Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
ich eine wegwerfende Handbewegung und sage: » Jeder hat Spione in anderen Ländern. Mein eigener Vater, König Hitzedar von Orovalle, hat mehrere Spione an meinem Hof.«
» Euer Majestät«, erwidert Sturm, » Invierne hat Hunderte. Sie leben hier, in Eurer Stadt.«
» Inviernos wie Ihr? Oder wenden sich Joyas eigene Bürger gegen ihr Land?«
» Sowohl als auch.«
» Wir würden Inviernos in unserer Mitte erkennen«, sagt Hector.
Sturm zuckt die Achseln und blickt in die Ferne, als würde ihn das Gespräch langweilen.
Ich beuge mich vor. » Würden wir das, Sturm? Würden wir sie erkennen?«
Sein Gesicht nimmt einen überheblichen Ausdruck an. » Ihr Joyaner und Orevalleños seht alle gleich aus mit eurer dreckigen Haut und dem dunklen Haar und den Faulholzaugen. Ihr seid wie schwarze Ratten, die über den Sand laufen. Aber wir Inviernos sind ein buntes Volk und so zahlreich wie die Sterne am Himmel. Es ist schwer, unter uns welche zu finden, die euch genug ähneln, damit ihr nichts merkt, aber es ist uns gelungen. Sie ähneln euch genug, dass es zum Spitzeln reicht.«
» Ihr behauptet, mein treuer Untertan zu sein, und doch sprecht Ihr so, als würdet Ihr mein Volk verachten.« Ich sollte zorniger sein, aber ich muss zugeben, dass es mich fasziniert, wie sehr er jeglichen Anstand missachtet.
» Ihr seid ein verachtenswertes Volk. Ich bin treu und ergeben, weil mir nichts anderes übrig bleibt, nicht aus Zuneigung.«
Wie seltsam, dass er nicht einmal den geringsten Versuch unternimmt, mir zu schmeicheln. » Es ist schwer vorstellbar, dass Ihr am Hof meines Gatten keine nennenswerten Verhandlungserfolge hattet, so charmant, wie Ihr seid.«
Er nickt wissend. » Das ist dieser Sarkasmus, den ihr so liebt. Ihr sagt etwas und meint dabei etwas ganz anderes. Inviernos schätzen die Ehrlichkeit zu sehr, um so etwas zu tun, in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes.«
Ich habe weder die Zeit noch die Kraft für eine religiöse Grundsatzdebatte, deswegen gehe ich darauf nicht ein. » Der Animagus, der sich selbst verbrannt hat… davon habt Ihr doch sicher gehört?«
Er nickt. » Jeder im Umkreis von zwei Wochenreisen hat inzwischen davon erfahren.«
» Kanntet Ihr ihn? Wusstet Ihr, dass so etwas geschehen würde?«
» Nein und nein. Es hat mich allerdings nicht überrascht. Die Animagi mögen solche Demonstrationen.«
» Seid Ihr derjenige, der versucht hat, mich zu töten?«
Er zuckt nicht einmal zusammen. » Nein.«
» Wenn Euer Leben doch in so großer Gefahr ist, wieso seid Ihr trotzdem meinem Ruf gefolgt?«
Seine Lippen verziehen sich wieder zu diesem grausamen Lächeln. » Ich bin gekommen, um Euch zu warnen, meine Königin. Mein Eindruck war, dass eine solche Warnung eher ernst genommen würde, wenn sie von mir käme und nicht von einem ungebildeten, verarmten Einwohner des Sumpfviertels.«
Da hat er vermutlich recht. » Und wovor wollt Ihr mich warnen?«
» Ihr seid in großer Gefahr, Euer Majestät. Ich habe die Zeichen gesehen, und ich weiß, dass Invierne einen neuerlichen Vorstoß unternehmen wird. Schon bald. Aber dieses Mal wird es kein Heer geben, gegen das Ihr Euch verteidigen könnt. Dieses Mal werden sie über Euch kommen wie Geister in der Nacht, und Ihr werdet die Gefahr nicht erkennen, bevor es zu spät ist.«
Der Animagus hat etwas Ähnliches von sich gegeben. Ich schlucke die Panik hinunter, die in meiner Kehle aufsteigt. » Warum? Warum warnt Ihr mich?«
» Mir gefällt mein Leben. Mein geheimes Dorf macht mit dem Treibgut aus dem Fluss gute Geschäfte. Die Menschen, die ich anführe, sind dumm und dreckig, aber sie bringen mir Respekt entgegen, verehren mich sogar. All meine Bedürfnisse werden erfüllt. Mir wäre es am liebsten, wenn die Dinge blieben, wie sie sind, und ich weiß, dass die Stadt Brisadulce die größten Chancen auf Stabilität hat, wenn Ihr an der Macht bleibt und über die Gefahr aus Invierne Bescheid wisst.«
Hector beugt sich vor, die Nasenflügel gebläht, das Gesicht hart. Noch nie habe ich ihn so zornig gesehen. » Die Inviernos werden feststellen, dass es sehr schwer ist, Elisa zu töten«, erklärt er und lässt den Dolch mit einer geschickten Bewegung von Fingern und Handgelenk in der Luft tanzen.
Sturm lacht, und es klingt so brüchig wie berstendes Glas. » Habe ich davon gesprochen, dass man sie töten will? Ich glaube nicht. In Invierne möchte man Euch unbedingt lebendig haben. Obwohl ich Euch versichern kann, wenn einer von Inviernes
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