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Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter

Titel: Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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tagtäglich, die Kranken und Sterbenden, siehst sie röcheln und verrecken, Männer, Frauen und Kinder. Und da fragst du mich allen Ernstes, was mit mir los ist? Tod, Tod, nichts als Tod um mich herum!« Die letzten Worte hatte er so laut hinausgebrüllt, dass ihm die Kehle
wehtat. Er hoffte, sie wäre gekränkt und würde ihn allein lassen.
    Doch sie blieb. »Lass uns von hier fortgehen«, sagte sie ruhig. »Hier wirst du deinen Frieden niemals finden.«
    Doch nicht den Frieden hatte er gesucht. Das war ihm nun völlig klar. Von Anfang an hatte er den Wahnsinn angestrebt. Denn kein anderer Ausweg bleibt, wenn der Schmerz unerträglich wird und alle Hoffnung schwindet. Und auf diesen Weg war er nun freiwillig eingebogen.
    »Von hier gibt es kein Zurück.«
    »Das denkst du nur.«
    »Du verstehst überhaupt nichts«, zischte er und kam bedrohlich nahe an sie heran. »Du hast dich getäuscht, von Anfang an, hast geglaubt, ohne die geringste Lebenserfahrung mich etwas lehren, mich verstehen zu können. Dabei bist du noch nicht einmal in der Lage, dich selbst zu verstehen.«
    Adhara lächelte. »Du glaubst wohl, du könntest mich auf diese Weise loswerden. Indem du mir Angst machst, mich beleidigst. Aber da hast du dich getäuscht. Nur mit Gewalt könntest du mich von hier verjagen.«
    Amhal fürchtete sich: vor ihr, ihrer Liebe, ihrer eisernen Beharrlichkeit, ihrer Kraft. Warum bin ich ihr nicht gefolgt, als es noch möglich war? Warum habe ich ihr nicht fester vertraut?
    Die Antwort lag nur allzu deutlich auf der Hand. Weil diese wahnsinnige Wut zwischen ihnen stand. Und immer zwischen ihnen stehen würde.
    »Ich gehe in mein Zelt«, sagte er, wobei er sich abwandte.
    »Egal, was heute geschehen sein mag«, rief sie ihm nach, »es gibt immer eine Möglichkeit umzukehren! Immer!«
    Während er sich entfernte, spürte Amhal, wie ihm zwei Tränen heiß über die Wangen rannen.
     
    Es war nicht leicht, sich in Neu-Enawar einzurichten. Es war alles so plötzlich gekommen, und das Eintreffen des gesamten
Hofes hatte die Beschäftigten im Ratspalast in einige Verlegenheit gebracht. In aller Eile waren Zimmer bereitzustellen und herzurichten, musste ein ganzer Hofstaat untergebracht werden.
    Nur nach außen hin ging das Leben normal weiter. Denn sie befanden sich im Exil, hatten Verwandte und Freunde zu Hause in Lebensgefahr zurücklassen müssen.
    Neor bemühte sich, allen Mut zu machen, und ließ selbst keine Schwächen erkennen, sondern nahm das Heft fest in die Hand. Er sorgte dafür, dass die Verbindung zum Land der Sonne nicht abriss, und erteilte unablässig Anweisungen und Befehle. Bemüht, den Blick zurück auf das Gewesene zu vermeiden, folgte er seinem Weg.
    Die Seuche war nach Makrat eingedrungen. Deshalb unterteilte er die Stadt in verschiedene, streng voneinander getrennte Bereiche, richtete Abschnitte nur für Kranke ein und zog alle Priester der Ordensgemeinschaft des Blitzes sowie alle Magier des Reiches dazu heran, die Bedürftigen zu pflegten und nach einem Heilmittel zu forschen.
    Darüber hinaus ließ er nichts unversucht, die Herrscher der anderen Länder zu gemeinsamem Handeln zu bewegen. Alle sollten erkennen, in welcher Gefahr die Aufgetauchte Welt schwebte und dass sie nur durch eine aufeinander abgestimmte Politik gerettet werden konnte. Versammlungen wurden einberufen, eine Sitzung jagte die andere. Neor rieb sich vollkommen auf. Die Regierungszeit seines Vaters war vorüber. Nun war es an ihm, die Aufgetauchte Welt vor dem Untergang zu bewahren.
    Sein immer schon schmächtiger Körper wurde noch schmaler, die Ringe um seine Augen dunkler.
    »Du musst dir auch mal Ruhe gönnen«, bat seine Gemahlin ihn mit besorgter Stimme. Auch sie hatte sich verändert. Schmerz und Sorge hatten die Mauern, die sie zwischen sich und allen anderen errichtet hatte, eingerissen. Ihre Besessenheit, was die Hofetikette anging, war verflogen, und
nun war sie wieder die hilfsbedürftige, einfühlsame Frau, in die sich Neor einst verliebt hatte.
    »Das geht nicht. Ich darf nicht ruhen, sonst ist alles verloren«, antwortete er ihr.
    Hinzu kam, dass es ihn drängte, den Schmerz zu betäuben, indem er alle Kräfte auf das Einzige richtete, was ihm geblieben war: den Thron und die Krone. Sie waren das Erbe seines Vaters, und er würde dafür sorgen, dass sie nicht zu Schaden kämen. Koste es, was es wolle.
    Und dann war der Tag da, erwartet, unausweichlich, aber deshalb nicht weniger schmerzhaft.
    »Ein Gast wartet auf Euch,

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