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Die fiese Meerjungfrau

Die fiese Meerjungfrau

Titel: Die fiese Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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ihrem Körper gerissen, aber ihr Körper lebt noch.«
    Ächzend kroch Morveren zurück zu der Mulde und ließ sich, stöhnend vor Schmerzen, in den Schlamm herab. »Wärst du so freundlich, mir die Schale da zu reichen?«
    Schnee nahm die Schale unter dem Farn heraus und stellte sie an den Rand des Schlammlochs. Kleine, wurmähnliche Lebewesen, deren Schwänze am Boden der Schale festklebten, wiegten sich im Wasser. Weiße Haare umringten wie winzige Kronen die freien Enden.
    »Ich danke dir.« Morveren pflückte einen Wurm von der Größe ihres kleinen Fingers aus der Schale. Danielle verzog das Gesicht, denn sie fragte sich, ob die Meerjungfrau vorhatte, ihn zu essen. Doch Morveren drückte den Wurm nur, bis aus seinem hinteren Ende ein grünlicher Brei sickerte. Morveren schmierte sich den Brei auf einen blutigen Kratzer am Arm und warf den Wurm anschließend zurück ins Wasser. »Die Absonderungen des Blütenwurms sind so gut wie eine zweite Haut. Sie verhindern, dass der Blutgeruch sich im Wasser verbreitet.« Sie zeigte auf Danielle. »Du hast dich gekratzt, als du hier hochgeklettert bist. Möchtest du, dass ich mich um die Schnitte kümmere?«
    »Nein, danke«, lehnte Danielle ab.
    »Die trockene Luft ist eine Qual. Macht die Schuppen und die Knochen schwach und die Haut rissig.« Mithilfe zweier weiterer Würmer behandelte Morveren noch diverse Schnitte und krabbelte dann aus der Grube.
    »Das nennt sie trocken?«, fragte Schnee.
    Danielle setzte sich neben dem Schlamm hin. »Woher hast du gewusst, dass Lirea versucht hat, ihre Schwestern umzubringen?«
    Morveren zögerte, dann wandte sie sich ab. Ihr Gesichtsausdruck war schwer zu deuten, aber Danielle fand, dass sie beschämt wirkte. »Durch das Messer. Eine Zeit lang konnte ich Bruchstücke ihrer Gedanken hören - damals, als meine Magie noch stärker war.« Sie senkte den Kopf. »Mein Sohn?«
    »Es tut mir so leid«, sagte Danielle.
    Neue Tränen ergossen sich aus Morverens Augen.
    »Erzähl uns von dem Messer!«, forderte Schnee sie auf. »Auf welche Weise hast du es angefertigt? Welche Zauber hast du gewirkt?«
    »Lirea wollte sterben.« Morveren fingerte an einer der Schuppen am Rand ihrer Narbe herum und kratzte und zog, bis sie sich schließlich löste. »Sie war so jung. Gebt mir die Schuld, wenn ihr müsst. Lirea bettelte mich um einen Zauber an, der es ihr ermöglichen würde, mit ihrem Menschenprinzen zusammen zu sein. Sie sagte, er liebe sie, und ich glaubte ihr. Als ich erst einmal die Wahrheit erfuhr, war es zu spät.«
    »Also hast du, anstatt den Zauber zu entfernen, Lirea ein Messer gegeben, das seinen Opfern die Seele entreißt!«, sagte Talia. »Das ergibt Sinn.«
    Morveren schnippte die Schuppe in Richtung Talia. »Meinst du vielleicht, einen Zauber zu entfernen wäre so einfach, wie diese lächerlichen Kleider zu wechseln, die ihr da anhabt? Zauber wie der, den ich über Lirea verhängt habe, können auf zwei Arten gewirkt werden. Die eine ist temporär: Der Zauber hält weniger als einen Tag an, bevor er sich abnutzt. Lirea wollte aber für immer ein Mensch sein. Sie drang darauf, flehte mich an und bettelte so lange, bis ich nachgab. Ich hätte darauf bestehen sollen, dass sie wartete, aber ich konnte meinen Enkelinnen noch nie eine Bitte abschlagen. Lirea sagte mir, der Prinz wolle sie heiraten; ich dachte, diese Verbindung würde ausreichen, um den Zauber aufrechtzuerhalten.«
    »Da er ein Mensch ist, hätte diese Beziehung geholfen, auch ihre Gestalt zu definieren und zu bewahren«, grübelte Schnee nickend. »Als sein Körper starb, gab sein Geist ihr noch Kraft, doch verlor sie diese Klarheit der Gestalt: Sie ist gefangen zwischen Mensch und Undine.«
    »Du kennst dich aus mit Zauberei?«, fragte Morveren mit erwartungsvoller Stimme. »Dann weißt du ja auch um den Preis einer solchen Verwandlung.«
    Schnee schüttelte den Kopf. »Ich habe über Transformationsmagie gelesen, aber ich war nie imstande, sie zu meistern.«
    »Die Sprüche sind ... schwierig.« Morveren sackte noch mehr in sich zusammen. »Ich hätte mich weigern sollen.«
    Einer der Kormorane stieß herab und landete mit schweren Flügelschlägen; der Vogel schien der Panik nahe. Ein Fischschwanz guckte aus seinem Schnabel heraus, und er zuckte krampfhaft mit dem Kopf, als er versuchte, ihn hinunterzuschlucken. Danielle ging auf ihn zu, aber Morveren war schneller.
    Die Meerjungfrau sang eine tiefe, trällernde Note, und der Kormoran kam auf sie zugehüpft. Sie

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