Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage
One-Night-Stands war. Doch irgendwas nagte da noch an ihm, die Empfindung einer leisen Erregung, eine erotische Unruhe.
Dann kam er drauf. Billy Crystal. Kimberley hatte ihn anfänglich für Brad Pitt gehalten, doch sobald sie genauer hinsah, erkannte sie jemand anderen in ihm. Dustin Hoffman … Adam
Sandler … Billy Crystal. Dann hatte er sie unterbrochen, doch hätte sie ihre Liste fortgesetzt, wäre sie, bei der sich abzeichnenden Richtung, als Nächstes sicher auf David Schwimmer gekommen, auf Jerry Seinfeld, Jerry Springer, Ben Stiller, David Duchonny, Kevin Kline, Jeff Goldblum, Woody Allen, Groucho Mistkerl Marx … Musste er noch mehr aufzählen?
Finkler.
Alles verfluchte Finkler.
Irgendwo hatte er gelesen, dass in Hollywood jeder Schauspieler von Geburt Jude war, ob der Finkler-Name nun beibehalten wurde oder nicht. Und Kimberley – Kimberley, mein Gott, wie sie wohl in Wahrheit hieß? Esther? –, Kimberley hat ihn für einen von denen gehalten.
Mit »dafür gehalten« meinte er nicht – das konnte er nicht gemeint haben, sie ebenso wenig –, dass sie ihn vom Aussehen her für einen von ihnen gehalten hatte. Selbst für Kimberleys vernebelten Blick dürfte er keine körperliche Ähnlichkeit mit Jerry Seinfeld oder Jeff Goldblum gehabt haben. Weder die Größe stimmte noch Tempo oder Temperament. Jegliche Ähnlichkeit, die er mit diesen Männern besaß, musste in seinem Fall folglich von anderer Art sein. Eine Ähnlichkeit dem Wesen, dem Geiste nach. Er glich ihnen essenziell, gehörte spirituell zu ihnen.
Ob das allerdings für Kimberley der Auslöser gewesen war, ihn dem Wesen nach für einen Finkler zu halten, konnte er nicht sagen – eigentlich kaum anzunehmen, weil doch da, wo sie herkam, alle Finkler waren –, was aber, wenn es für ihn als Auslöser gewirkt hatte?
Zwei derartige Verwechslungen in zwei Wochen. Wen interessierte da Finklers Meinung? Was sein Finklertum anging, war er sowieso etwas eigen. »Wir sind kein Klub, dem man einfach beitreten kann«, hatte er Treslove erklärt, damals, als er noch darauf bestand, Samuel genannt zu werden.
»Ich möchte auch gar kein Mitglied sein«, hatte Treslove erwidert.
»Nein«, sagte Finkler, der bereits das Interesse verlor. »Habe ich auch nie behauptet.«
Also konnte man Finkler nicht gerade nachsagen, unparteiisch zu sein.
Zwei Frauen dagegen, die kein Hühnchen mit ihm zu rupfen hatten – zwei Wochen, zwei Frauen, zweimal dieselbe Verwechslung?
Treslove biss sich auf die Knöchel, bestellte noch einen Kaffee und ließ zu, dass sein Leben – sein verlogenes Leben, oder? – an ihm vorüberzog.
2
Finkler war selbst schuld.
Davon war Tyler Finkler damals überzeugt – und Julian Treslove auch. Sam hatte es herausgefordert.
Tyler Finkler konnte überzeugendere Argumente vorbringen. Ihr Mann fickte fremde Frauen. Und selbst wenn er keine fremde Frauen fickte, hätte er sie, gemessen daran, wie wenig er Tyler beachtete, doch ebenso gut ficken können.
Treslove dagegen behauptete schlicht, dass Finkler es herausgefordert hatte, weil er ein Finkler war. Er erkannte aber auch, dass man eine schöne Frau wie Tyler nicht so leiden lassen sollte.
Tyler Finkler, die verstorbene Tyler Finkler. Über seiner zweiten Tasse Kaffee erinnerte sich Treslove an sie und seufzte schwer.
»Sam wird von seinem Projekt völlig in Anspruch genommen«, hatte er damals gesagt. »Er ist ein ehrgeiziger Mann. Er war schon ein ehrgeiziger Junge.«
»Mein Mann war ein Junge?«
Treslove lächelte müde. Ehrlich gesagt, hatte Finkler nie viel Jungenhaftes an sich gehabt, aber es schien ihm nicht richtig, dies Finklers aufgebrachter Frau zu sagen.
In jenem Vorstadtbezirk, den Treslove beharrlich Hampstead nannte, lagen sie auf seinem Bett. Tyler hätte nicht auf Tresloves Bett liegen sollen, in welchem Bezirk auch immer. Das wussten sie beide. Aber Finkler war selber schuld.
Tyler hatte Treslove eigentlich nur angerufen, weil sie wissen wollte, ob es in Ordnung sei, wenn sie vorbeikomme und sich bei Treslove die erste Folge der neuen Fernsehserie ihres Mannes anschaue. »Natürlich«, hatte er gesagt, »aber möchtest du sie dir nicht lieber mit Sam zusammen ansehen?«
»Samuel sieht sie sich mit der TV-Crew an, also mit seiner Geliebten.«
Nur Tyler nannte Sam noch Samuel. Das verlieh ihr Macht über ihn, die Macht eines Menschen, der eine wichtige Person gekannt hatte, ehe sie wichtig wurde. Manchmal ging sie sogar noch weiter und nannte ihn
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