Die Finsteren
umzubringen, war blanker Wahnsinn. Konnte es sein, dass ihn jemand oder etwas dazu zwang, sich so zu verhalten?
Ein Dämon zum Beispiel?
»Dad ...«
»In dem Umschlag stecken 10.000 Dollar in bar. Der Fahrzeugbrief für dieses Auto ist auch drin. Ich habe es auf dich umgemeldet.«
»Äh ... ich hab aber schon ein Auto.«
»Die alte Schrottkarre?« Ein flüchtiges Lächeln spielte um Toms Mundwinkel. »Ja, ein solcher fahrbarer Untersatz, ein junger Mann wie du ... ich kann nachvollziehen, wie das zusammenpasst. Trotzdem ist die Karre alt und dieser Wagen ist neu. Ich gebe dir etwas, das einen Wert hat, mein Sohn. Etwas, womit du etwas anfangen kannst. Etwas ...«
»Dad, hör mir zu. Ehrlich, du kannst das nicht machen. Du ...«
»Ich kann und ich werde. Es bedeutet mir gar nichts, diesen Mann umzubringen. Ich tue es im Dienste von Satan und Andras.«
Oh Scheiße.
Oh Scheiße. Scheiße. Scheiße!
»Die Zeiten haben sich geändert, mein Sohn. Ich bin nicht länger der Mann, den du kennst. Ich diene jetzt einem höheren Zweck. Einem dunkleren Zweck. Wenn ich aus diesem Gebäude komme, werde ich nicht mehr wirklich dein Vater sein.«
Marks Wangen glänzten vor Tränen. »Dad, tu das nicht. Bitte . Dieser Andras ... Wir waren diejenigen, die ihn befreit haben. Es war ein Versehen. Aber wir ...«
»Das weiß ich, Mark. Du und deine Freunde, ihr habt in dieser Nacht etwas Großes vollbracht.«
»Nein. Es war falsch. Und wir müssen es wieder in Ordnung bringen. Wir ...«
Tom lachte. »Es kann nicht in Ordnung gebracht werden. Es gibt nichts, was in Ordnung gebracht werden müsste. Bitte versteh doch. Ein Großteil von mir gehört jetzt Andras. Aber wenn ich nicht in seiner Nähe bin, ist sein Einfluss ein wenig schwächer. Vermutlich eben schwach genug, um den einzigen Menschen zu retten, an dem mir noch etwas liegt. Nimm das Geld und das Auto und sieh zu, dass du aus Ransom verschwindest.«
»Was? Wo soll ich denn hin?«
»Hier kannst du nicht bleiben. Deine Mutter gehört auch zu uns. Fahr nach Knoxville. Dort lebt mein Bruder. Ich hab ihn angerufen, bevor ich die Kaution für dich hinterlegt habe. Du kannst eine Zeit lang bei seiner Familie wohnen. Und hör auf mich. Das ist mein letzter Rat. Damit sind wir wieder bei dem angelangt, was ich vorhin über Geld gesagt habe. Du spielst die Rolle des harten Kerls ziemlich gut, aber der Grund, warum du in der Schule und in der Stadt allgemein mit so vielem davonkommst, hat mit deiner Herkunft zu tun. Du bist ein reicher Junge. Die Lederjacke, die langen Haare, die löchrigen Jeans ... das ist alles eine Verkleidung. Was völlig in Ordnung ist, solange man jung ist.« Er beugte sich näher zu Mark. Um zu betonen, worum es ihm ging, durchbohrte er seinen Sohn förmlich mit seinen stahlblauen Pupillen. »Aber sei vorsichtig. Trag die Verkleidung nicht so lange, dass sie dein wahres Ich verdrängt. Sei klug. Geh ans College. Bring’s zu etwas. Leg dir das Rüstzeug zu, um selbst für dich zu sorgen, wenn ich nicht mehr bin.«
Das klang eindeutig nach einem Abschied für immer. Mark schüttelte den Kopf. »Nein. Verflucht noch mal, das lass ich nicht zu.«
Er streckte die Hand nach der Pistole aus, aber sein Vater schleuderte ihn mit einem Kinnhaken in den Sitz zurück. Er führte ihn nicht mit voller Wucht aus, trotzdem genügte der Treffer, um Mark kurz benommen zu machen. Er hörte, wie sich eine Tür öffnete und schloss. Als er wieder klar sehen konnte, trat sein Vater bereits in das Gebäude ein.
»Fuck! Gottverdammter Mist!«
Er stieg aus dem Wagen und wankte in das Altenheim. Im Eingangsbereich sah er einen Mann in weißer Montur bewusstlos auf dem Boden liegen. Blut strömte aus der gebrochenen Nase. Bei dem Mann musste es sich um einen Pfleger oder anderen Mitarbeiter handeln. Für einen Bewohner war er mehrere Jahrzehnte zu jung. Weiteres Personal stand herum, schrie und gestikulierte. Etwas lenkte Marks Blick nach links und er sah seinen Vater, der den Flur entlangrannte. Tom Bell stürmte durch eine Tür am Ende des Korridors und trat über eine Treppe den Weg in die oberen Stockwerke an.
»Dad!«
Mark eilte hinter ihm her. Eine Pflegerin kam durch eine Tür zu seiner Rechten, prallte mit ihm zusammen und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Er stolperte und fiel hin, schlug sich die Knie auf dem harten Fliesenboden. Frustriert schrie er und rappelte sich wieder auf. Ein anderer Mann in weißer Pflegerkluft packte ihn an der Schulter und riss ihn
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