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Die fiese Meerjungfrau

Die fiese Meerjungfrau

Titel: Die fiese Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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bestimmt halb so lang wie die Phillipa. Ein dritter Kelpie hob weiter unten an der Mauer den Kopf; vor dem schwach orangefarbenen Licht der Morgendämmerung wirkte die Silhouette seines Kopfes entfernt pferdeartig. Noch so gerade eben konnte sie die Umrisse mehrerer Undinen erkennen, die sich unterhalb des Kopfes an den Kelpiekörper klammerten.
    »Lirea ist auf der anderen Seite der Mauer«, sagte Schnee, wobei sie ihre Puppe anstarrte.
    Talia überprüfte noch einmal ihre Messer. »Kannst du uns mit deiner Magie an den Meerleuten vorbeibringen?«
    »Ich bin beleidigt, dass du das noch fragen musst.« Schnee zog den Knoten fest, der Lireas Puppe an ihrem Gurtwerk hielt. »Mit den Kelpies könnte es etwas kniffliger werden, aber das Meervolk dürfte uns keine Probleme bereiten. Wenn Morveren recht hat, werden sie sich keine Gedanken wegen ein paar Fremden machen.«
    Danielle fing an, sich selbst ein wenig aufgewühlt zu fühlen. Das Meer schmeckte anders hier; es hatte einen Beigeschmack, sauer und süß zugleich, der ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen und ihr Herz schneller schlagen ließ. Auf einmal war sie sich intensiv der Wellen bewusst, die ihre nackte Haut streichelten.
    Schnee zitterte. »Hat sich von euch schon mal jemand gefragt, wie eine Meerjungfrau und ein Nix -«
    »Nein!«, fuhr Talia sie an.
    »Aber wollt ihr denn gar nicht wissen, wo die Nixe ihren -«
    »Schnee, bitte!« Danielle hob die Hand, um ihr Einhalt zu gebieten.
    Der Geschmack des Wassers versetzte Danielle in die Zeit jener ersten Nächte mit Armand zurück. Das Gefühl seiner Hände, die ihren Körper erforschten, die Art, wie ihre Haut gekribbelt und sich bei seinen Berührungen zusammengezogen hatte.
    »Es würde nicht lange dauern.« Schnee schwamm von hinten auf Talia zu. »Seid nicht so prüde! Wir könnten -«
    Talia legte beide Hände auf Schnees Kopf und drückte sie unter Wasser. Einen Moment später tauchte Schnee wieder auf, prustend und sich das Gesicht abwischend.
    »Ich werde jetzt gehen, um Lirea zu finden«, sagte Talia. »Wenn du lieber einen Nix besteigen möchtest als Königin Beas Leben zu retten, dann lass dich von mir nicht aufhalten.«
    Schnee schüttelte den Kopf. »Ich hab doch nur Spaß gemacht, Talia. Was stimmt nicht mit dir?«
    »Mit mir?«, rief Talia. »Du bist doch diejenige, die sich benimmt, als wäre das hier eine Urlaubsreise! Kicherst über deine neue Magie, bleibst die ganze Nacht mit deiner Meerjungfrauenfreundin auf, und jetzt willst du auch noch abhauen, um auf die Schnelle ein Techtelmechtel mit einem Nix anzufangen?«
    »Weißt du, ich habe mich schon gefragt, warum du diesmal nur Messer mitgenommen hast«, sagte Schnee. »Normalerweise trägst du doch viel mehr Waffen bei dir. Das war, bevor ich kapierte, dass du dir einen deiner Kampfstäbe in den Arsch geklemmt hast!«
    Danielle schwamm zwischen sie. Sie hatte Schnee und Talia schon früher streiten sehen, aber so noch nicht. »Das hilft uns jetzt nicht weiter!«
    Talia wandte das Gesicht ab. »Ich fühle mich dabei besser.«
    »Das Wasser führt Lireas Duft mit sich, erinnert ihr euch?«, sagte Danielle. »Je näher wir ans Ufer kommen, umso mehr werden wir -«
    »Erregt?«, fragte Schnee. »Wisst ihr, wenn wir dieses Zeug in Flaschen ziehen könnten, könnten wir ein Vermögen machen!«
    Talia schüttelte den Kopf. »Und du findest, dass mit mir etwas nicht stimmt?«
    Danielle holte noch einen Zug Luft. »Behaltet die Köpfe über Wasser! Luft zu atmen scheint die Wirkung abzuschwächen.«
    Sie schwamm an den beiden vorbei. Die Luft half zwar, aber Lireas Duft konnte sie noch riechen. Wenn das Wasser sich so auf die anderen auswirkte wie auf sie, dann würde es noch viel schlimmer werden, ehe sie Lirea erreichten.
    Sie nahm sich zusammen und schwamm auf die Küste zu. Sie war sich nicht sicher, was sie erwarten sollte: eine Orgie von Meerleuten, die im Wasser herumzappelten, oder etwas mehr ... Menschliches?
    Sie hielt den Atem an, als zum ersten Mal eine Gestalt unter ihr vorbeischwamm. Ein älterer Nix, dessen verfilzte Haare wie Seegras über seinen Rücken flossen. Er blickte nach oben, runzelte die Stirn und tauchte auf.
    »Wer seid ihr?«
    Schnees Halsband pulsierte mit blauem Licht. Das Misstrauen schwand aus seinem Gesicht. Lächelnd sagte Schnee: »Könntest du bitte Lirea mitteilen, dass wir gekommen sind, um uns ihrem Stamm anzuschließen?«
    Er schwamm unangenehm nah heran, bis seine grüne Schwanzflosse ihre berührte.

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