Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
seine Flamme ein Kind erwartete, macht er sich sogleich aus dem Staub, und das Mädchen zog sich die Verachtung des ganzen Dorfes zu. Sich einem wildfremden Mann hinzugeben wie eine Hure … Eine Schande … findest du nicht?«
Der Mann in Schwarz zwang sich zu einem Nicken. Er folgte dieser Klatschgeschichte nur noch mit einem Ohr. Was ihm wichtig war, wusste er jetzt: Das Kind, in dessen Adern zu einem Viertel Nymphenblut floss, war ein Junge.
»Wo finde ich sie? Diese Frau, meine ich, und ihren Sohn?«
»Die zog fort, bevor das Kind zur Welt kam. Sie litt wohl darunter, dass man hinter ihrem Rücken über sie tuschelte, und wollte auch ihrer Familie die Schande ersparen. Einmal kam sie noch zurück, um ihrem Vater den Enkelsohn zu zeigen,
aber da kam es zum Streit, und danach hat sie sich nie wieder blicken lassen.«
»Wo kann ich sie finden?«, ließ der Mann in Schwarz nicht locker.
»Es scheint dir ja sehr viel an diesem Früchtchen zu liegen. Ach, ich verstehe, du bist ein Freund dieses schamlosen Ritters, der sie hat sitzen lassen!«, rief sie mit einem gemeinen Funkeln in den Augen.
Der Mann in Schwarz musste sich sehr zusammennehmen, um nicht die Geduld zu verlieren.
»Nun, ich kannte ihn«, erklärte er schließlich, um die Frau zufriedenzustellen. »Aber er ist gestorben. Doch auf dem Sterbelager gestand er mir die ganze Geschichte. Er bereute sehr, was er getan hatte, und bat mich, seinen Sohn zu finden.«
Die Frau lief tiefrot an. Wahrscheinlich stellte sie sich schon vor, wie sie diese aufsehenerregende Geschichte herumerzählen würde. »Es hieß damals, die Mutter sei nach Neu-Enawar gezogen.«
Endlich! Der Mann sprang auf. »Du warst mir eine große Hilfe.«
»Erzähl doch mal, wie war dieser Ritter so? Wart ihr eng befreundet?«
Doch der Mann in Schwarz ließ sich nicht mehr aufhalten. »Ich muss los. Die Angelegenheit duldet keinen Aufschub.« Und damit wandte er sich zum Gehen.
Das lästige Echo neugieriger Fragen verfolgte ihn, bis er die letzten Hütten des Dorfes hinter sich gelassen hatte.
Sein Bier hatte er längst ausgetrunken, während der andere noch vor seinem halb vollen Obstweinglas saß. »Aber mehr weißt du noch nicht?«
»Kürzlich hatte ich noch einmal eine Vision.«
Der andere horchte auf.
»Ich denke, der Junge hat wie sein Vater die Laufbahn
zum Drachenritter eingeschlagen. Und entweder lebt er hier oder in Makrat.«
»Dann bist du ihm doch dicht auf den Fersen.«
Er nickte.
»Aber noch eine andere Aufgabe wartet auf dich. Das weißt du.«
Der Mann in Schwarz spürte, wie ihm ein Schauer durch die Glieder fuhr. Er blickte zu seinem Gegenüber, der ihn mit einem brutalen Lächeln ansah und dann hinzufügte: »Denk dran, es darf nicht schiefgehen. Von Seiner Majestät persönlich stammt der Plan, wie du dich um ihn zu kümmern hast. Du weißt schon, wen ich meine.« Er blickte sich verstohlen um.
»Ich hab dir schon mal gesagt: Tu nicht so geheimnisvoll! Du fällst auf«, wies ihn der Mann in Schwarz gereizt zurecht. Der zweite Teil seiner Mission. Der entsetzlichere – trotz des Blutbades, das er einige Abende zuvor angerichtet hatte.
Der andere fuhr mit der Hand unter seinen Umhang und holte ein mit einer roten Flüssigkeit gefülltes Fläschchen hervor. »Das ist von mir. Ich habe es heute Morgen abgenommen. Das heißt, es ist mit Sicherheit infiziert. Du weißt, was du damit zu tun hast?«
Wie gebannt starrte der Mann in Schwarz auf den roten Widerschein des Glases. »Warum auf diese Weise?«, fragte er, fast zerstreut.
»Unsere Majestät glaubt, dass du es anders nicht schaffen wirst. Manchmal ist es schwer, eine alte Schuld abzutragen, und es gibt da wohl noch etwas, was dich an die Vergangenheit bindet. Nicht wahr?«
Der Mann in Schwarz fletschte die Zähne. Gern hätte er es abgestritten, darauf bestanden, dass dem nicht so sei. Aber er schaffte es nicht.
»Jedenfalls ist es der einfachste und sauberste Weg.«
»Der aber zu einem grausamen Tod führt …«
Der andere zuckte mit den Achseln. »Doch du wirst ihn ja nicht unmittelbar töten, oder?«
Der Mann in Schwarz schluckte, zögerte noch einen Moment und nahm dann das Fläschchen entgegen. Und plötzlich schien die Anspannung, die durch das Blutfläschchen zwischen den beiden aufgekommen war, wieder nachzulassen.
»Ich werde den Herrscher nicht mehr wiedersehen. Berichte ihm, dass ich für unser Volk gestorben bin.«
Der Mann in Schwarz blickte sein Gegenüber zerstreut an und
Weitere Kostenlose Bücher