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Die fiese Meerjungfrau

Die fiese Meerjungfrau

Titel: Die fiese Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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nicht gelernt, wenn Beatrice nicht so beharrlich darauf bestanden hätte. Sie erinnerte sich noch an ihre erste Unterrichtsstunde. Die genauen Worte der Königin waren gewesen: »Entweder du springst rein, oder ich hole Talia und lasse dich reinwerfen!«
    Mit angehaltenem Atem sprang sie ins Wasser. Es war kälter, als sie erwartet hatte; ihre Kleider sogen sich augenblicklich voll und zogen sie unter Wasser, aber es gelang ihr, wieder aufzutauchen. Hustend und Salzwasser ausspuckend paddelte sie den anderen hinterher.
    Schnee erklomm bereits die Seite des Felsens. Talia beugte sich herab, um Danielle aus dem Wasser zu ziehen. Danielle hielt sich mit einer Hand an einem Büschel Gras fest, während sie mit den Füßen nach Ritzen und Vorsprüngen im Stein suchte.
    Die ersten paar Griffe waren heikel, denn Moos und Wasser machten das Gestein rutschig. Als Danielle die Spitze erreichte, waren Talia und Schnee bereits dort und kauerten auf einer kleinen Lichtung zwischen Farn und Bäumen.
    Weggeworfene Gräten bedeckten den Boden neben einer tief liegenden Mulde, die mit Schlamm gefüllt war. Die Bäume waren nicht dicker als Danielles Arme, aber es gab Dutzende davon, deren Wurzeln auf der Suche nach guten Ansatzpunkten übereinanderrankten. Dazwischen und in Vertiefungen im Stein stand in Pfützen das Wasser.
    Die Wipfel neigten sich über ihren Köpfen zusammen, wo Zweige und Treibholz zum Schutz vor der Sonne zu einem dichten Baldachin miteinander verflochten worden waren. Überall auf dem Boden lagen abgerissene Stücke Schnur herum. Schnee hob eins davon auf. »Seegrasfasern.«
    Vier Schritte brachten Danielle auf die andere Seite des Felsens. Das Wasser unten war nicht tief genug, um von hier aus hineinzuspringen, jedenfalls nicht für einen Menschen. Eine Undine hätte es vielleicht schaffen können, ohne sich den Hals zu brechen. Sie konnte aber sehen, dass Lannadae gerade vorbeischwamm, und die hätte bestimmt bemerkt, wenn Morveren einen Fluchtversuch unternommen hätte.
    »Niemand hat etwas von unsichtbaren Meerjungfrauen gesagt«, brummte Talia.
    Schnee war damit beschäftigt, eine Tonschale zu inspizieren, die unter einen Farn geschoben worden war. Sie schnitt ein saures Gesicht. »Lecker! Eingelegte Würmer!«
    Danielle stellte sich in die Mitte der Lichtung. »Morveren, wir brauchen deine Hilfe! Lirea hat meine Königin mit dem Messer angegriffen, das du gemacht hast.«
    »Dann ist deine Königin tot.« Die Zweige über ihnen zitterten, und Morveren guckte über den Rand einer Art Hängematte, die zwischen die Bäume geflochten war. So dick wie die Zweige waren, hatte Danielle die Schlafstatt gar nicht bemerkt.
    »Eine Meerjungfrau in einem Baum!« Talia zückte ihre Peitsche. »Hat man Töne?«
    »Morveren, deine Enkelin ist am Leben«, sagte Danielle. »Sie ist hier. Du kannst sie dort unten schwimmen sehen.«
    Morveren ergriff den Rand der Hängematte und wälzte sich heraus, bis sie in der Luft hing. Mit den Händen umklammerte sie ein geflochtenes Seil, an dem sie sich auf den Boden herunterließ. Bei jeder Bewegung stöhnte sie; ihr Oberkörper war gekrümmt, als hätten ihre Knochen Mühe, ihr Gewicht zu tragen.
    »Was hat man dir angetan?«, flüsterte Danielle.
    Wie ihre Enkelinnen hatte auch Morveren zwei Schwänze. Aber während Lannadaes und Lireas Schwänze in breite Flossen ausliefen, waren von Morverens nur noch Stümpfe übrig. Die Schuppen am Ende ihrer Schwänze wuchsen in einem unregelmäßigen Muster und bohrten sich durch Klumpen blassen Narbengewebes.
    Das war möglicherweise die Erklärung, weshalb sie sich vom Wasser fernhielt. Die Flossen, die an den Seiten ihrer Beine entlangliefen, hätten ihr wohl immer noch geholfen, vorwärtszukommen, aber ohne ihre Schwänze würde sie nur wenig besser schwimmen als ein Mensch.
    Bis auf ihre abgetragenen Gurte war Morveren nackt. Zweige und Laub hatten sich in ihren schwarzen Haaren verheddert. Ihre Schuppen waren rau und dreckig, viele von weißen Rissen verunziert und einige gänzlich abgerissen, sodass bleiche Haut zutage trat, die denselben ungesunden Blaustich wie die Lannadaes aufwies.
    Morveren schleppte sich über den Boden, bis sie sich am Rand des Felsens befand. »Lannadae?«
    »Großmutter!« Lannadae schnellte aus dem Wasser.
    »Du bist es tatsächlich!« Morveren drehte sich zu Danielle um, und Tränen liefen über ihr Gesicht. »Sie lebt!«
    »Genau wie unsere Königin«, entgegnete Danielle. »Lireas Messer hat den Geist aus

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