erstatten.«
Der Prinz nickte.
»Soll ich dich hinaufbegleiten?«, fragte ihn seine Mutter.
Neor nahm ihr Angebot an. Er wusste, dass es ihr Freude machte: Ihn noch einmal zu umsorgen, ihn zu bemuttern, als wäre er noch ihr kleiner Junge. Und er konnte es ihr nachempfinden. Er selbst beobachtete wehmütig das Heranwachsen der eigenen Kinder, wohl wissend, dass sie sich mit jedem Tag weiter von ihm entfernten. Bald schon würden sie ihn
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