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Die fiese Meerjungfrau

Die fiese Meerjungfrau

Titel: Die fiese Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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war Schnee, die mich fand, als ich zum ersten Mal nach Lorindar kam. Sie und Beatrice. Ich hatte mich als blinder Passagier auf einem Frachtschiff versteckt. Die Grüne Ogerin, glaube ich. Ich stemmte den Deckel von einer Kiste Wolkenseide und rollte mich tagsüber darin zusammen; lauschte jeder Stimme, jedem Schritt. Im Frachtraum herrschte tiefste Finsternis, und die meiste Zeit über waren meine einzige Gesellschaft die Ratten, die ich über den Boden huschen hörte. Jede Nacht schlich ich mich heraus, um Essen zu stehlen und den Stand der Sterne zu überprüfen, um mich zu vergewissern, dass wir nicht umgekehrt waren.«
    Danielle versuchte, sich auszumalen, wie viel Angst Talia gehabt haben musste. Nach hundert Jahren aufzuwachen: Freunde und Familie längst gestorben, das Zuhause überwuchert und im Verfall begriffen, das Land von einem anderen regiert. Sie war keine Prinzessin, nur eine magische Kuriosität aus einem anderen Zeitalter, und der, der ihr geholfen hatte, wach zu werden, hatte sie gleichzeitig gemein benutzt.
    »Ich wollte wieder schlafen, selbst wenn das bedeutet hätte, dass ich nie wieder aufwachen würde.«
    Danielle biss sich auf die Lippen: Talia wüsste Mitleid nicht zu schätzen. Danielle bezweifelte, dass sie, wäre der Raum nicht so schlecht beleuchtet gewesen, überhaupt von diesen Zeiten gesprochen hätte.
    »Beatrice und Schnee kamen zu den Piers. Bea wusste, dass ich dort war. Sie konnte schon immer spüren, wenn jemand ihre Hilfe brauchte. Genau wie bei Lannadae.« Talia nahm einen schnellen Schluck aus der Flasche. »Ihre Wachen gingen zuerst an Bord und durchsuchten den Frachtraum, bis sie mich fanden. Sie stemmten die Kiste auf und zerrten mich heraus. Ich war zu steif und zu wund, um mich zu wehren, aber ich versuchte es trotzdem. Ich schlug einen nieder und renkte einem anderen den Daumen aus, aber ich konnte ja kaum gehen, geschweige denn rennen.«
    »Wie hast du gelernt, so gut zu kämpfen?«, fragte Danielle.
    »Ich habe Arathea damals nicht sofort verlassen. Ich war ... wütend. Ich wollte mich zur Wehr setzen. Gegen die Familie, die mein Land genommen hatte, gegen die Elfen, die mir das angetan hatten, gegen alle. Ich fand Menschen, die mir helfen konnten. Ich blieb für mehr als ein Jahr bei ihnen, bis die Familie des Prinzen meinen Aufenthaltsort in Erfahrung brachte.«
    Talia nahm noch einen Schluck. »Ich entkam wieder, aber nicht, bevor ich Zeuge geworden war, wie die Männer des Prinzen vier meiner Beschützer umbrachten. Ich glaube, als ich in Lorindar ankam, hoffte ein Teil von mir, die Wachen würden mich töten und dem Ganzen ein Ende bereiten. Und dann kam Beatrice in den Frachtraum hinunter und Schnee hinter ihr.«
    Danielle konnte ein leises Lächeln in Talias Stimme hören.
    »Beatrice wird nicht wütend so wie andere Leute; weder schreit sie noch stößt sie Drohungen aus. Alles, was sie machte, war durch den Frachtraum zu gehen, wobei sie sich an Fässern und Kisten und einer stöhnenden Wache vorbeizwängte, aber wie sie diese Männer ansah ... Wenn Bea eine Hexe gewesen wäre, jede einzelne dieser Wachen wäre auf der Stelle tot umgefallen. Als sie bei mir ankam, wandte sie sich an die Wachen und sagte: ›Ich sagte euch doch, dass diese Frau unser Gast ist.‹
    Einer der Männer stammelte eine Entschuldigung und lockerte seinen Griff um meinen Arm. Ich trat dem anderen in die Weichteile und rannte geradewegs an Beatrice und Schnee vorbei, denn ich dachte, wenn ich nur raus auf den Pier käme, könnte ich vielleicht verschwinden.«
    Danielle schloss die Augen und verfolgte im Geist Talias Flucht.
    »Stattdessen drehte Beatrice sich um und sagte: ›El-sak fasiv byattu ayib?‹ ›Sieht so etwa das Benehmen eines Gastes aus?‹ Ihr Akzent war grauenhaft, aber ihr Ton erinnerte mich an meine Mutter. Ich war so bestürzt, meine eigene Sprache zu hören, dass ich aufhörte zu rennen.«
    »Was geschah dann?«, fragte Danielle.
    Talia schnaubte. »Schnee trat hinter der Königin hervor und lächelte mich an. Ich hatte noch nie jemanden wie sie gesehen ... So schön, dass ich nicht sicher war, ob sie ein Mensch oder eine Elfe war. Ich wollte gerade etwas sagen, da schlug sie mich mit einem Zauberspruch aus ihren Spiegeln nieder. Es fühlte sich an, als hätte mir jemand das ganze Schiff auf dem Schädel zertrümmert. Als ich wieder aufwachte, waren wir im Palast.
    Ich war gebadet und in anständige Kleider gesteckt worden, und vor meinem Bett stand ein ganzes

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