Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
andere spuckte aus. »Diese verdammten Biester …!«
»Lasst uns vorbei!«, fordert Amhal die Männer jetzt auf, ohne auf ihre Worte einzugehen. Adhara klammerte sich an seinen Arm. Sie hatte Angst, wahnsinnige Angst: Nicht nur vor den Männern oder deswegen, was sie gerade in dem Saal entdeckt hatten, sondern auch vor Amhal, der – wie sie sich erinnerte – einige Abende zuvor mit Freuden die Klinge seines Schwertes in der Brust seines Gegners versenkt hatte.
»Hier kommt ihr nicht raus!«, rief der mit dem rostigen Schwert. »Niemand darf das Dorf verlassen.«
Adhara hörte deutlich, wie Amhal mit den Zähnen knirschte, und fühlte, wie sich seine Armmuskeln anspannten.
»Ich warne dich, zwing mich nicht zu Dingen, die ich nicht möchte …«
»Die Kranken zu den Kranken, die Toten zu den Toten. In zwei Tagen werdet auch ihr röchelnd daniederliegen. Oder vielleicht habt ihr auch Glück, und es erwischt euch nicht. Aber eins steht fest: Hier kommt ihr nicht raus«, setzte der Kerl mit dem Knüppel mit einem zahnlosen Grinsen hinzu.
Da zog Amhal mit beiden Händen sein langes Schwert und streckte es vor dem Körper aus.
»Nein, Amhal …«
»Zum letzten Mal: Lasst und vorbei. Ich will euch nichts tun, aber ihr müsst uns vorbeilassen …«
Adhara spürte seine ganze Wut, seine Kampfeslust. Sie wich ein paar Schritte zurück, doch fast im gleichen Moment stürzte sich der Mann mit dem Knüppel auf sie und streckte sie mit einem Schlag auf die Schulter nieder. Am Boden liegend, sah sie gerade noch, wie sich Amhals Umhang mit Schwung vor ihren Augen aufbauschte, und dann hörte sie nur noch, wie seine Klinge klirrend gegen die Waffen der beiden Männer prallte.
Im Nu hatte er sie entwaffnet, aber das reichte ihm noch nicht. Wild grunzend warf er sich auf einen der beiden.
»Nein, Amhal, nein!«, rief Adhara.
Es nützte genauso wenig wie der Entsetzensschrei seines Gegners. »Ich ergebe mich!«
Amhal stieß ihm die Klinge in die Brust, zog sie sofort wieder heraus und wandte sich schon dem anderen zu. In seinem Blick eine unbändige Wut – und ein finsteres Entzücken.
»Amhal!«
Adharas verzweifelter Schrei brachte ihn endlich zu sich. Er ließ die Klinge sinken und schloss einen Moment lang die Augen. Sein Gegner versuchte, das auszunutzen, warf sich auf ihnen und holte mit dem Knüppel aus.
Doch als wenn es nichts wäre, packte Amhal seinen Arm und drehte ihn um. »Verschwinde!«, zischte er.
Der andere starrte ihn aus Glutaugen an.
»Verschwinde und lebe!«, wiederholte Amhal noch einmal mit verkniffener Miene, während er so fest den Arm des Mannes umdrehte, dass dem der Knüppel entglitt.
Sich das Handgelenk reibend, starrte der Mann Amhal aus hasserfüllten Augen an. »Du bist schon so gut wie tot«, knurrte er, bevor er davonschlich und hinter einer Ecke verschwand.
6
Der Prinz und die Königin
I n Makrat strahlte die Sonne. Es war ein herrlicher Frühsommertag mit klarer Luft und einem reinen Licht, das alle Umrisse schärfte.
Wie jeden Morgen war Dubhe im Garten. Den Dolch fest in der Hand, nur mit Hose und einem weiten Wams bekleidet, besann sie sich auf ihre Übungen, an einem geschützten Platz zwischen den Bäumen des großen Parks, der den Königspalast umgab.
Nur eine kurze Zeit hatte es gegeben, da es ihr lächerlich vorgekommen war, täglich weiter an ihren körperlichen Fertigkeiten zu arbeiten. Damals hatte sie angefangen, sich alt zu fühlen. Sie war selbst erstaunt gewesen, wie unvermutet sie diese Erkenntnis überkam. Eines Morgens hatte sie sich im Spiegel betrachtet und plötzlich Falten ausgemacht, müde Gesichtszüge, graue Strähnen im Haar. Fünfundfünfzig war sie damals gewesen – und seit siebenunddreißig Jahren Königin.
Vielleicht ist es an der Zeit, damit aufzuhören, so zu trainieren, als sei ich immer noch eine Diebin in Makrat.
Einige Tage lang war sie nicht mehr in den Park gegangen.
Learco, ihr Gemahl, hatte sie geneckt: »Was ist los mit dir? Du willst doch nicht etwa deinen Dolch an den Nagel hängen?«
»Ach, ich bin einfach nur müde«, hatte sie geantwortet,
und das entsprach der Wahrheit. Letztendlich war das Alter ja nichts weiter als eine unaufhaltsame Ermüdung, die nach und nach zur endgültigen Ruhe führt.
Doch dann hatte sich ihr Körper gegen diesen Entschluss aufgelehnt. Denn ihre Glieder, ihre immer noch flinken Beine und auch die Armmuskeln unter der, im Vergleich zu früheren Jahren, nur ein klein wenig schlafferen Haut
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