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Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter

Titel: Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Mund.
    »In den dreizehn Jahren, die ich hier oben schon speise, hat mich noch nie jemand auf diese Weise angeschaut.«
    Adhara errötete. Gewiss hatte sie einen Fehler gemacht.
    »Doch das ist schön«, beeilte sich Prinz Neor hinzuzufügen. »Üblicherweise vermeiden es alle, mich anzuschauen, in der Überzeugung, neugierige Blicke müssten mich verletzen. So habe ich mich daran gewöhnen müssen, unsichtbar zu sein. Wenn es nicht anders geht, schaut man mir nur ins Gesicht, stets ein wenig verlegen, und bei offiziellen Anlässen starrt man wie gebannt auf die Gewänder der Königin oder das Lachen meiner Tochter, damit der Blick nur ja nicht auf meinen kranken Körper fällt.«
    Adhara schlug die Augen nieder. Vor ihr stand eine Schüssel mit warmer Milch, deren einladender Geruch, zusammen mit dem Duft des Brotes, ihren Magen knurren ließ.
    »Doch du schaust auf meine Beine und fragst dich, was das für ein eigenartiger Stuhl sein mag, und auch gestern scheutest du dich nicht, mich ganz aufmerksam zu betrachten.«
    »Verzeiht, wenn ich unhöflich war. Es war wirklich nicht meine Absicht …«
    Der Prinz hob abwehrend die Hand. »Nein, nein, ich freue mich doch … Gegenstand neugieriger Betrachtung zu sein, meine ich. Nicht mitleidig angesehen zu werden, sondern mit aufrichtigem Interesse, wie andere Menschen auch. Eben deswegen bist du mir aufgefallen.« Er steckte sich ein weiteres Stück Brot in den Mund. »Greif doch zu.«

    Bedächtig legte Adhara die Hände um die Schüssel vor ihr und nahm einen Schluck Milch. Süß war sie, angenehm warm, wohlschmeckend. Einfach köstlich.
    »Ich habe mich gestern noch bei Mira nach dir erkundigt, und er hat mir deine Lage erklärt.«
    Adhara fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen und griff dann schüchtern zu einem Stück Brot.
    »Er hat mir erzählt, dass du arbeiten möchtest, während du weiter deiner Vergangenheit auf die Spur zu kommen versuchst.«
    Während er redete, betrachtete Adhara wieder sein Gesicht. Er hatte schöne Augen von einem recht dunklen Grün, eine gelungene Verschmelzung der Augen seiner Mutter mit denen seinen Vaters. Ihrem aufmerksamen Blick fiel so manches auf, was einem zunächst – vor allen denen, die den gelähmten Prinzen nicht anzusehen wagten – entgehen mochte. Die langen Wimpern, die die großen Augen beschatteten, der stets zu einem angedeuteten Lächeln verzogene Mund.
    »Mich interessieren Leute, die etwas außerhalb der Gesellschaft stehen. In mancher Hinsicht sind sie wie ich, anders, ausgeschlossen …«, fuhr Neor in ruhigem Ton fort.
    Adhara nahm das Messer zur Hand und säbelte sich ein Stück Käse ab, steckte es sich in Mund und kaute genüsslich.
    »Deshalb kam ich auf die Idee, dir eine Aufgabe zu übertragen, eine Arbeit, für die ein Mädchen wie du geeignet sein sollte.«
    Adharas Herz machte einen Sprung, und fast hätte sie sich an dem Bissen verschluckt. »Danke …«, konnte sie nur kaum vernehmlich murmeln.
    »Du hast doch gestern Amina, meine Tochter, gesehen …«
    Das »ungestüme« Mädchen, wie die Mutter tadelnd gesagt hatte. Adhara nickte.
    »Nun, sie ist auch ›anders‹, steht in gewissem Sinn ›abseits‹
… Vielleicht ist sie ihrer Großmutter nachgeschlagen, vielleicht ist es auch eine Gegenreaktion auf meine gelassene Art, meine unfreiwillige körperliche Passivität, jedenfalls gelingt es ihr nicht, sich den Regeln dieses Hofes entsprechend zu benehmen. Sie zappelt wie ein Fisch auf dem Trockenen, und da sie sich von allen unverstanden fühlt, lehnt sie sich auch auf unmögliche Art gegen alles auf, was man ihr sagt.«
    Adhara fragte sich, was das nun mit ihr zu tun haben mochte.
    »Sie ist allein, Adhara, und es ist nicht schön, mit zwölf Jahren so allein zu sein. Was ist mit ihren Eltern?, wirst du dich fragen. Nun, ihre Mutter ist eine fabelhafte Frau, die aber zu streng auf die Etikette besteht … Und ich habe so viel zu tun, dass ich kaum Zeit für sie finde. Mit anderen Worten, weder Fea noch ich können unserer Tochter das geben, was sie jetzt braucht.«
    Adhara schlang einen weiteren Bissen hinunter.
    »Vielleicht könntest du das.«
    Der Bissen blieb ihr im Hals stecken.
    »Aber, Herr« – sie hoffte, dass die Anrede passte – »ich weiß gar nichts von dem Leben hier am Hof. Ich kenne mich ja selbst überhaupt nicht aus, mit gar nichts, deshalb wüsste ich nicht, wie ich …«
    »Du bist nicht sehr viel älter als sie, weißt nichts von der Welt und gehörst im Grund nicht

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