Die Firma
Vergnügen hatte, aber bei Ihren bisherigen Besuchen war ich beschäftigt: Ich glaube, ich habe Sie am Montag bei den Beerdigungen gesehen.«
Mitch nickte und war sich ganz sicher, daß er nie auch nur auf hundert Meter Entfernung an Nathan Locke herangekommen war. Sonst hätte er sich an ihn erinnert. Es waren die Augen, die kalten, schwarzen Augen, umgeben von Schichten aus schwarzen Fältchen. Sein Haar war weiß, auf dem Schädel gelichtet und um die Ohren herum dicht, und dieses Weiß kontrastierte scharf mit dem Rest seines Gesichtes. Wenn er sprach, verengten sich die Augen, und die schwarzen Pupillen funkelten grimmig. Unheimliche Augen.
Wissende Augen.
»Kann sein«, sagte Mitch, fasziniert von den bösartigsten Augen, die ihm je begegnet waren. »Kann sein.«
»Sie sind offenbar ein Frühaufsteher.«
»Ja, Sir.«
»Nun, schön, Sie hier zu haben.«
Nathan Locke zog sich von der Tür zurück und verschwand.
Mitch warf einen Blick auf den Flur, dann machte er die Tür zu.
Kein Wunder, daß sie ihn im vierten Stock vor allen anderen versteckt halten, dachte er. Jetzt begriff er, warum er Locke nicht kennengelernt hatte, bevor er seinen Vertrag unterschrieb.
Es hätte sein können, daß er es sich dann anders überlegt hätte. Wahrscheinlich wurde er vor allen zukünftigen Mitarbeitern versteckt. Von ihm ging ganz ohne Zweifel der ominöseste, bösartigste Eindruck aus, den Mitch je gehabt hatte. Es sind die Augen, sagte er sich abermals, als er die Füße auf den Schreibtisch legte und seinen Kaffee trank. Die Augen.
Wie Mitch erwartet hatte, brachte Nina etwas zu essen mit, als sie sich um halb neun zur Stelle meldete. Sie bot Mitch einen Pfannkuchen an, und er nahm zwei. Sie erkundigte sich, ob sie ihm jeden Morgen genügend zu essen mitbringen sollte, und Mitch sagte, es wäre nett, wenn sie das täte.
»Was ist das?« fragte sie und deutete auf die Stapel Akten und Notizblöcke auf seinem Schreibtisch.
»Das ist unsere heutige Beschäftigung. Wir müssen Ordnung in dieses Zeug bringen.«
»Keine Diktate?«
»Noch nicht: Ich treffe mich in ein paar Minuten mit Avery. Ich möchte, daß Sie das nach irgendeinem System sortieren.«
»Wie aufregend«, sagte sie und verschwand in Richtung Kaffeeraum.
Avery Tolar wartete mit einer dicken Akte, die er Mitch aushändigte. »Das ist die Capps-Akte. Ein Teil davon. Der Name unseres Klienten ist Sonny Capps. Er lebt jetzt in Houston, ist aber in Arkansas aufgewachsen. Besitzt dreißig Millionen und hält den Daumen auf jedem Cent davon. Sein Vater vermachte ihm einen alten Kahn, und er machte daraus das größte Schlepperunternehmen auf dem Mississippi. Jetzt hat er überall in der Welt Schiffe - Kästen, wie er sie nennt Wir erledigen achtzig Prozent seiner juristischen Angelegenheiten, alles bis auf die Prozesse. Er möchte eine weitere Kommanditgesellschaft gründen zum Ankauf einer weiteren Tankerflotte, diesmal von der Familie irgendeines toten Chinesen in Hongkong. Capps ist in der Regel der Hauptgesellschafter, und er bringt bis zu fünfundzwanzig Kommanditisten ein, damit das Risiko verteilt wird und das erforderliche Kapital zusammenkommt. Bei diesem Geschäft geht es um fünfundsechzig Millionen. Ich habe mehrere Kommanditgesellschaften für ihn gegründet; jede war anders und alle waren ko m pliziert Und es ist überaus schwierig, ihn zufriedenzustellen. Er ist ein Perfektionist und bildet sich ein, mehr zu wissen als ich. Sie werden nicht mit ihm reden. Außer mir redet überhaupt niemand aus der Firma mit ihm. Diese Akte ist ein Teil der letzten Gesellschaft, die ich für ihn gegründet habe. Sie enthält unter anderem einen Prospekt, eine Übereinkunft zur Gründung einer Gesellschaft, Absichtserklärungen, Eröffnungsurkunden und das eigentliche Gründungsdokument. Lesen Sie jedes ein zelne Wort. Danach möchte ich, da ß Sie einen ersten Entwurf des Gründungsdokuments für das neue Unternehmen ausarbeiten.«
Die Akte wurde plötzlich schwerer. Vielleicht war halb Sechs doch nicht früh genug.
Der Partner fuhr fort: »Wir haben, Capps zufolge, ungefähr vierzig Tage Zeit, sind also jetzt schon im Rückstand. Marty Kozinski hat mir bei dieser Sache geholfen, und sobald ich seine Akte durchgesehen habe, bekommen Sie sie. Noch Fragen?«
»Wie steht es mit den Recherchen?«
»Das meiste davon ist auf dem neuesten Stand, aber Sie müssen es überprüfen. Capps hat im letzten Jahr mehr als neun Millionen verdient und ein Taschengeld an
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