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Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage

Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage

Titel: Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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Menschen gemacht hätten. Aber diese Zugeständnisse will ich nicht länger machen. Ich kann mir nicht länger einreden, dass dieser amerikanische Schwindler, den man gerade zu hundert lebenslangen Haftstrafen verurteilt hat, nur zufälligerweise Jude ist, oder dass der fiesgesichtige Business-Jude,
der im Fernsehen mit seinem Geld und der Skrupellosigkeit protzt, mit der er es gescheffelt hat – ich kann mir, geschweige denn anderen Menschen, einfach nicht länger einreden, es sei Zufall, dass solche Männer jedem Archetyp jüdischen Übels entsprechen, den die christliche oder muslimische Geschichte je hervorgebracht hat. Wenn solche Juden so viel Ruhm ernten, wie dürfen wir dann erwarten, in Frieden leben zu können? Sollten wir wieder in einer mittelalterlichen Welt leben, dann deshalb, weil der mittelalterliche Jude zurückgekehrt ist. War er je fort, Emmy? Oder hat er wie ein Kakerlake die Zerstörungen und Verschüttungen überlebt?«
    Sie verstärkte den Druck um seine Finger, als wollte sie das verstörend Hässliche aus ihm herausquetschen.
    »Ich sag dir was«, erklärte sie. »Was du siehst, ist nicht das, was ein Nicht-Jude sieht, jedenfalls nicht die fair gesinnten – und das sind die meisten. Der fiesgesichtige Business-Jude, wie du ihn nanntest – und ich vermute, ich weiß, wen du meinst, auch wenn es darauf nicht ankommt, da ich den Typus natürlich kenne –, ist für die Goi nicht diese Hassgestalt, die er für dich ist. Manche mögen ihn, manche bewundern ihn, andere kümmert er nicht im Mindesten. Wahrscheinlich wärst du überrascht, wenn du wüsstest, wie wenige Menschen den archetypischen Juden sehen, wenn sie ihn sehen. Wie wenige auch nur wissen, dass er Jude ist, und wie wenige es kümmert. Du bist hier der Antisemit, nicht die. Du bist derjenige, der im Juden den Juden sieht und den Anblick nicht erträgt. Es geht hier um dich, Libor.«
    Er tat ihr den Gefallen, über ihre Worte nachzudenken.
    »Ich würde nicht so bereitwillig den Juden im Juden sehen«, sagte er schließlich, »wenn sich der Jude im Juden nicht so bereitwillig zeigte. Muss er denn von seinem Reichtum reden? Muss er eine Zigarre rauchen? Muss er sich fotografieren lassen, wenn er in seinen Rolls steigt?«

    »Wir sind nicht die einzigen Menschen, die Zigarre rauchen. «
    »Nein, aber wir sind diejenigen, die es nicht tun sollten.«
    »Ach«, erwiderte sie.
    Der Laut verriet die Offenbarung mit einer solchen Wucht, dass Libor meinte, vom Russen und seinem Flittchen ein Echo zu hören, als hätten sie nun auch begriffen, wer er wirklich war.
    »Ach?«, sagte er, ebenso zu ihnen wie zu ihr.
    »Ach, du hast dich verraten. Du bist derjenige, der sagt, Juden müssen anders leben als andere Menschen. Du bist derjenige, der im Kopf mit einer Rassentrennung lebt. Wir haben das gleiche Anrecht auf unsere Zigarren wie jeder andere auch. Du hast eine Gelbe-Stern-Gesinnung, Libor.«
    Er lächelte sie an. »Ich lebe schon länger in England«, sagte er.
    »Ich auch.«
    Das billigte er ihr zu, ehe er sagte: »Ich hoffe, du willst mir nicht bloß Selbsthass vorwerfen. Ich habe einen klugen Freund, auf den das zutrifft, aber ich bin da ganz anders. Mich schmerzt es nicht, dass die Juden mal eine Zeit lang die Herren im Nahen Osten sind. Ich gehöre nicht zu denen, die sich bloß dann wohlfühlen, wenn die Juden verstreut und unter irgendjemandes Knute leben. Was bald genug wieder der Fall sein wird. Hier geht es nicht um Israel.«
    Vor Emmy verdreifachte er weder das R, noch verlor er ein L, das war unnötig.
    »Ich weiß«, sagte sie.
    »Israel lebe hoch«, fuhr er fort. »Israel gehört zum Besten, was wir in den letzten zweitausend Jahren zuwege gebracht haben, zumindest wäre es so, hätte sich der Zionismus auf seine weltlichen Referenzen besonnen und die Rabbis außen vor gelassen.«

    »Dann fahr hin, aber Zigarren rauchende Juden gibt es auch in Tel Aviv.«
    »In Tel Aviv stören sie mich nicht. In Tel Aviv sind sie genau richtig. Aber wie gesagt, es geht nicht um Israel. Bei nichts von alldem geht’s um Israel. Nicht einmal bei dem meisten, was die Kritiker über Israel sagen, geht es um Israel.«
    »Nein, aber warum redest du darüber?«
    »Weil ich anders bin als mein kluger Freund, der fanatische Antizionist. Ich will auf meine eigene Weise und aus eigenen Gründen schlecht über Juden denken.«
    »Tja, Libor, du bist rückwärtsgewandt, ich aber muss nach vorn sehen. Ich habe Enkel, um die ich mich kümmern

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