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Die Finsteren

Die Finsteren

Titel: Die Finsteren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bryan Smith
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uralte Videospielautomaten standen.
    Kevin Cooper kannte nichts davon aus eigener Erfahrung. Fiona hingegen hatte dort schon das eine oder andere Mal abgehangen. Das letzte Mal sei schon eine Weile her, erzählte sie ihm, vielleicht ein Jahr, aber sie hielt es für unwahrscheinlich, dass sich in der Zwischenzeit großartig etwas geändert hatte.
    »Ich versteh immer noch nicht, warum du jemals hier gewesen bist. Ich meine ... es ist ätzend.«
    »Kann schon sein. Ich war hier, bevor ich euch kannte.« Fiona biss sich auf den schwarz lackierten Daumennagel und starrte zum Eingang des Lokals. Das dunkle Haar fiel ihr ins Gesicht. »Die meisten Male jedenfalls.«
    Sie saßen in seinem Eclipse, der an der Vorderseite des Gebäudes auf einem schräg markierten Parkplatz stand. Nach einer knappen halben Stunde fing Kevin an, sich auffällig zu fühlen. Er bezweifelte aber, dass sie wirklich jemand bemerkte oder sich etwas dabei dachte. Dafür herrschte zu viel Betrieb. Ständig betraten und verließen Menschen das Gebäude. Dennoch fiel es ihm schwer, sich nicht leicht paranoid zu fühlen, wenn sein Blick in Richtung Waffe zuckte. Der Revolver Kaliber 38 lag eingeklemmt in der kleinen Ablage unter dem Radio. Und jedes Mal, wenn er hinsah, empfand er nicht nur Paranoia.
    Sondern auch Zweifel.
    Ja.
    Eine Menge verdammter Zweifel.
    Er rutschte auf dem Sitz hin und her. »Ich bin mir bei der Sache nicht sicher.«
    Fiona schnippte sich die Haare aus dem Gesicht. »Was meinst du?«
    Er hob das Kinn an. »Das da. Das verfluchte Schießeisen. Ich will nicht wirklich jemanden umbringen.«
    Auf Fionas Miene trat ein Ausdruck vernichtender Verachtung. »Ist das dein Ernst?«
    Er seufzte. »Ja. Ist es.«
    Fiona schlug ihm gegen die Schulter. »Du beschissenes Weichei.«
    Kevin schnitt eine Grimasse. »Au. Herrgott noch mal, Fiona.«
    Sie schlug ihn erneut. »Du kannst jetzt nicht den Schwanz einziehen. Du musst das tun.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Pass auf, ich hasse diese Wichser. Ich würde keine verdammte Träne vergießen, sollte ihnen was zustoßen, aber ich werd niemanden ermorden. Das kann ich einfach nicht. Sonst wär ich nicht besser als die.«
    Fiona wirkte geradezu angewidert. »Vor ein paar Stunden hast du noch anders geredet.«
    »Da war ich auch nicht bei klarem Verstand, okay? Den hatte man mir zu dem Zeitpunkt gerade aus dem Leib geprügelt. Und ich bin deswegen immer noch ziemlich fertig. Aber denk mal nach. Wenn wir das durchziehen, könnten wir genauso gut zugeben, dass sie von Anfang an recht mit uns hatten. Ich will nicht wie einer dieser Pisser werden, die man in den Nachrichten sieht. Über die Nachbarn in Interviews sagen: ›Oh ja, das waren merkwürdige Jugendliche, standen auf Metal und Gruftimusik. Wir hätten es ahnen und vielleicht was dagegen unternehmen müssen.‹ Da scheiß ich drauf, Fiona. Da scheiß ich voll drauf.«
    Irgendwann während seines Wortschwalls hörte Fiona auf, ihn anzusehen. Stattdessen kaute sie erneut an ihrem Daumennagel und beobachtete den Eingang des Bowlingcenters. Die anschließende Stille wurde unangenehm, als sie sich auf mehrere Minuten ausdehnte. Kevin stand kurz davor, den Motor zu starten und wegzufahren. Es wäre das Klügste. Für genauso klug hielt er es, den Revolver zu schnappen und irgendwo zu verstecken. Er starrte auf die Schlüssel, die im Zündschloss des Eclipse baumelten, und bereitete sich innerlich darauf vor, es endlich zu tun. Fiona würde stinksauer sein, aber sie kam schon darüber hinweg. Oder vielleicht auch nicht. Es spielte so oder so keine Rolle. Er hatte unheimlich kurz davor gestanden, den schwersten Fehler seines Lebens zu begehen. Etwas, das er nie zurücknehmen oder wiedergutmachen konnte. Alles, was zählte, war, dass er die Entscheidung getroffen hatte, sich vom Abgrund zurückzuziehen.
    Fiona nahm den Revolver und zielte auf ihn.
    Kevin hob die Hand und wich mit dem Rücken an die Tür auf der Fahrerseite zurück. »Himmel, Fiona ...«
    »Halt’s Maul.«
    Kevin klappte den Mund zu. Er zitterte. Zwar glaubte er nicht, dass Fiona ihn tatsächlich erschoss, doch er war sich alles andere als sicher. Das beunruhigte ihn fast genauso stark wie die Möglichkeit, erschossen zu werden. Er hielt sie für eine Freundin. Nein, mehr als das. Sie beide waren Kumpel. Verbündete gegen all die Mistkerle dieser Welt. Er hätte sich sicher sein müssen , und der Umstand, dass das nicht so war, erfüllte ihn mit Verzweiflung.
    Mit der freien Hand

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