Die Feuertaufe
nein, sogar wenn ich auch nur vermute, dass Sie an der Leine zerren wollen –, dann leere ich dieses kleine Fläschchen ins nächstgelegene Waschbecken und schaue Ihnen dabei zu, wie Sie sterben.«
»Verstanden«, sagte Charles. Erstaunlicherweise war seine Kehle jetzt nicht mehr so trocken wie noch vor einer Minute, trotz Merciers Drohung. »Aber darum brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen. Ich habe einhundert Millionen Gründe, dafür zu sorgen, dass alles genau so läuft wie geplant.«
Merciers Mundwinkel zuckten. »Ja, die einhundert Millionen solarischer Credits, die Sie Bürger Minister Saint-Just abgeschwatzt haben.«
»Und das missbilligen Sie?«
»Die Abmachungen, die Bürger Minister Saint-Just trifft, sind ganz alleine seine Sache«, erwiderte Mercier steif. »Ich hingegen hätte gedacht, Sie am Leben zu lassen, reiche als Bezahlung bei weitem aus. Vor allem angesichts dessen, was Sie die Volksrepublik bereits gekostet haben.«
»Das hier wird das mehr als ausgleichen«, versprach Charles. »Vertrauen Sie mir!«
Eisig lächelte Mercier. »Aber natürlich. Noch etwas.«
Er stand auf und trat dicht an das Bett heran. Sein Lächeln verschwand. Seine Augen waren finster und grausam, als er nun auf Charles hinunterblickte. »Das ist das letzte Mal, dass Sie mich in Uniform sehen«, sagte er. »Ab jetzt werde ich ausschließlich Zivilkleidung tragen, und für Sie bin ich von nun an ›Bürger Mercier‹. Aber …« – mit einer Fingerspitze tippte er auf sein Colonels-Rangabzeichen – »… das hier wird immer bei mir sein, auch wenn Sie es gerade nicht sehen können. An Bord der Ellipsis werde ich die Befehlsgewalt innehaben, sowohl über Sie selbst wie auch über die gesamte Mission.«
»Verstanden«, bestätigte Charles ruhig. »Übrigens, wir müssen noch an einem Schließfach im Süden der Stadt vorbei, bevor wir aufbrechen … wohin auch immer, ich weiß ja nicht, wo die Ellipsis derzeit untergebracht ist. Darin befinden sich einige Gerätschaften, die ich unbedingt holen muss, wenn das hier funktionieren soll.«
Kurz blickte Mercier ihn nur schweigend an. Schließlich entschied er: »Kein Problem«, und trat sichtlich widerstrebend einen Schritt zurück. »Ihre Kleidung befindet sich in diesem Spind dort. Ziehen Sie sich an!«
Noch nie zuvor war Charles an Bord eines Schweren Manty-Kreuzers der Star-Knight -Klasse gewesen. Er hatte noch nicht einmal dicht danebengestanden, doch schon reichlich Bilder und HD-Material davon gesehen, Innen- und Außenaufnahmen gleichermaßen.
Gleiches galt offenkundig auch für Saint-Justs Leute. Soweit Charles das beurteilen konnte, war die Ellipsis perfekt.
»Ich bin beeindruckt«, merkte er Mercier zugewandt an, als der Kommandant des Schiffes sie auf die Brücke führte. »Ich gratuliere, Bürger Captain Tyler. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, wir befänden uns an Bord eines Manty-Schiffes.«
»Sie waren also schon einmal an Bord von Manty-Schiffen, ja?«, fragte Tyler und blickte Charles mit zusammengekniffenen Augenbrauen misstrauisch an. Erst jetzt fiel Charles auf, wie ungewöhnlich dünn die Brauen des Bürger-Captains waren.
»Nein nein, das dann doch nicht«, versicherte ihm Charles und nahm sich fest vor, auf derlei Bemerkungen in Zukunft zu verzichten. Dieser Captain Tyler war ein wahrer Gläubiger, ein Eiferer der fanatischsten Sorte.
Andererseits hatten sämtliche Besatzungsmitglieder der Ellipsis das gleiche unerbittliche Funkeln in ihren Augen.
Eigentlich war das kaum überraschend. Saint-Just hätte wohl kaum andere Personen als wahre Gläubige für etwas ausgewählt, das effektiv ein Selbstmordkommando war.
»Bürger Navarres Tätigkeiten in der Vergangenheit gehen Sie nicht das Geringste an«, meldete sich Mercier zu Wort. Sein Tonfall verriet den gleichen Eifer wie den, den Tyler an den Tag legte. Zugleich jedoch legte er Charles damit eindringlich nahe, auf dieses Thema nicht weiter einzugehen. »Haben Sie unsere Kajüten wie angewiesen vorbereitet?«
»Man hat Ihnen nebeneinanderliegende Offizierskabinen in der Nähe der Brücke zugewiesen«, gab Tyler zurück. Er warf Charles einen letzten skeptischen Blick zu. Dieser Blick verhieß, dass er zwar jeglichen Befehlen Folge leisten würde, er aber ranghoch genug war, um das zu einem ihm genehmen Zeitpunkt zu tun – und in einer Art und Weise, wie es ihm beliebte.
Ein Großteil der Havie-Kommunikation heutzutage , sinnierte Charles, scheint wortlos
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