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Die fiese Meerjungfrau

Die fiese Meerjungfrau

Titel: Die fiese Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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Menschenschiff hatte Anzeichen für einen kürzlich durchstandenen Kampf aufgewiesen. Höchstwahrscheinlich war er auch tot. Die Vorstellung ließ neue Tränen fließen.
    »Ich werde Morveren für dich aufhalten, meine Königin«, sagte Nilliar. »Lass mich einen neuen Angriff gegen die Menschen führen! Ihr Ruder ist unbrauchbar; wir können in kleinen Gruppen angreifen, sodass ihre Explosionen immer nur wenige auf einmal verletzen.«
    »Ich sollte den Angriff anführen«, sagte Lirea. »Ich kann doch nicht -«
    »Der Stamm braucht dich. Wir dürfen deine Sicherheit nicht noch einmal aufs Spiel setzen.« Sanft schob Nilliar Lirea fort, eine Freiheit, die sich keine andere Undine zu nehmen gewagt hätte. Aber Nilliar war ihre Speerträgerin und überdies seit vielen Jahren Lireas Freundin. »Geh, meine Königin! Kehre zurück zu den Laichgründen und ruhe dich aus. Erlaube deiner Speerträgerin, an deiner statt zu kämpfen, und ich verspreche, der Bedrohung durch Morveren ein Ende zu bereiten.«
    Langsam nickte Lirea. Sie sah zu, wie Nilliar fünfzehn Krieger und Kriegerinnen auswählte, um sie zu begleiten, und sich die Waffen der übrigen Undinen geben ließ. Dann schwammen sie fort, auf den Lippen ein Siegeslied.
    Noch lange, nachdem dieses Lied verklungen war, konnte Lirea Morverens Gelächter in den Wellen hören.
*
    Ein stechender Schmerz riss Schnee aus dem Schlaf. Langsam setzte sie sich auf und fasste sich mit einer Hand an die hintere Kopfhaut: Trockenes Blut verkrustete ihre Haare und hinterließ dunkle Flecken auf ihren Fingerspitzen. Eine blutige Bandage war von der Wunde gerutscht und hatte sich in ihrem Haar verfangen; sie zog sie heraus.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte Talia.
    »Als hätte ich zu viel Koboldbier getrunken.« Sie sah sich um. Wo ... Ach ja, die Kajüte auf der Phillipa. Von der Bewegung wurde ihr übel, und auf einmal kam eine zweite Talia hinter der ersten zum Vorschein. Schnee blinzelte und versuchte, die Phantom-Talia in das Original zurückzudrängen.
    Danielle war auch da - vielmehr zwei Danielles. Sie saßen auf verschwommenen Betten und beobachteten Schnee wie eine Mutter, die sich bereithält, die Hand auszustrecken und ihr Baby aufzufangen.
    »Was ist los?«, fragte Danielle.
    »Nichts.« Schnee sah die Welt immer noch doppelt, aber wenn sie die Augen halb geschlossen hielt, waren die Auswirkungen nicht ganz so schlimm.
    »Erinnerst du dich daran, was geschehen ist?« Talias Stimme war trügerisch ruhig.
    Schnee schüttelte den Kopf, aber das machte es nur schlimmer. Sie wusste noch, dass sie an der Mauer von Lireas Turm hochgeklettert war - danach war nur noch Schwärze.
    Ihre Hände waren zerkratzt und wund. Jemand hatte sie in ein ziemlich schlichtes Hemd und eine ebensolche Hose gesteckt, und ihre Haare rochen nach Salzwasser.
    Sie musste sich den Kopf gestoßen haben. Gedächtnisverlust war normal bei einem solchen Schlag, ebenso Sehschwierigkeiten. So viel wusste Schnee, aber es war eine Sache, über die Symptome zu lesen - etwas ganz anderes war es, sie am eigenen Leib zu erfahren. Sie runzelte die Stirn und schnupperte noch einmal an ihren Haaren. »Habe ich mich übergeben?«
    »Zweimal«, bestätigte Danielle. »Einmal auf dem Rückweg zum Schiff und dann noch mal in der Kajüte, als Morveren anfing zu singen.«
    »Morveren ...« Das stimmte. Schnee erinnerte sich an Morverens Lied, den Zauber, der sich über das Schiff gesenkt und sie niedergedrückt hatte. Sie hatte versucht, gegen diesen Zauber anzukämpfen, aber die Anstrengung war zu viel gewesen. Sie sah auf ihr Betttuch herunter.
    »Ich habe es für dich gewechselt«, sagte Danielle.
    »Danke.« Sie wollte noch mehr sagen, aber eine schwache, summende Empfindung zog ihre Aufmerksamkeit auf das Messer an Talias Gürtel. »Du hast es!«
    Talia nickte. »Lirea ist entkommen, aber das Messer haben wir.«
    »Darf ich?« Schnee streckte die Hand aus.
    Talia zögerte, gab ihr aber das Messer. Kaum hatte Schnee das Heft berührt, spürte sie die Spannung in den Zaubern. Die Haare, die um den Griff gewickelt waren, waren so stramm wie die Seile an den Segeln, wenn der Wind stürmisch blies.
    Diese Zauber zu brechen dürfte nicht so schwer sein: die Haare abschneiden, und schon würde das ganze Ding zerbröseln. Bedauerlicherweise konnte man nicht wissen, welche Folgen das für die im Innern eingesperrten Seelen haben würde. Wenn Seile, die so straff gespannt waren, schließlich rissen, dann oft mit tödlicher

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