Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
Vorfällen in dem von dieser rätselhaften Krankheit heimgesuchten Dorf.«
»Schon … Allerdings scheint nur dieses Dorf befallen zu sein, und wenn ich es mir genauer überlege, könnte es auch eine Art Rotes Fieber gewesen sein … gewiss auch eine Krankheit, die man aber schon kennt …«
Mira kraulte sich weiter den Bart. »Also ich weiß nicht … Auf alle Fälle lasse ich mir den Bericht der Leichenschau zuschicken und werde auch mit Feo über die Sache sprechen. Wir müssen die Situation im Auge behalten.«
Amhal nickte. Offensichtlich war er stolz auf sich: Es waren wichtige Neuigkeiten, die er seinem Meister da überbracht hatte.
»Nun aber würde ich doch gern etwas mehr über dieses hübsche Mädchen hier erfahren«, wechselte Mira das Thema.
Adharas Wangen begannen zu glühen. Dieser Mann verstand es, sie in Verlegenheit zu bringen. Amhal übernahm die Sache und erzählte jetzt alles von Anfang an. Adhara beschränkte sich darauf, mit hastigen Bewegungen ihre Suppe auszulöffeln. Es war ihr furchtbar unangenehm, wie da vor einem Fremden über sie geredet wurde. Ohne dass sie es recht merkte, hatte ihre linke Hand begonnen, am Heft ihres Dolches herumzuspielen.
Mira hörte schweigend bis zum Ende zu und sah sie dabei hin und wieder kurz aber durchdringend an. Sie hatte die Augen weiter niedergeschlagen.
»Ich habe mir gedacht, sie könnte vielleicht hier aus der Gegend stammen. Es sind fünfzehn Tagesmärsche von hier nach Salazar, und im Süden gibt es dichte Wälder«, schloss Amhal.
Mira machte sich wieder über seinen Bart her. Das tat er immer, wenn er scharf nachdenken musste. »Mag sein. Aber selbst wenn du den Ort finden würdest, wo sie zu Hause ist … Ich weiß gar nicht, ob damit so viel gewonnen wäre … An diese Wiese erinnert sie sich aber ganz genau, oder?«
Adhara nickte.
»Wenn man alle Hinweise verbindet, kommt man zu dem Schluss, dass sie hier irgendwo zu Hause ist«, ließ sich Amhal nicht beirren.
»Das ist nicht gesagt«, widersprach sein Meister. »Du hast doch gesagt, dass sie ein weißes Hemd trug, und zudem ist mir aufgefallen, dass ihre Handgelenke Striemen aufweisen, so als sei sie gefesselt gewesen.«
Unwillkürlich warf Adhara einen Blick auf ihre Handgelenke. Die einst roten Striemen waren zu kaum noch abgesetzten, weißlichen Armreifen verblasst.
»Das könnte bedeuten, dass sie ein Sträfling war.«
Amhal machte Anstalten, heftig zu widersprechen, während Adhara das Gefühl hatte, ihr Herz setze einen Schlag aus. Eine Verbrecherin? Sie? Die ganze Reise, das lange Umherirren, dieses Schmachten nach einer Identität, nur um herauszufinden, dass sie eine Kriminelle war?
Mira hob die Hand. »Das würde auch ihre Begabungen erklären: dass sie zu kämpfen versteht oder auch ihre Geschicklichkeit im Umgang mit Verriegelungen.« Er bedachte sie mit einem vieldeutigen Blick, und Adhara fühlte sich gekränkt.
»Meister, offen gesagt …«
»Schon gut. Du hast Recht. Kein Gefängnis in der Aufgetauchten Welt«, fuhr Mira fort, »verwendet als Sträflingskleidung weiße Hemden. Im Land der Sonne sind Gewänder aus grobem Leinen gebräuchlich, im Land der Sonne werden die Gefangenen in Rot gekleidet. Hier im Großen Land wählt man meistens Hosen und Hemden aus grünem Stoff. Und zudem wurden Armeisen für Gefangene vor zehn Jahren vom Gemeinsamen Rat abgeschafft. Und Beineisen auch, denn irgendetwas sagt mir, dass auch die Fußgelenke deiner Freundin Male zeigen.«
»Das stimmt …«, entfuhr es Adhara bewundernd, während Amhal seinen Meister nur staunend anstarrte.
»Mach doch nicht so ein Gesicht. Das kann man doch
leicht erraten. Du wirst mir doch nicht erzählen wollen, dass du nicht darauf gekommen wärest?«
Amhal wandte den Blick ab, und Mira erlaubte sich ein mildes Lächeln.
»Nein, ich denke, dass sie entführt wurde. Das würde auch ihren Gedächtnisverlust erklären. Die Angst, der Schock angesichts dieser entsetzlichen Erfahrung … Vielleicht ist sie von jemandem befreit worden … Obwohl … dann hätte derjenige sie wohl bei sich behalten. Wahrscheinlicher ist, dass sie sich selbst befreien konnte und sich flüchtend einige Meilen so dahingeschleppt hat, bis sie dann, mit ihren Kräften am Ende, auf dieser Wiese zusammenbrach und einschlief. Und am nächsten Morgen – peng! – waren ihre Erinnerungen schlagartig fort.«
Amhal und Adhara schauten ihn mit offenem Mund und großen Augen an.
»Und dennoch könnte ich auch Recht haben,
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