Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
gierige Verlangen, dass die Nachwelt seiner als großen Retter gedenken möge, war ihr nicht geheuer. Und deshalb hatte sie beschlossen, die Entdeckung für sich zu behalten, solange Milos Bericht noch auf sich warten ließ. Sie konnte erst dann vor dem Rat erklären, über ein wirksames Heilmittel zu verfügen, wenn sie wusste, was dieser schmierige Gnom eigentlich im Sinn hatte.
»Ihr habt richtig gehandelt«, erwiderte Kalth mit einem Lächeln.
Theana fühlte sich erleichtert. »Innerhalb der nächsten
Tage wird die Zusammensetzung geklärt sein, und dann können wir eine Entscheidung fällen.«
»Was befürchtet Ihr eigentlich genau?«
Die Magierin schüttelte den Kopf. »Es ist bloß so ein Gefühl, aber ich fürchte tatsächlich, dass sich hinter der Geschichte von dem Heilmittel etwas verbirgt, was uns nicht gefallen kann. Als ich Uro nach den Bestandteilen des Heiltranks fragte, hat er mir zu vage geantwortet. Ich will Klarheit, bevor ich in Triumphgeschrei ausbreche.«
Kalth nickte entschlossen. »Das hört sich vernünftig an. Aber denkt daran, dass es unser Hauptziel bleibt, weitere Ansteckungen zu verhindern. Wenn dieses Mittel uns da dienlich sein kann, kommt das dem ganzen Königreich zugute, und dann müssen wir es auch einsetzen. Mit Euch kann ich offen reden, denn Ihr zählt zu den wenigen, die mir meine Aufgabe zugetraut haben. In unserer jetzigen Lage bleibt uns sonst kaum Hoffnung. Die Krankheit breitet sich mit rasanter Geschwindigkeit aus, an allen Ecken und Enden fehlt es uns an Soldaten, und die Elfen scheinen kaum aufzuhalten zu sein. Es ist dringend geboten, eine zahlenmäßige Überlegenheit herzustellen.«
Theana bewunderte den Jungen. Obwohl er so vernünftig, abgeklärt und kühl handelte, musste er auch die Last dieser ungeheuren Verantwortung spüren, die auf seinen Schultern lag. Aber er ließ sich nicht davon beeindrucken, traf wie ein großer Herrscher seine Entscheidungen und rieb sich auf für sein Land. Eigentlich hätte sie es sein müssen, die ihn in diesem Kampf unterstützte, und nicht umgekehrt.
Dieser Gedanke rührte sie derart, dass sie ohne lange
nachzudenken auf Kalth zutrat und ihn umarmte. Im ersten Augenblick reagierte er nicht, doch dann löste sich etwas in ihm, und er schlang die Arme um ihre Hüfte und umarmte sie wie ein Sohn seine Mutter. So standen sie einen Augenblick da und trösteten sich gegenseitig in diesem Sturm, der sie beide hinwegzufegen drohte. Dann trennten sie sich, und Kalth dankte ihr mit einem einfachen Lächeln, bevor er den Saal verließ.
Die Antwort erhielt Theana zwei Tage später.
Sie schrak auf, als es an der Tür klopfte. »Herein«, rief sie mit trockener Kehle.
Über die Schwelle trat Milo, ein junger Mann von spindeldürrer Gestalt, der sich ehrfürchtig verneigte. Theana musterte seinen Gesichtsausdruck, konnte aber nicht erkennen, ob er gute oder schlechte Neuigkeiten brachte.
»Nun?«
Milo nickte nur, und damit stand fest, dass sein Bericht sie nicht erfreuen würde.
»Ich habe das Mittel untersucht, das Ihr mir gabt. Es enthält viele Zutaten, die mir völlig überflüssig erscheinen: Pflanzenextrakte von schwacher Heilkraft, Wasser und Alkohol.«
»Uro erzählte etwas von Rotem Fingerhut.«
»Ja, auch davon sind Spuren enthalten, aber in zu geringer Menge, um etwas ausrichten zu können.«
Die Magierin richtete sich auf ihrem Stuhl auf. »Wie passt das zusammen? Wenn es keine echten Arzneistoffe enthält, wieso wirkt es dann?«
Milo räusperte sich, und seine Miene wurde noch
ernster. Jetzt ist es so weit, dachte Theana, und ihr Herz begann schneller zu schlagen.
»Weil es Nymphenblut enthält.«
Die Hohepriesterin erstarrte. Also doch! Und ihr war, als rückten alle Steinchen des Mosaiks an ihren Platz. Weil die Nymphen immun gegen die Krankheit waren, hatte man schon viele von ihnen umgebracht. Denn hartnäckig hielt sich das Gerücht, sie seien es, die die Seuche verbreiteten. Dann hatte Uro sie also belogen. Nicht Ambrosia oder irgendeiner unbekannten seltenen Pflanze war die Heilung zu verdanken. Sondern Blut. Wieso war sie da nicht längst selbst drauf gekommen? Es war so einfach und lag doch auf der Hand. Entsetzt schüttelte sie sich. Bei ihrer letzten Begegnung hatte ihr der Gnom berichtet, er habe in der Zwischenzeit weiter fleißig Arznei produziert, und das Bild von Unmengen in seiner Behausung aufgereihter Fläschchen ließ sie angewidert erschaudern. Dieser Wahnsinnige hatte sich, um berühmt
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