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Die Finsteren

Die Finsteren

Titel: Die Finsteren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bryan Smith
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Sorgerecht für Mark. So viel Geld, wie du willst. Nur lass uns dieses Elend beenden.«
    Er kapierte es einfach nicht. Er konnte ihr niemals zurückgeben, was er ihr genommen hatte. Ihre Würde. Ihr Selbstwertgefühl als Frau. Sie war intelligent und begehrenswert. Alles, was sich ein Mann nur wünschen konnte. Bis zu diesem Jahr hätte sie die Vorstellung, ihr Ehemann könnte fremdgehen, als absurd empfunden.
    Doch genau das hatte Tom getan.
    Lydia schlang die Hände erneut um seine Kehle.
    »Nein.« Er schluchzte. »Bitte ...«
    Sie lächelte. »Wir lassen uns nicht scheiden. Niemals.«
    Ihr Griff um seinen Hals verstärkte sich.
    In Wirklichkeit handelte es sich nicht um ein Spiel.
    Es war eine Übung.
    Eines Tages würde sie den Druck weiter verstärken, bis dieser Ehebrecher seinen letzten Atemzug ausstieß. Denn wieso sollte sie den Stress einer Scheidung über sich ergehen lassen, wenn sie ihn einfach für immer aus dem Verkehr ziehen konnte?
    Nein. Er kapierte es wirklich nicht. Überhaupt nicht .
    Der Raum drehte sich wieder. Sie hielt sich an der Kante des Waschbeckens im Badezimmer fest, um nicht umzukippen. Eine üble Vorstellung. Auf den harten Fliesen konnte sie sich den Schädel aufschlagen. Vor ihrem inneren Auge tauchte eine flüchtige Vision ihres blutenden, reglosen Körpers auf dem Boden auf. Sie löste eine Hand vom Waschbecken und fasste sich an den Kopf, tastete nach einer Platzwunde, die nicht existierte.
    Dämlich, dachte Suzie McGregor.
    Das ist nicht passiert. Es war nur ein Hirngespinst in meinem dämlichen Schädel. Eine Vision von etwas, das geschehen könnte. Aber ich werde es nicht zulassen. Nein, ich lasse nicht zu, dass du mir das antust. Du willst, dass es passiert, nicht wahr?
    »Nicht wahr?«
    Ihre Stimme erklang leise, aber fest und verriet, wie sie sich wirklich fühlte.
    Es genügte nicht, dass die Kraft, die das Universum kontrollierte, sie boshaft auf die übliche heimtückische, hasserfüllte Weise manipulierte. Oh nein. Es genügte auch nicht, dass sie ihr das schreckliche Bild ihres aufgeplatzten Schädels in den Kopf einpflanzte. Das war die typische Art des Universums, um ihr mitzuteilen: Schau nur, Suzie, da bist du – tot. Findest du nicht, dass das richtig aussieht?
    Wärst du nicht besser damit bedient, nicht länger zu leben?
    Spöttisch grinste sie ihr Spiegelbild an und wusste, dass die Kraft, die gegen sie arbeitete, sie beobachtete. »Wie subtil. Leck mich. LECK MICH! Scher dich zum Teufel! Du kannst dir deine albernen, unterschwelligen Suggestionen in deinen fetten kosmischen Arsch schieben!«
    Suzie streckte dem Spiegel den erhobenen Mittelfinger entgegen. »LECK MICH!«
    Nein.
    Dieser ... Unfug ... sie hatte nichts anderes erwartet. Es war Routine, die völlig verkorkste Normalität. Suzie schlug sich schon fast ihr ganzen Leben damit herum. Sie hatte sich daran gewöhnt. Was sie in Wirklichkeit so nah an den völligen Zusammenbruch brachte, waren die psychologischen Nachwehen der Konfrontation mit ihrem Sohn. Es schmerzte sie, sich anzusehen und zu wissen, was für ein ärgerliches Maß an Schwäche in ihr lauerte. Sie wusste nicht, wie sie Derek je wieder unter die Augen treten sollte. Scheiße, sie wusste nicht einmal, wie sie sich je wieder im selben Raum wie er aufhalten konnte.
    Du bist echt schwer gestört, Ma.
    »Ich bin nicht gestört, Junge. Du bist das Problem.«
    Sie schaute zu, wie sich ihre Lippen bewegten, und überlegte, was ein beiläufiger Beobachter von dieser Szene halten mochte ...
    ... echt schwer gestört ...
    »Ich bin überhaupt nicht gestört.«
    Suzie nahm wahr, wie sich ihre Gesichtszüge verhärteten. Sie verspürte Zorn über die Tränen, die die Wangen hinunterkullerten.
    »Du wirst es noch lernen, Kind. Ich erteile dir eine dauerhafte Lektion.«
    Irgendwann würde er nach Hause kommen müssen. Immerhin befanden sich all seine Sachen hier. Und er war noch minderjährig. Es ließ sich nicht vermeiden, es sei denn, er lief weg. Doch sie hielt ihn zu sehr für einen Schwächling, als dass er sich schon jetzt in der Welt durchschlagen konnte. Seine kleine Demonstration von Trotz in dieser Nacht hatte bloß eine Ausnahme von der Regel dargestellt und änderte nichts an dieser wesentlichen Tatsache. Keine Frage, er kam zurück. Und sie erwartete ihn bereits.
    Ich werde meinen kleinen Jungen umbringen.
    Die Vorstellung erfüllte sie weder mit Kummer noch mit Selbstekel, wie man es eigentlich erwartete, sondern mit einem herrlichen

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