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Die Fieberkurve

Die Fieberkurve

Titel: Die Fieberkurve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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des Sanitäters Collani zu verschaffen. Dann ist Collani tot und der Geologe hat in der Fremdenlegion Dienst genommen. Oder: Der Geologe hat im Fleberdelirium dem Sanitäter Collani seine Geschichte erzählt und ihm die Fieberkurve übergeben, die Fieberkurve, die den Platz der vergrabenen Kassette angeben soll. In diesem Fall gibt es wieder zwei Möglichkeiten: Collani ist der Testamentsvollstrecker des Geologen Koller-Cleman, des Mörders und Besitzers von Petroleumquellen, oder Koller-Cleman lebt noch und dann ist er...«
    »Der Mönch!«
    »Der Mönch, der Pater. Ganz richtig, Frau.«
    Frau Studer stand auf, ging zu ihrem Nähtischli am Fenster, warf dort den Inhalt durcheinander und kam zum Tisch zurück. In der Hand hielt sie einen Bogen Papier und einen Bleistift. Sie legte beides nieder, schritt zum Büchergestell in einer Ecke des Zimmers und holte sich dort ein paar Illustrierte. Dann setzte sie sich wieder.
    Studer fuhr fort.
    »Collani ist wirklich Collani, das heißt ein ehemaliger Sanitäter. Das wäre die erste Möglichkeit. Ihm ist aufgetragen worden, fünfzehn Jahre zu warten. Warum fünfzehn Jahre?
    Weil nach fünfzehn Jahren Verjährung eintritt. Cleman-Koller hat ganz sicher gehen wollen. Der Mord an der Ulrike Neumann – wenn es wirklich ein Mord war, wir sind nur auf Vermutungen angewiesen – ist 1903 passiert. Vielleicht meint er, nach dreißig Jahren könne man ihm gar nichts mehr anhaben. Denn, wohlgemerkt, er ist ein Geologe und kein Jurist. Wenn er für tot gilt, kann er versichert sein, daß sein Vermögen endlich seiner Tochter zugute kommt. Denn seine Tochter hat er lieb gehabt. Und nach dreißig Jahren kann die Sophie, die von seinem Morde weiß und von seiner Vergangenheit, nichts mehr tun. Nehmen wir diese Möglichkeit an – immer vorausgesetzt, daß der Mönch mir keine Märli erzählt hat –, dann ist Koller-Cleman tot. Aber der Tote hat einen Mitwisser hinterlassen, den andern Koller, der den gleichen Rufnamen hat wie ich, den Jakob Koller, seinen Sekretär. Der weiß etwas von dem Schatz, von den Landkäufen. Dieser Koller verschwindet im September aus Paris, und ein paar Tage später taucht ein Fremder in Géryville auf, einem verlassenen algerischen Dörflein. Warum ist der Fremde dorthin gefahren? – Um den Collani zu sprechen. Und Collani, der Hellseherkorporal, verschwindet. Die beiden machen sich auf die Suche nach der Fieberkurve. Collani hat sie nach Basel geschickt. Also fahren sie nach Basel. Und eine alte Frau stirbt. Aber sie finden die Fieberkurve nicht. Die Fieberkurve wird von einem Fahnderwachtmeister gefunden, der in dem Rufe steht, zu spinnen. Was tun die beiden? Sie mieten einen Buick und fahren nach Bern. Vielleicht hat die Josepha die Fieberkurve ihrer Schwester geschickt? Auch das ist bekannt: wenn von zwei Schwestern die eine böse ist, die andere gutmütig, so wird die Gutmütige immer von der Bösen tyrannisiert werden. In Bern geschieht das gleiche wie in Basel...
    Aber es sind ein paar Dinge, die ich mir noch nicht erklären kann: Warum sind die beiden Morde, wenn es sich um solche handelt, so kompliziert ausgeführt worden? Warum find' ich jedesmal ein ausgelegtes Kartenspiel mit dem Schaufelbauer in der Ecke oben links? Warum wäscht der Pater die Tasse mit dem Somnifen-Satz aus? Und vor allem: Wieso kommt der erste Daumenabdruck der Sammlung Rosenzweig auf die Tasse? Ein Daumenabdruck mit einer Narbe? Und der Daumen des Paters ist glatt?
    Du wirst mir einwenden, Fraueli«, dabei dachte Frau Studer keinen Augenblick daran, irgend etwas einzuwenden, »du wirst mir einwenden, daß zu der Zeit, da der Altfürsprech Rosenzweig auf einem Glas in Freiburg einen Daumenabdruck photographiert hat, es mit der Technik der Daktyloskopie nicht weit her war... Ja. Aber eine Narbe bleibt eine Narbe. Und der Daumen des Mönchs hatte gar keine Ähnlichkeit mit der Aufnahme des Rosenzweig und auch keine mit dem Abdruck auf der Tasse. .
    Also?... Man müßte an Ort und Stelle nachforschen. Bis jetzt hab' ich nur Geschichten gehört, Märli; der Mönch kann zuverlässig sein – aber wer garantiert mir, daß der Mönch nicht doch der Cleman-Koller ist? Dich stört der Daumenabdruck, Hedy.« Frau Studer schüttelte den Kopf. Sie malte Buchstaben auf das weiße Papier und diktierte sich selbst:
    »E, M, O, Q, H, Z, T...«
    »Wa machscht, Hedy?« fragte Studer. Die Frau winkte ungeduldig ab. Da stand der Wachtmeister auf und trat an den Tisch. Er beugte sich über die

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