Die Feuertaufe

Andermanischen Kaiserreichs einen schweren Treffer beizubringen. Na gut! Dann mussten die Mantys das eben für ihn erledigen.
    »Übertragung vorbereitet«, meldete der Signaloffizier.
    »Stellen Sie sicher, dass Sie die Weitwinkelaufzeichnung aktiviert haben«, ermahnte ihn Tyler erneut. Darauf hatte Navarre bestanden. Er ging davon aus, dass der Forderung dadurch deutlich mehr Nachdruck verliehen würde. Die Kaiserlichen mussten einen Manty-Offizier auf einer Manty-Brücke sehen, den typischen Manty-Stil bei der Formulierung des Befehls erkennen, und sie mussten auch bemerken, dass sich eine ganze Reihe Mantys in den aktuellen Uniformen auf der Brücke dieses Schiffes befanden. Nur dann wären sie wirklich davon zu überzeugen, dass einzig und alleine Mantys für diesen Angriff verantwortlich waren.
    »Weitwinkelaufzeichnung, aye«, kam die Bestätigung.
    Wieder lächelte Tyler. Royalisten gegen Kaiserliche … und wenn es vorbei war, würde die Volksrepublik schon bereitstehen, um die Überreste zusammenzuklauben und den Unterdrückten beider Nationen die Freiheit zu schenken. Tyler bedauerte nur, dass er es nicht mehr persönlich erleben würde.
    Dann verkniff er sich das Lächeln, setzte stattdessen die dunkle, grimmige Royalistenmiene auf und legte den Schalter um. »Hier spricht Captain William Grantley von RMN Charger «, verkündete er. »KAW Derfflinger , Sie befinden sich auf Territorium, auf das das Sternenkönigreich von Manticore Anspruch erhebt. Ziehen Sie sich umgehend zurück, oder erdulden Sie die Folgen!«
    »… oder erdulden Sie die Folgen!«
    Ungläubig starrte Weiss den Combildschirm an. Vor Entsetzen hatte sich sein Magen zusammengekrampft, und sein Verstand versuchte immer noch, das zu begreifen, was ihm Ohren und Augen meldeten.
    Aber er schaffte es nicht. Selbst nach den Ereignissen vor Mischas Stern, selbst nach dieser beiläufigen Verletzung der Grenze des Kaiserreiches, selbst nach der Zerstörung kaiserlichen Eigentums im Zuge jenes Angriffes, ging dieses Ultimatum über alles hinaus, was Weiss zu begreifen imstande war.
    Denn er kannte die Mantys. Er kannte sie sogar gut. Viele von ihnen hatte er persönlich kennengelernt, Soldaten ebenso wie Politiker – seinerzeit, vor Ausbruch dieses Krieges. Er hatte sich mit ihnen unterhalten, er hatte zusammen mit ihnen gespeist, er hatte gemeinsam mit ihnen gesellschaftliche Ereignisse besucht. Einige von ihnen waren wahrhaftige Genies, andere waren einfach nur durchaus kompetent, wieder andere waren echte Narren, die ihren beachtlichen Posten zweifellos nur dem Namen ihrer Familie und dem damit einhergehenden politischen Einfluss verdankten.
    Doch bei keinem von allen Mantys, die Weiss jemals kennenlernen durfte, hatte er diese arrogante Überheblichkeit, diese galaxisweite Überlegenheit, dieses falsche Lächeln, diese Hinterhältigkeit erlebt, wie er sie bei havenitischen Politikern nur allzu oft gesehen hatte. Das Sternenkönigreich von Manticore war eine stolze Sternnation, ganz ohne Zweifel, und nur allzu oft verschwammen die Grenzen zwischen Stolz und unangenehmer Überheblichkeit.
    Aber Überheblichkeit war noch einmal etwas ganz anderes als eine gezielte Invasion, ein willentlicher kriegerischer Akt.
    Andererseits konnte auch Weiss nicht die Beweise ignorieren, die er doch mit eigenen Augen zu Gesicht bekommen hatte. Alles war dort, deutlich erkennbar. Er hatte selbst schon zahlreiche Manty-Schiffe betreten, auch wenn das den Mantys wahrscheinlich nicht bewusst gewesen war. Und die Brücke, auf der sich dieser Captain Grantley befand, gehörte ganz zweifellos zu einem Schweren Kreuzer der Star-Knight -Klasse.
    »RMN Charger , Sie befinden sich widerrechtlich auf Territorium des Andermanischen Kaiserreichs«, antwortete Ravenheim nun. Das Blut rauschte Weiss so sehr in den Ohren, dass er die Worte des Großadmirals kaum verstand. »Aus diesem Grund werden Sie jetzt ihren Keil streichen und umgehend kapitulieren.«
    »Das denke ich nicht, Herr Großadmiral «, versetzte Grantley. »Sie können mein Schiff natürlich zerstören, wenn Sie das wünschen, aber das wird die Tatsachen nicht ändern.«
    »Und was für Tatsachen meinen Sie genau?«, fragte Ravenheim.
    Weiss legte die Stirn in Falten, riss den Blick von Grantleys Abbild los und schaute Ravenheim an. Gerade eben war in der Stimme des Großadmirals etwas unbestreitbar Sonderbares mitgeschwungen.
    Die Falten auf Weiss’ Stirn vertieften sich noch. Es ging hier nicht nur um