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Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes

Titel: Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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mit mir kommen?«, fragte sie noch einmal. Für sie passte das alles nicht zusammen, hatte etwas Unwirkliches, Absurdes: schon mit der kleinen Prinzessin dort im Wald zu sitzen, wie sie sich gekleidet hatte oder auch mit welcher Selbstverständlichkeit sie sanft über den Dolch an ihrem Gürtel strich.
    »Ich bin müde und hab jetzt keine Lust mehr zu reden«, antwortete Amina nur.
    Sie zog sich den Umhang über die Schultern, streckte sich zwischen den Farnen aus und drehte Adhara den Rücken zu.
     
    Es begann mit einem dumpfen Vibrieren, das von der Brust ausging und ihr die Luft nahm. Immer langsamer schlug ihr Herz, ihre Lunge zog sich zusammen. In panischem Schrecken riss Adhara die Augen auf und hatte das sichere Gefühl, jetzt sterben zu müssen. Wie ein zusammengerolltes
Bündel lag Amina vor ihr im trockenen Laub, während sie selbst sich aufgesetzt hatte und mit dem Rücken gegen einen Baumstamm lehnte.
    Sie betastete ihre Arme, die Beine, den Oberkörper. Vielleicht war es nur die Erschöpfung, die ihr einen Streich spielte. Um sie herum vertrieb das Morgengrauen schon die Finsternis.
    Langsam verschwand der Druck, ihr Atem kam wieder regelmäßiger. Adhara legte sich ins Gras und sog die frische Morgenluft tief in die Lunge ein.
    Das konnte nur ein Alptraum gewesen sein. Mehr nicht. Irgendein schrecklicher Traum hatte sie derart in Panik versetzt, dass ihr Körper darauf reagierte. Aber Angst hatte sie immer noch, wahnsinnige Angst. Bis zu diesem Moment hatte sie sich immer auf ihren Körper verlassen können, und so schwach hatte sie sich noch nie gefühlt.
    Sie legte die Hände in den Schoß, schluckte und überlegte, ob sie Amina wecken sollte. Da bemerkte sie am Zeigefinger, gleich unterhalb des Nagels, ein winziges, kaum wahrnehmbares Pünktchen von einem tiefen Rot.
     
    Adhara beschloss, durch den Wald weiterzuziehen. Sie wusste nur, dass Amhal Richtung Westen geflohen war. Solange sie das Große Land noch nicht verlassen hatten, konnten sie dieser Richtung folgen. Hatten sie ihre Verfolger, die Dubhe und Theana ihnen zweifellos nachsandten, erst einmal weit genug hinter sich gelassen, würden sie Zeit finden, nach genaueren Hinweisen zu Amhals Ziel zu suchen.

    Um keine Spuren zu hinterlassen, marschierten sie durch das Flussbett, schweigend, jede in die eigenen Gedanken versunken, aber dennoch in ständiger Alarmbereitschaft. Adhara beschäftigte besonders, wie sich Amina verändert hatte. Sie war nicht mehr das wilde, im Grunde aber traurige kleine Mädchen, das sie damals ins Herz geschlossen hatte. Heute war sie ganz anders und strahlte etwas aus, was Adhara erschreckte.
    Aber obwohl es ihr nicht gelang, Amina ein Wort darüber zu entlocken, war sie sich sicher, dass die junge Prinzessin sie nur deshalb begleitete, um an Amhal, dem Mörder ihres Vaters, Rache zu nehmen.
    Und wenn sie allein weiterzog? Mit Sicherheit würde Amina das als Verrat an ihrer Freundschaft betrachten, aber tatsächlich würde sie ihr damit das Leben retten. Aber wie sollte sie das anstellen? Sie konnte sie ja nicht einfach den wilden Tieren ausliefern und schlafend allein im Wald zurücklassen. Das war ausgeschlossen.
    Und wenn sie mit Amina zurückkehrte, würde das bedeuten, dass sie sich Theana unterwerfen und ihr fortan gehorchen musste.
    Dann bleibt mir nichts weiter übrig, als diese Bestimmung als Geweihte hinzunehmen.
    Ein Schauder überkam sie. Nein, nein, solch eine Bestimmung gab es doch gar nicht. Fest stand, sie wollte nicht zurück. Und Amina hatte das bei ihren Fluchtplänen einkalkuliert und mit Sicherheit begriffen, was Adhara durch den Kopf ging.
    Doch mit einem Mal wurde ihr auch wieder die Ungeheuerlichkeit dessen bewusst, was Amhal getan hatte. Was, wenn es ihr nicht gelingen würde, ihn – sollte sie
ihn tatsächlich finden – zur Vernunft zu bringen? War sie nicht schon einmal daran gescheitert?
    Vielleicht hätte ich doch im Palast bleiben und mich dem fügen sollen, was eigentlich auf der Hand lag .
    Aber das ging nicht, im Namen der Gefühle, die sie so aufwühlten, wegen all dieser Empfindungen, die sie so verwirrten, ihr aber auch deutlich machten, dass sie ein fühlendes Wesen war und nicht das Ergebnis eines Experiments.
    Deshalb konnte sie gar nicht anders als weiterzuziehen, mit einem Mädchen an ihrer Seite, das nicht weniger verloren und verwirrt war als sie selbst. Und zu hoffen, dass sie den richtigen Weg finden würden.
     
    Sechs Tage lang wanderten sie und schonten sich nicht.

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