Die fiese Meerjungfrau
beplankten Wegen, die sich entlang der felsigen Fundamente der Klippen und hinaus aufs Wasser erstreckten. Die Königliche Marine benutzte die Hafenanlagen weiter oben im Norden, vorbei an der Straße, die sich hoch in die eigentliche Stadt schlängelte.
Die Mannschaft brasste die Segel, als der Steuermann die Glaspantoffel an den künstlichen Deichen vorbeilenkte, langen Steinhaufen, die von den Klippen aus ins Meer ragten und sich in Sturmeszeiten dessen Toben entgegenstemmten.
Vor Anker liegende Marineschiffe wimmelten von Matrosen, die Versorgungsmaterial schleppten und durch die Takelagen kletterten und ihre Schiffe klar zum Auslaufen machten.
»Was werden sie unternehmen?«, fragte Danielle. »Die Undinen könnten überall sein.«
»Nicht überall«, widersprach Schnee. »In den kommenden Wochen werden sie sich einen sicheren Ort suchen müssen, um ihre Jungen auf die Welt zu bringen. Ihre Kinder sind äußerst kälteempfindlich, also werden sie irgendwo hingehen, wo das Wasser seicht und warm ist.«
Talia lehnte sich über die Reling und spuckte aus. »Seicht und warm? Da bleibt ja nur die gesamte Küstenlinie von Lyskar, Allesandria und dem Kaiserreich der Hiladi übrig. Um die komplett abzusuchen, dürften wir nicht länger als etwa drei Jahre brauchen - vorausgesetzt, die jeweiligen Herrscher haben nichts dagegen, dass die Königliche Marine Lorindars in ihren Gewässern herumschnüffelt.«
»Wir werden sie finden«, sagte Danielle. Talia sah sie spöttisch an, machte sich aber nicht die Mühe zu widersprechen.
Die Glaspantoffel verlangsamte die Fahrt, aber ihr Bewegungsmoment trug sie auch dann noch weiter, als das letzte Segel eingerollt war. Danielle hörte, wie weiter hinten Armand das Kommando förmlich an einen der Offiziere übergab.
»Du und ich gehen als Erste von Bord«, sagte er, als er sich zu ihr gesellte. »Wir werden nicht auf den Gezeitenwechsel warten. Ich will dich wieder an Land wissen.« Er wandte sich an Talia und Schnee. »Würdet ihr beide uns dabei unterstützen, dem ... Körper meiner Mutter Geleit zu geben?«
Talia zögerte. Sie sah Danielle an, als wolle sie sich vergewissern, dass sie richtig gehört hatte. »Selbstverständlich, Euer Hoheit.«
Danielle nahm Armands Hand und drückte sie. Sie hoffte, er begriff, wie viel eine solche Bitte bedeutete. Talia versuchte, ihr Elend zu verbergen, aber es war klar, dass sie sich immer noch die Schuld an dem gab, was passiert war. Und wie sie Talia kannte, würde sie dieses Schuldgefühl weiter mit sich herumtragen, bis Beatrice wieder genesen war. Danielle dachte nicht darüber nach, was geschehen würde, falls Beatrice nicht wieder erwachte.
Ankerketten versetzten das Deck in Schwingungen, als sie ins Wasser rasselten und das Schiff in geringer Entfernung von der Küste zum Stehen brachten. Hoffman hatte die Königin bereits auf eins der Beiboote bringen lassen; sie war auf zwei gepolsterte Planken gebettet, die der Länge nach ins Boot gelegt worden waren. Danielle zuckte zusammen, als sie mit ansah, wie Hoffman Beatrice festschnallte; zuerst die Beine, dann die Taille.
Das große Beiboot zu Wasser zu lassen war eine knifflige Angelegenheit. Ein paar Matrosen hatten alles überflüssige Gewicht daraus entfernt, einschließlich der Ruder. Andere hatten die Rahen mit zusätzlichen Tauen verstärkt; jene waren nach innen gedreht, und diese liefen daran angeschlagen zum Deck herab. Armand umkreiste das Boot und überprüfte jeden Knoten noch einmal persönlich, bevor er hineinstieg. Er legte die Hände auf die Schultern seiner Mutter und nickte Danielle zu.
Dies war das größte der vier Beiboote der Glaspantoffel. Mit Talias Unterstützung kletterte Danielle hinein und setzte sich auf eine Bank neben der Königin; Talia ließ sich auf der gegenüberliegenden Seite nieder. Schnee bezog nahe des Hecks Stellung.
»Haltet euch fest«, sagte Armand, bevor er sich umdrehte und rief: »Boot aussetzen!«
Danielle hielt den Atem an, als die Taue sich strafften. Holz knarrte, Taljen quietschten, und die Rahnocken bogen sich, als das Beiboot sich schaukelnd in die Luft hob. Danielle gab sich Mühe, das Schlingern in ihrem Magen zu ignorieren; sie hätte Schnee beim Frühstück um mehr Tee bitten sollen.
»Könnten wir nicht einfach mit der Glaspantoffel im Hafen anlegen?«, fragte sie.
»Nicht ehe die Flut kommt«, antwortete Schnee. Der leichte Wind verfing sich in ihrem Haar und blies ihr schwarze Strähnen ins Gesicht. »Sie
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