Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
neue Leibgardisten einzustellen und auszubilden.
Ximena schiebt die Haarnadeln durch die Schlaufen im Innenfutter, aber es nützt nichts– die Krone neigt sich nach rechts, und die harte Kante drückt auf den Rand meines Ohres.
» Es fühlt sich an, als ob mir eine dritte Augenbraue gewachsen ist«, sage ich und ziehe probeweise die Stirn in Falten. Natürlich rutscht die Krone jetzt nur noch weiter, und mein Ohr wird zusammengedrückt. Ximena rückt ein wenig an dem gewaltigen Kopfschmuck herum, der jedoch hartnäckig an Ort und Stelle bleibt. Keine ruckartigen Kopfbewegungen, sage ich mir, während sie feststellt, dass ich nun bereit bin, die ersten Brautwerber zu empfangen.
Mein Amtszimmer habe ich seit Alejandros Tod kaum betreten. Es ist hell, die Wände sind mit Holz vertäfelt und haben zwei hohe Fenster, deren breite Bänke üppig mit eingetopften Farnen begrünt sind. Aber ich fühle mich hier nicht zu Hause. Wenn ich an diesem Schreibtisch sitze, komme ich mir wie eine Hochstaplerin vor, so, als würde ich » regieren« spielen. Aber es ist immer noch besser als mein riesiger, hallender Audienzsaal, auf dessen Thron ich immer Rückenschmerzen bekomme.
Hector nimmt rechts von mir Aufstellung, Conde Eduardo links. An den Fenstern und an der Tür stehen Wachen. Mein Sekretär sitzt in einer Ecke hinter seinem kleinen Pult, die Feder gespitzt, um eventuelle Notizen zu machen. Ich sehe nur seinen Scheitel, weil sich so viele Dokumente auf seinem Pult türmen und mir die Sicht versperren. Die sollte ich alle durchsehen und unterschreiben. Mit aller Macht versuche ich, diesen Stapel zu ignorieren– ich kann jetzt nicht auch noch darüber nachdenken.
Mein Herz klopft vor Unruhe, während wir warten. Wie geht man als Königin mit einem Brautwerber um? Als Prinzessin von Orovalle war ich übergewichtig und einsam und hatte ein unnatürliches Interesse an muffigen Schriftrollen. Wenn jemand versuchte, mir den Hof zu machen, dann geschah das hinter den Kulissen und wurde mit meinem Vater besprochen.
Als Königin muss ich nun selbst verhandeln. Jeder Brautwerber will etwas– einen neuen Titel, Handelsvorteile, vielleicht einfach nur Macht. Auch wenn sie alle etwas anderes vorgeben, keiner von ihnen will mich.
Ich weiß nicht, wie ich den höflichen Tanz aus Flirt und versteckten Anzüglichkeiten ertragen soll, der solchen Vereinbarungen stets vorausgeht. Oder wie ich mich in dem Labyrinth eines königlichen Ehevertrags richtig bewege. Auf keinen Fall will ich einen falschen Schritt machen und damit Eduardo einen Anlass geben, sich einzumischen und mir helfen zu wollen.
» Er kommt«, sagt ein Wächter.
Ich setze mich kerzengerade auf und versuche, königlich auszusehen.
Ein Mann mit fassförmigem Körper und schütterem Haar tritt ein. Er macht große Augen und ein ernstes Gesicht. Schweißtropfen sammeln sich auf seiner vorstehenden Oberlippe. Er fällt auf ein Knie und verneigt sich tief.
» Euer Majestät«, sagt Conde Eduardo unmittelbar neben mir. » Darf ich Euch Lord Liano von Altapalma vorstellen?«
Überrascht sehe ich zu ihm auf. Ich hatte Conde Tristán erwartet.
» Ich habe mir erlaubt, einige kleine Änderungen in der Planung vorzunehmen, damit wir etwas Zeit für meinen guten Freund haben würden«, erklärt Eduardo. » Ich weiß schließlich, wie sehr Ihr bestrebt seid, einige der Fürsten aus dem Norden kennenzulernen.«
Ich bemühe mich um ein gleichmütiges Gesicht und sage: » Willkommen, Lord Liano. Vielen Dank, dass Ihr gekommen seid.«
Er erhebt sich, sagt aber nichts. Ist es an mir, bei dieser Unterhaltung die Initiative zu übernehmen?
» Lord Liano ist Erbe der Grafenwürde von Altapalma, solange seinem älteren Bruder noch kein Sohn geboren wurde«, wirft Eduardo ein. » Er ist tief gläubig und hält die Sakramente in Ehren, und er ist ein begabter Jäger.«
» Wilde Pekari-Schweine«, platzt Liano heraus. » Ich habe jetzt schon drei Jahre in Folge das Turnier gewonnen!«
Ich kann meine Augen nicht von seiner feuchten Oberlippe wenden. » Oh. Das… das ist sehr beeindruckend«, bringe ich heraus.
Sein ganzer Körper lehnt sich mir begierig entgegen. » Und ich gerbe die Häute dieser Schweine selbst! Mein Schweinsleder ist so weich, dass es sich für die Reitkleidung der feinsten Ladys eignet. Und ich stelle auch meine Jagdwaffen selbst her. Und…« Jetzt richtet er sich zu voller Größe auf. » Ich bin der Großmeister der Gesellschaft, die sich um die Einführung
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