Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
Finger aus dem Leib saugte, dann Dunkelheit und …« Er fasste sich an den Kopf.
»Auch für mich war es anstrengend«, gab San zu. »Ich hätte nicht gedacht, dass mich die Sache so erschöpfen würde. Dabei ist dieser Zauber, den wir beschworen haben, doch unserem Wesen als Marvashs eingeschrieben. Der erste Zerstörer versuchte ihn, nachdem die Götter ihn in Ketten gelegt hatten. Und seitdem haben Generationen von Marvashs ihn immer weiter verbessert, bis er so verheerend wurde, wie wir ihn jetzt erlebt haben.«
Amhal blickte ihn verwirrt an. Er schien das alles noch nicht ganz begriffen zu haben. »Sind wirklich alle tot?«, fragte er, und seine Stimme zitterte.
»Vom jüngsten Kind bis zum ältesten Greis«, lautete die trockene Antwort.
Amhal spürte, wie sich etwas in seinem Magen bewegte und langsam zur Kehle hinaufdrängte. Der Brechreiz ließ ihn von der Pritsche aufspringen und aus dem Zelt stürzen.
Dort erbrach er sich lange, bis die Übelkeit endlich
nachließ, während ihm ein unbekanntes Gefühl die Brust zerriss.
Was habe ich nur getan ?, dachte ein Teil von ihm entsetzt.
San war sitzen geblieben, die Beine übereinandergeschlagen, und schien die Ruhe selbst. »Offenbar habe ich das leichter verdaut. Obwohl ich doch um einiges älter bin als du. Lediglich einen Tag habe ich geschlafen, dann war es vorbei«, rief er nach draußen. »Du aber drückst dich schon seit zwei Tagen auf deiner Pritsche herum.«
Mit weichen Knien betrat Amhal wieder das Zelt.
Was ist aus dir geworden? Abertausende von Menschenleben hast du auf einen Schlag ausgelöscht. War das dein Ziel, als du dich mit Kryss zusammentatest?
Er schüttelte den Kopf, in dem Versuch, diesen Gedanken loszuwerden.
»Ich habe wieder geträumt«, murmelte er und ließ sich auf seine Pritsche fallen.
Er fühlte sich kraftlos, aber etwas sagte ihm, dass dies keine Auswirkung des gewaltigen Zaubers war, an dem er mitgewirkt hatte. Es lag an etwas anderem, an etwas, das er noch nicht einmal sich selbst einzugestehen wagte.
»Kryss hat dir ja gesagt, dass die Schwierigkeiten von dem Rest Menschlichkeit herrühren, der noch in dir erhalten ist. Aber das wird bald überwunden sein.«
»Ich hab von ihnen allen geträumt«, fuhr Amhal fort, ohne auf San einzugehen. »Von den Bewohnern Salazars. Den Alten, den Kindern … Vor meinen Augen lösten sie sich auf, wurden zu Asche.«
»Nun, das ist ja auch ungefähr das, was tatsächlich geschehen ist«, bestätigte San.
»Und dann kehrten sie zurück, aber sie waren Gespenster geworden und wollten Rache nehmen. Sie wollten meinen Kopf, und ich spürte ihre Gier nach Blut, sie umringten mich, bedrängten mich von allen Seiten, und …« Er nahm die Hände vors Gesicht, vergrub die Finger in den Haaren. Fortzufahren fehlte ihm der Mut, sonst hätte er erzählen müssen, dass auch sie unter den Erscheinungen war, blass und wunderschön, so wie er sie bei ihrer ersten Begegnung erlebt hatte, in diesem schlichten Leinengewand und mit den Abdrücken der Fesseln an Knöcheln und Handgelenken. Mit einem Gesicht, das er nie vergessen würde, durchdrungen von einer stummen Anklage und einer beispiellosen Trauer, sah sie ihn an. Und dieser Blick schmerzte ihn stärker als alles andere, er hatte in ihm Abgründe von Schuldbewusstsein aufgerissen und ihn schreiend erwachen lassen.
San erhob sich von seinem Stuhl, trat zu ihm und löste ihm die Hände vom Gesicht. »So sind wir, Amhal. Wir zerstören, um Neues schaffen zu können. Diese Welt braucht das reinigende Feuer unseres Zaubers, und nun wird aus der Asche etwas Besseres, Größeres entstehen.«
Amhal nickte und spürte, wie sein Herz langsam ruhiger wurde. Die Stimme, die ihn quälte, verebbte zu einem gedämpften Murmeln, das ihn aus einem abgelegenen Winkel seiner selbst erreichte und malträtierte. Aber es ging unter in der Weite des Nichts, das nun wieder seinen Geist umfing.
»Du hast nichts zu befürchten«, redete San noch einmal beruhigend auf ihn ein.
»Nein, nichts«, wiederholte Amhal, wobei er die Augen schloss. Alles kehrte zur Normalität zurück. Die Gesichter der Toten, von denen er geträumt hatte, verschwanden, und was er getan hatte, kam ihm ganz natürlich vor, so wie die Abfolge von Leben und Tod ganz natürlich war.
»Fühlst du dich besser?«
»Ja, nur noch ein wenig erschöpft«, antwortete er.
»Ruhe dich aus. Heute und morgen sammeln wir neue Kräfte, übermorgen ziehen wir wieder in die Schlacht. Ein wenig zu
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