Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
auf den Kopf stellen könnte. Ein großes, entsetzliches Werk.
Sie und dieser junge Bruder, Dakara mit Namen, sind allein in dem Raum.
»Versuch doch, dich zu beruhigen.«
»Ihr scheint das nicht zu verstehen! Dabei wissen wir doch alle, was geschah, als der letzte Zerstörer in die Aufgetauchte Welt kam. Und das wird wieder geschehen. Aber diesmal müssen wir darauf vorbereitet sein.«
»Was du da vorschlägst, würde bedeuten, die Naturgesetze außer Kraft zu setzen, mit Gewalt einen Kreislauf durchbrechen zu wollen, den wir niemals beherrschen können. Du hast es ja selbst gesagt: Seit ewigen Zeiten dreht sich das Rad der Geschichte in der Aufgetauchten Welt auf diese Weise. Zerstörer und Geweihte wechseln einander ab, in einem ewigen Kreislauf, den die Völker der Aufgetauchten Welt noch immer überlebt haben, ganz gleich, wer nun gerade in der jeweiligen Auseinandersetzung den Sieg davontrug. Das ist das Grundprinzip unserer Welt, und dem müssen wir uns beugen. Nichts ist ewig.«
»Damit wollt Ihr also sagen, dass wir die Zerstörung tatenlos über uns ergehen lassen sollen?«
»Nein, ganz und gar nicht. Wir müssen kämpfen, wenn die Zeit dazu gekommen ist, und das werden wir auch tun, so wie immer. Das ist unsere Rolle.«
»Aber damit sind wir nicht mehr als Marionetten, deren Fäden die Götter ziehen. Ja, glaubt Ihr denn wirklich, Thenaar habe uns dazu erschaffen,
um wie willenlose Puppen in einem Stück zu spielen, das er für uns geschrieben hat?«
Theana schüttelt den Kopf. »So ist die Welt eingerichtet. Manche Gegebenheiten kann man nicht ändern und muss sie einfach hinnehmen. Dieses Wechselspiel, das du auch erkannt hast, gehört dazu. Wir können, ja, wir dürfen in diesen Zyklus nicht eingreifen. Das bedeutet nicht, dass wir uns willenlos in ein Schicksal ergeben. Nein, es bedeutet, zu handeln und auf angemessene Art und Weise auf das Unvermeidliche zu reagieren.«
Doch Dakara lässt sich nicht umstimmen, beharrt auf seiner Überzeugung und entwirft das Szenario einer Wiederkehr des Zerstörers. »Denn wiederkehren wird er, die Schriften der Elfen sprechen eine klare Sprache! Und dann wird Krieg herrschen, Tod und Vernichtung. Und eine Seuche wird kommen.«
Seuche.
Du fantasierst. Bis jetzt kann es sich durchaus auch um Fälle von Rotem Fieber handeln .
Doch seit sich Dakara von der Ordensgemeinschaft des Blitzes abgewandt hatte, ließ der Gedanke, vielleicht doch falsch gehandelt zu haben, Theana nicht mehr los. Vielleicht hatte Dakara ja Recht, vielleicht war es tatsächlich geboten, der Wiederkehr des Zerstörers zuvorzukommen. Immer wieder hatte sie sich gesagt, dass die Überzeugungen des jungen Bruders entsetzliche Folgen gezeitigt hatten, weil er mit der Rechtfertigung, die Aufgetauchte Welt vor dem sonst unvermeidlichen Untergang retten zu wollen, selbst Gräueltaten verübt hatte. Aber das hielt sie nicht davon ab, auch zu zweifeln, Dinge infrage zu stellen. Dies war ihr Weg, ihrem Glauben treu zu sein.
Und wenn diese Toten im Land des Wassers tatsächlich Vorboten des Untergangs sind, des Endes aller Zeiten?
10
Ein Geständnis
W ie ein bunter Fleck im Grün der Wälder, die die Stadt umgaben, lag Neu-Enawar vor ihnen, präsentierte sich mit einer fantastischen Mischung verschiedenster Farben vor dem Hintergrund eines klaren Himmels im Licht der untergehenden Sonne. Von oben betrachtet, erschienen manche Viertel gräulich, andere blendend weiß, manche Gebäude klobig, andere prachtvoll und elegant. Genau im Zentrum der Stadt ragte ein Bauwerk von außerordentlicher Höhe auf, das mit einer Vielzahl von Fialen und Spitzbögen versehen und ganz aus Glas errichtet war, an dem sich funkelnd die letzten Sonnenstrahlen brachen. Darum herum erhoben sich wie Pilze auf einem unebenen Teppich aus Blättern eindrucksvolle Paläste. Auf einige von ihnen deutete nun Amhal und erklärte sie Adhara:
»Das ist der Sitz des Gemeinsamen Rates der Aufgetauchten Welt, in dem die Könige der verschiedenen Länder und die vom Volk gewählten Magier vertreten sind. Und dies da drüben ist der Palast des Vereinten Heeres und daneben der Große Gerichtshof.«
Adharas Blick wanderte zwischen den Bauwerken hin und her, blieb hängen an pompösem Zierrat, goldenen Dächern, elegant geschwungenen Kuppeln.
»Warum ist das Bild so uneinheitlich? Kein Gebäude, kein Viertel gleicht dem anderen«, sagte Adhara verwirrt.
»Nun, mit der Gestaltung Neu-Enawars wurden verschiedenste Architekten aus
Weitere Kostenlose Bücher