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Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes

Titel: Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Langsam veränderte sich die Landschaft um sie herum, ein Zeichen, dass sie die Grenze zum Land des Windes bereits passiert hatten. Adhara musste wieder daran denken, dass sie genau den gleichen Weg schon einmal zurückgelegt hatte, damals allein, nachdem sie auf dieser Wiese ohne die winzigste Erinnerung aufgewacht war. Nur wurde sie jetzt verfolgt und musste daher noch mehr auf der Hut sein. Da sah sie etwas in einiger Entfernung zwischen den Farnen hervorlugen. Adhara ergriff Aminas Arm und zog sie in die Hocke herunter. »Da ist jemand«, zischte sie.
    »Wer?«, hauchte die Prinzessin.
    Doch Adhara schüttelte nur den Kopf und zog den Dolch, den sie dem Wachsoldaten bei ihrer Flucht abgenommen hatte. Die Waffe in der Hand zu spüren, gab ihr Sicherheit. »Du bleibst hier«, befahl sie.

    Langsam schlich sie durch das Gras näher heran. Nun erkannte sie einen Mann, der mit dem Rücken an einen Felsblock gelehnt in einem kleinen Flussbett lag, die Beine im Wasser, während die Arme schlaff am Körper herunterhingen. Adhara hielt den Atem an. Nur keinen Laut. Zunächst musste sie sich vergewissern, dass ihnen keine Gefahr drohte; erst dann konnte sie Amina nachkommen lassen.
    Sie schlich noch ein wenig näher heran, als sie ein Röcheln, ein langgezogenes, leidendes Stöhnen hörte. Der Mann schien verletzt zu sein. Angesichts der Tatsache, dass sie gesucht wurden, wäre es sicher ratsam gewesen, einfach weiterzuziehen und den Mann seinem Schicksal zu überlassen. Doch Adhara gehorchte ihrem Instinkt und schlich sich mit gezücktem Dolch noch näher heran.
    Der Mann war schon recht alt und blickte sie jetzt aus matten, erloschenen Augen an. Im Unterleib klaffte eine tiefe Wunde, aus der in dickem Schwall das Blut strömte. Offenbar hatte man ihn beraubt und ihm nur das Hemd aus rauem Leinen gelassen, über dem er gewiss dickere Kleidungsstücke getragen hatte. Räuber. Das sah ganz nach einer Räuberbande aus. Adhara erkannte auf den ersten Blick, dass es für den Mann keine Hoffnung mehr gab. Doch war es ihr unmöglich, ihn einfach so liegen zu lassen.
    Angestrengt versuchte sie, sich einen Heilzauber einfallen zu lassen, und sei es auch nur, um seine Schmerzen zu lindern, bis es zu Ende war. Als sich ihre Blicke kreuzten, erkannte sie in den Augen des Mannes ein schmerzerfülltes Flehen, das ihr zu Herzen ging. Er öffnete
den Mund, als wollte er ihr etwas sagen, doch kein Laut kam über seine Lippen.
    »Ich verstehe nicht …«
    Da nahm der Alte ihr den Dolch aus den Händen und hielt ihn an seine Brust. ›Bitte‹, flehte sein stummer Mund.
    Und Adhara verstand.
    Der Mann deutete eine Art fast zufriedenes Lächeln an. Dann schloss er die Augen, und Adhara tat es ihm nach. Hinsehen konnte sie nicht. Aber mit einer raschen Bewegung versenkte sie die Klinge in der Brust des Mannes und betete dabei, dass es schnell und schmerzlos gehen möge. Nur einmal bäumte sich der Körper auf. Dann war alles still.
    Adharas Muskeln entspannten sich, ihre Hand lockerte den Griff. Völlig leer fühlte sie sich. Jetzt erst merkte sie, dass sie die ganze Zeit den Atem angehalten hatte, und Entsetzen überkam sie angesichts dieser wahnsinnig gewordenen Welt und dem, was sie aus den Geschöpfen machte, die sie bewohnten.
    »Was ist denn los?«, rief eine hohe Stimme aus einiger Entfernung. Amina. Adhara hatte sie vollkommen vergessen. Sie stemmte sich hoch und versuchte dabei, an dem Mann vorbeizuschauen, den sie gerade getötet hatte. Dann winkte sie die Freundin zu sich. Die tauchte aus dem Wald auf und lief rasch herbei. Als sie vor dem leblos daliegenden Mann stand, fragte sie: »Warum hast du so lange gewartet? Eine Leiche ist doch nicht gefährlich.« Dabei blickte sie Adhara misstrauisch an.
    Die brachte es nicht über sich, zu erzählen, was tatsächlich geschehen war. »Ich musste doch sichergehen,
dass niemand mehr in der Nähe ist«, erwiderte sie nur. »Schau nicht hin«, fügte sie dann leise hinzu.
    »Glaubst du, das waren die Elfen?«
    Adhara schüttelte den Kopf. »Nein, Banditen. Sie haben ihn ausgeraubt.« Sie überlegte einen Moment. »Komm, hilf mir mal.«
    Den Mann anständig zu beerdigen, kam nicht infrage. Das hätte zu viel Zeit gekostet. Allerdings war das Wasser des Flusses tief genug, so dass sich die Strömung des Leichnams annehmen konnte. Lieber das offene Meer als dieses Ufer hier, wo die Leiche vielleicht von wilden Tieren zerrissen würde, dachte Adhara. Sie griff unter die Achseln des Toten und zog

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