Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuertaufe

Die Feuertaufe

Titel: Die Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
bin ganz steif vor Kälte!«
    Leutnant Hope, der Verantwortliche für den Fockmast, schrie: »Entern Sie mit Ihren Leuten auf, Mr. Bolitho! Und mindestens zwei Minuten schneller als letztes Mal!«
    Eine Pfeife schrillte, und es ging wieder los. Die leichtfüßigen Toppmatrosen preschten um die Wette die Webeleinen hoch; die Neuen, weniger Wagemutigen mußten von den Flüchen und nicht selten auch von den Stockschlägen der Deckoffiziere hinaufgejagt werden. Und über all dem Lärm ertönte Verlings Stimme, verzerrt und kaum noch menschenähnlich, die jeden einzelnen kontrollierte und steuerte.
    »Noch mal an die Luvbrassen! Mr. Tergorren, in Ihrer Division ist ein Mann, der bummelt! Wo, zum Teufel, haben Sie Ihre Augen? Noch zwei Mann an die Kreuzbrassen!« Unablässig schallte seine Stimme über das Deck.
    Hinauf an diesen rauhen, schwankenden Webeleinen und um die Püttingswanten herum, und dann hingen sie da oben über die Breite des Schiffsrumpfes hinaus, unter sich die schäumende See, und klammerten sich fest mit Fingern und Zehen, damit sie nicht abstürzten. Dann atemlos weiter zum Vortopp, wo andere Männer schon höherenterten, und noch höher, bis zur Marssegelrahe. Auf allen Rahen schwärmten sie aus, affengleich, bearbeiteten mit Nägeln und Fäusten die dicke, steifgefrorene Leinwand, um noch ein Reff zu stecken; und dabei tat jeder windgefüllte Segelbauch sein Bestes, um die Männer von ihrem luftigen Standplatz zu schleudern und in die See zu fegen. Tränen der Wut und Verzweiflung hatten sie in den Augen, und sie fluchten gräßlich, wenn das rauhe Tuch der Sturmsegel ihnen die Fingernägel abriß, und stießen ihre verängstigten Kameraden beiseite, die sich an ihnen festklammern wollten.
    Bolitho hielt sich an einer Pardune und beobachtete, was sich in den anderen Masten abspielte. Es war fast geschafft, und das Schiff reagierte bereits auf den verminderten Druck der Segel. Weit unten, zwergenhaft in der Verkürzung, sah er die Deckoffiziere und die Matrosen des Achterdecks, welche die Fallen und Brassen festzurrten. Immer noch stand der Kapitän an Luv und beobachtete prüfend die Rahen. War er besorgt? fragte sich Bolitho. Bestimmt sah man es ihm nicht an.
    »Belegen, Mr. Hope!« brüllte Verling. »Da sind anscheinend ein paar Krüppel in Ihrer Division! Sie sollten heute vormittag mal Extra-Segelausbildung ansetzen!«
    Bolitho und Dancer rutschten an einem Backstag an Deck, wo Mr. Hope vor Wut kochte. »Diese gottverdammte Bande mache ich fertig!« knurrte er. Mit einem Blick auf die beiden fuhr er etwas ruhiger fort: »Und euch zwei auch, wenn ihr die Leute nicht schärfer antreibt!«
    Dann ging er nach achtern, und Bolitho sagte: »Er ist gar nicht so schlimm, wie er tut. Komm, Martyn, wollen mal sehen, was der junge Starr uns zum Frühstück aufgehoben hat. Sinnlos, jetzt noch mal in die Hängematte zu klettern. Es wird doch gleich wieder ›Alle Mann‹ gepfiffen.«
    Als sie atemlos in die feuchte, aber wenigstens sichere Midshipmen-Messe stürzten, erwartete sie dort ein dürrer, gravitätisch blickender Mann im einfachen blauen Rock. Bolitho wußte bereits, daß es Henry Scroggs, der Kapitänsschreiber, war. Er hatte sein Logis nebenan bei der Steuermannsmaaten.
    »Bolitho?« fragte Scroggs kurzangebunden. Eine Antwort wartete er nicht erst ab. »Melden Sie sich beim Kapitän. Mr. Marrack hat sich den Arm verletzt, und Mr. Grenfell ist auf Frühwache.« Unbewegten Gesichts wartete er ein paar Sekunden und blaffte dann: »Na los, hopp-hopp, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist!«
    Bolitho starrte ihn verwirrt an; ihm fiel ein, was Marrack über saubere Hemden gesagt hatte, und er wußte, wie unordentlich er gerade jetzt aussah.
    »Komm, ich helfe dir beim Umziehen«, sagte Dancer.
    »Keine Zeit!« fuhr der Schreiber dazwischen. »Nach Grenfell und Marrack sind Sie der Dienstälteste. Der Kapitän ist sehr scharf in solchen Dingen.« Er schwankte etwas, als das Schiff langsam überholte und eine kochende See auf das Oberdeck flutete. »Etwas Beeilung, rate ich Ihnen!«
    Bolitho griff nach seinem Hut und sagte beklommen: »Also schön.« Dann duckte er sich unter die Decksbalken und machte sich auf den Weg.
    Schwer atmend stand Bolitho vor einer weißgestrichenen Tür in der Kampanje. Im Vergleich zu den überfüllten Zwischendecksquartieren, in die sich soeben massenweise und polternd die schattenhaften Gestalten der Matrosen ergossen, die von der Arbeit in den Rahen zurückkamen, fand er es hier

Weitere Kostenlose Bücher