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Die Fieberkurve

Die Fieberkurve

Titel: Die Fieberkurve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Bern stop Collani Giovanni engagiert 20 Casablanca stop Ausbildung Bel-Abbès stop Spitaldienst Saida 21 bis 23 stop 24 Korporal 25 Sergeant stop kassiert 28 wegen unerlaubtem Fernbleiben von 5 Tagen stop 28 Korporal stop 29 Fourier Géryville stop meldet sich August 32 freiwillig nach Gurama-Marokko zu berittener Compagnie desertiert 28 September 32 stop Fehlen jeglicher Spur.
    Madelin.«
    »Fehlen jeglicher Spur«, wiederholte Studer und blickte seine Frau an. »Und der Pater hat behauptet, er habe den Collani hier in Bern gesehen, zusammen mit der Marie Cleman, in einem Auto, das die Nummer trug BS 3437– Und das Auto war ein Buick, gehörend der Agence Américaine in Basel, allwo es ein Mann gemietet hatte...«
    Frau Studer hielt sich die Ohren zu.
    »Hör auf!« rief sie. »Du machst einen ganz sturm!«
    Aber unerbittlich fuhr Studer fort, als sage er Auswendiggelerntes auf:
    »Ein Mann gemietet hatte, von gelber Gesichtsfarbe, ein Wollschal bedeckte den unteren Teil des Gesichtes. Das Auto wartete vor dem Haus Gerechtigkeitsgasse 44 – Aussage Rüfenacht Ernscht – und bei dem Auto hielt ein Mann Wache, der groß war... Nun hat mir Madelin heut am Telephon mitgeteilt, der verschwundene Börsenmakler Koller Jakob, der Mann, der die Marie nach Paris mitgenommen hat, sei 1,89 hoch. 1,89 – das ist hochgewachsen, nid, Hedy?«
    »Wowoll!«
    »Vielleicht...« sagte Studer und kratzte sich an der Stirne. »Vielleicht war es der Koller Jakob, der mich in Basel am Telephon ausgelacht hat... Aber welche Rolle spielt das Meitschi? Denn weischt, Hedy, die Marie, die paßt eigentlich gar nicht in den ganzen Fall! Ich glaub' halt immer, sie ist mit dem Koller verheiratet... Oder vielleicht ist der Koller ein entfernter Verwandter? Sie hat mit ihm zusammen in der gleichen Wohnung in Paris gelebt... Was ist dabei?... Die Marie nämlich isch es suubers Meitschi, du kannst sagen, was du willst... Es suubers Meitschi!« bekräftigte Studer.
    Er schwieg. Frau Studer saß wieder an ihrem Platz unter der Lampe, sie hielt den Kopf gesenkt. So konnte der Wachtmeister das kleine Lächeln nicht sehen, das in ihren Mundwinkeln aufblühte.
    »Wenn das Meitschi mit dem Koller zusammengelebt hat, mit dem Koller Jakob, mein' ich, so hat die Marie einen stichhaltigen Grund gehabt. Denn wenn sie auch raucht, die Marie, so will das gar nichts sagen! Du rauchst auch manchmal, Hedy!...« endete er und es klang wie ein Angriff: er senkte die Stimme nicht, sondern hielt sie in der Schwebe, so, als erwarte er einen Widerspruch.
    Aber es kam kein Widerspruch, nur eine sanfte Antwort. Frau Studer erkundigte sich, ob der Wachtmeister etwa traurig sei, daß er seinen Schatz am Telephon nicht erwischt habe?
    »Chabis!« sagte Studer. Doch konnte er es nicht verhindern, daß ihm das Blut in die Wangen stieg. Er stand da, die großen Hände in den winzigen Taschen seines Pyjamakittels, schaukelte sich auf den Fußballen, und die Brissago stach kriegerisch zur Decke. »Ich als Großvater!«
    Ein merkwürdiges Geräusch kam vom Tisch her. Und Studer sah mit Erstaunen, daß die Schultern seiner Frau zitterten. Da wurde er ängstlich. Ging die Sache dem Hedy so zu Herzen? Weinte sie etwa, weil sie fühlte, daß der Mann weit fortgehen wollte, weit, sehr weit fort, um sich Gefahren auszusetzten, die... Studer trat an den Tisch, seine Hand legte sich auf die bebenden Schultern. Und tröstend meinte er, es sei da keine Ursache, traurig zu sein. Millionen! sagte er. Millionen stünden auf dem Spiel. Und Marie dürfe man nicht allein lassen.
    Da hob Frau Studer den Kopf und ärgerlich stellte der Wachtmeister fest, daß das Hedy schon wieder lachte. So hemmungslos lachte sie, daß sie nur mühsam die Worte formen konnte, die den Wachtmeister wie Ohrfeigen trafen.
    »O Köbu!« rief sie und fand kaum den Atem wieder. »Du bi scht ja so dumm!«
    Sie wickelte die weiße Babyhose in Seidenpapier. Und immer noch zuckten ihre Schultern, während sie sachlich erklärte:
    »Also, du willst den Collani suchen und feststellen, ob der Hellseherkorporal der Geologe Cleman-Koller ist... Nid?... Du hoffst, bei der gleichen Gelegenheit die Marie wiederzufinden – aber erst, nachdem du die Millionen entdeckt hast? Du weißt ja jetzt, wo sie liegen. SSO Gurama Korkeiche, Mann, Felsen rot. Und ich will dir noch etwas verraten. Zwei Kilometer von Gurama entfernt, in südsüdöstlicher Richtung, liegt der Schatz... Item. Und du hast deswegen Audienz beim Alten verlangt. Gell?

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