Die Finsteren
die Straße zu seinem Haus einbog. Irgendetwas hatte sich in seiner Abwesenheit ereignet. Etwas, das er nicht richtig einzuordnen vermochte, das ungewisse Empfinden, dass etwas nicht stimmte. Die Luft in Wheaton Hills fühlte sich seltsam geladen an. Er nahm das Schlagen seines Herzens intensiver wahr. Ihm gefiel nicht, wie unregelmäßig es in seiner Brust pochte. Sein gesamter Körper spannte sich an, ein Kribbeln überzog die Haut. Paranoia ergriff von ihm Besitz, als er den Blick prüfend über die Gärten und die Fenster der Häuser streifen ließ, die er passierte. Er entdeckte niemanden, konnte aber regelrecht spüren, dass ihm unsichtbare Augen folgten, als er den Weg die Straße entlang fortsetzte. Und am beschissensten fand er, dass er das Gefühl nicht einfach Nervosität oder einer ausufernden Fantasie zuschreiben konnte.
Als er in die Garage rollte und nach oben fasste, um den Knopf des Türöffners zu betätigen, stand er kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Das Tor begann, sich ratternd zu senken, blieb jedoch auf halbem Weg stecken. Clayton seufzte. Mist, das war ja klar. Durch einen weiteren Knopfdruck fuhr das Tor wieder in die Höhe. Er blickte in den Innenspiegel und musste einen Aufschrei unterdrücken, als er bemerkte, dass ein Streifenwagen langsam die Straße entlangfuhr.
Die sind meinetwegen hier!
Aber der Streifenwagen setzte die Fahrt fort und geriet bald außer Sicht. Zittrig stieg Clayton aus dem Auto und schlich zum Rand der offenen Garage, wo er vorsichtig hinaus zum in der Ferne verschwindenden Heck des Streifenwagens spähte, der weiter im Schritttempo durch Wheaton Hills kroch. Dann bog der Wagen in eine andere Straße und Clayton verlor ihn aus den Augen.
Vor lauter Erleichterung wurde ihm fast schlecht. »Heilige Scheiße. Gott sei Dank.«
Seit dem Unfalltod des Beamten, der ihn angehalten hatte, waren Stunden vergangen, aber die Erinnerung daran trug Clayton immer noch Übelkeit erregend frisch im Gedächtnis. Sicher, der Kerl war ein Arsch gewesen, doch das machte sein Schicksal nicht weniger grauenhaft. Und Clayton bezweifelte nicht, dass es die Kollegen des Mannes einen Dreck scherte, ob er ein Arschloch gewesen war. Es handelte sich um ein Mitglied ihrer eingeschworenen Gemeinschaft von Gesetzeshütern. Deshalb hatte sich Clayton vor der Rückkehr nach Hause gefürchtet und damit gerechnet, ihn würde eine Horde Bullen erwarten, um ihm Handschellen anzulegen und ihn zu einer unsanften »routinemäßigen Befragung« in den Knast zu verfrachten.
Andererseits spielte sich an diesem Tag in Ransom eine Menge ab.
Ein Haufen übler, verrückter Kram.
Wahrscheinlich waren die Bullen deshalb extrem beschäftigt und schlicht noch nicht dazu gekommen, sich um ihn zu kümmern. Oder dies war sein gottverdammter Glückstag. Was immer zutraf, er hatte keine Zeit, herumzustehen und darüber zu mutmaßen. Mark wartete auf ihn. Er wollte die Erklärung hören, die Clayton ihm versprochen hatte. Und Clayton hatte sich etwas zurechtgelegt – ob es ihm weiterhelfen konnte, musste sich erst noch zeigen.
Beim nächsten Versuch gelang es ihm, das Garagentor zu schließen. Er holte einige Sachen aus dem Auto und betrat das Haus. Das Erste, was er bemerkte, war Fiona Johnson. Sie saß an einen Stuhl gefesselt und hatte einen Streifen Paketband über dem Mund, der teilweise angeschwollen war. Mit tränenverquollenen Augen sah sie ihm finster entgegen. Auch Mark und Jared befanden sich in der Küche. Die beiden Jungen liefen frei herum und schienen eine beträchtliche Menge seiner Biervorräte getrunken zu haben. Leere Flaschen aus grünem und braunem Glas füllten den Tisch.
Clayton stieß die Tür mit der Hüfte zu und ging in die Küche. »Na schön. Offensichtliche Frage: Warum ist Fiona gefesselt und geknebelt?«
»Sie wollte uns alle umbringen. Angefangen mit dir, glaube ich. Schien ihr ursprünglicher Plan zu sein.«
»Wow.«
»Ja. Sie hatte eine Kanone.«
Mark nickte in Richtung der Arbeitsfläche.
Clayton starrte auf den Revolver. »Ich wiederhole: Wow. Hat sie auch irgendeinen Anlass für diesen Wahnsinn?«
»Sie ist vollkommen verrückt.«
»Alles klar. Schätze, das klingt irgendwie logisch.«
Fiona kämpfte verbissen gegen ihre Fesseln an und brachte den Stuhl zum Wackeln. Ihre Kiefer bewegten sich, als sie durch das Klebeband hindurch zu sprechen versuchte. Die Worte drangen nur halb verständlich nach außen, dafür vermittelten sie klar und deutlich ihre Wut und
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