Die Finsteren
Hochgefühl – einem Gefühl von Freiheit in Reichweite.
Ja, dachte sie. Der Tod ist die Antwort .
Mit ihrem Sohn wollte sie anfangen.
Als Nächstes knöpfte sie sich ihren Ehemann vor. Den dämlichen, nutzlosen Kurt.
Den Abschluss fand der Todesreigen dann mit ihrem Selbstmord.
Suzie begann zu lächeln. »Ja. Sterben, sterben, sterben, mein Schatz, wir werden alle verdammt noch mal sterben.«
Sie lachte.
Es klopfte an der Tür.
»Liebling?«, ertönte die gedämpfte Stimme ihres Ehemanns. »Ist alles ... in Ordnung?«
Suzie hasste es, wenn der Depp eines ihrer kleinen Zwiegespräche mit dem Gegner störte. Er würde seine übliche Besorgnis zum Ausdruck bringen und vorschlagen, dass sie »jemanden aufsuchen« sollte. Oh, wie wütend sie das machte! Er hatte dabei immer denselben argwöhnischen Ausdruck in den Augen – einen Ausdruck, der sie stark daran erinnerte, wie sie vorhin ihr Sohn angeschaut hatte. Dieser Blick sollte natürlich Anteilnahme vermitteln, doch das war eine Lüge. Du bist verrückt, dachten sie in Wirklichkeit. Du bist schlicht und ergreifend übergeschnappt ... und ich bin besser als du .
Sie ließ nicht zu, dass noch einmal jemand auf sie herabblickte. Schon gar nicht jemand aus ihrer eigenen Familie.
Was hatten sie für ein Recht, ihr nachzuspionieren? Und warum war dieses nutzlose Schwein von einem Mann überhaupt aufgestanden? Sie umfasste den Rand des Waschbeckens und zwang sich, ihrer Stimme einen ruhigen Klang zu verleihen. »Alles bestens, Kurt. Geh zurück ins Bett. Vergiss nicht, du musst morgen früh raus.«
Sie hörte ihn seufzen.
Arschloch .
»Ich weiß, Liebes. Es ist nur ...«
Er verstummte und Suzie zog eine Augenbraue hoch, wartete darauf, dass er zu Ende sprach.
Es ist nur so, dass ich mir Sorgen um dich mache, Liebling. Ich finde, du solltest jemanden aufsuchen.
Aber Kurt McGregor brachte den Gedanken nie zu Ende.
Ein schweres Plumpsen von der anderen Seite der Tür ließ Suzie nach Luft ringen. Sie stieß sich vom Waschbecken ab, wankte zur Tür und riss sie auf. Der massige Leib ihres Ehemanns lag ausgestreckt auf dem Boden. Einen Moment lang starrte Suzie in verständnisloser Verwirrung auf ihn hinab.
Dann lachte sie.
»Heilige Scheiße, Kurt, gerade denke ich daran, dich umzubringen, da nimmt mir doch deine beschissene Pumpe die Arbeit ab.«
Wahrscheinlich handelte es sich bloß um einen Zufall, trotzdem stieg in ihr ein Verdacht auf. Möglicherweise hatte sie ihn umgebracht, indem sie intensiv genug daran dachte. Wahrscheinlich war sie durch die Jahrzehnte ihres mentalen Kampfs so stark geworden, dass sie ihre Gedanken auf tödliche Weise bündeln und auf einen anderen Menschen richten konnte.
Ja.
Das ergab Sinn.
In dem Moment, in dem sie beschlossen hatte, ihre Familie umzubringen, hatte sie sich den Kräften der Dunkelheit endgültig unterworfen. Der Gegner war nicht länger der Gegner. Er verkörperte einen Verschwörer. Sie hatte sich als würdig erwiesen und nun würde er sie unterstützen. Angefangen damit, Kurt um die Ecke zu bringen.
Vielleicht würde sie Derek gar nicht sofort töten müssen.
Diese Entwicklung eröffnete einige interessante Perspektiven. Sie konnte die Rolle der tief betrübten Witwe mimen und Derek blieb keine andere Wahl, als in die des tröstenden Sohns zu schlüpfen. Diese Rolle erwartete die Gesellschaft von ihm und als Schwächling würde er sich wehrlos in sie fügen. Zwar hatte er in dieser Nacht eine gute Show hingelegt, aber Suzie kannte die Wahrheit. Er war ein Pseudorebell, ein Halbstarker aus der Vorstadt, der sich hart und unangepasst gab. Der Tod seines Vaters brachte diese Fassade zum Einsturz. Derek erneut zu brechen, dürfte sich extrem einfach gestalten.
Suzie rechnete damit, dass sie in den kommenden Tagen eine Menge Menschen trösten wollten.
Eventuell sogar Tom Bell. So unrealistisch schien ihr das nicht zu sein. Sie wusste, dass er mit dieser Hexe Lydia nicht wirklich glücklich war, ganz gleich, was er in ihren vertraulichen SMS und E-Mails behauptete. Allein der Umstand, dass sie auf diese Weise nach wie vor in Verbindung blieben, bewies das.
Gefühlte zehn weitere Minuten stand sie nur da und starrte auf Kurts reglose Gestalt. Als sie sicher wusste, dass eine Wiederbelebung nicht länger im Bereich des Möglichen lag, griff sie zum Telefon und wählte die Nummer des Notrufs.
Die Sprühdose gab ein leises Zischen von sich, als Kent den Knopf drückte und sie auf die Seite von Mark Bells
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