Die Firma
Geld macht es wieder wert. Es ist erstaunlich, wie viel Schufterei man ertragen kann mit zweihunderttausend im Jahr.«
»Schufterei? Das hört sich ja gräßlich an.«
»Tut mir leid. So schlimm ist es nun auch wieder nicht. Meine Einstellung zum Leben hat sich am vergangenen Donnerstag von Grund auf geändert.«
»Möchten Sie sich das Haus ansehen?«
»Vielleicht ein andermal . Unterhalten wir uns lieber.«
6
Um fünf Uhr früh schrillte der Wecker auf dem neuen Nachttisch unter der neuen Lampe und wurde sofort abgestellt Mitch taumelte durch das dunkle Haus und fand Hearsay, der an der Hintertür wartete. Er ließ ihn hinaus und ging unter die Dusche. Zwanzig Minuten später fand er seine Frau unter der Bettdecke und gab ihr einen Abschiedskuß. Sie reagierte nicht Ohne Verkehr brauchte er bis zum Büro nur zehn Minuten. Er hatte beschlossen, seinen Tag um halb sechs zu b e ginnen, sofern ihm niemand zuvorkam; wenn es geschah, würde er um fünf erscheinen oder um halb fünf oder wann immer es sein mußte, damit er der erste war. Er würde der erste Anwalt sein, der an diesem und jedem anderen Tag im Bendini-Gebäude eintraf, und zwar solange, bis er Partner geworden war. Wenn andere dazu zehn Jahre brauchten, würde er es in sieben schaffen. Er war entschlossen, der jüngste Partner in der Geschichte der Firma zu werden.
Die freie Fläche neben dem Bendini-Gebäude war von einem drei Meter hohen Maschendrahtzaun umgeben und bewacht.
Drinnen befand sich ein Parkplatz, auf den zwischen den gelben Linien Namen gesprüht waren. Er hielt am Tor an und wartete. Der uniformierte Wachmann tauchte aus der Dunkelheit auf und kam auf die Fahrertür zu. Mitch drückte auf einen Knopf, ließ das Fenster heruntergleiten und zeigte ihm eine Plastikkarte, die sein Foto trug.
»Sie müssen der Neue sein«, sagte der Wachmann, während er die Karte inspizierte.
»Ja. Mitch McDeere.«
»Ich kann lesen. Ich hätte den Wagen erkennen müssen.«
»Wie heißen Sie?« fragte Mitch.
»Dutch Hendrix. Habe dreiunddreißig Jahre bei der Polizei von Memphis gearbeitet.«
»Nett, Sie kennenzulernen, Dutch.«
»Gleichfalls. Sie sind mächtig früh dran.«
Mitch lächelte und steckte den Ausweis wieder ein. »Ich dachte, es wären schon alle da.«
Dutch brachte ein Lächeln zustande. »Sie sind der erste. Mr.
Locke wird auch bald kommen.« Das Tor schwang auf, und Dutch winkte ihn durch. Er fand seinen in weißer Schrift auf den Asphalt gesprühten Namen und parkte den makellosen BMW mutterseelenallein in der dritten Reihe. Er holte seinen weinroten Aalhaut-Aktenkoffer vom Rücksitz und schloß leise die Tür. Ein weiterer Wachmann wartete am Hinterausgang. Mitch stellte sich vor und schaute zu, wie die Tür aufgeschlossen wurde. Er sah auf die Uhr.
Genau halb sechs. Er war froh darüber, daß das zeitig genug war. Der Rest der Firma lag noch im Bett.
Er schaltete in seinem Büro das Licht ein und legte den Aktenkoffer auf den provisorischen Schreibtisch. Dann machte er sich auf den Weg zum Kaffeeraum am Ende des Flurs und schaltete unterwegs sämtliche Lichter ein. Die Kaffeemaschine war eines von diesen Ungetümen im Industrieformat mit mehreren Ebenen, mehreren Brennern, mehreren Kannen und allem Anschein nach keinerlei Hinweisen darauf, wie sie zu bedienen war. Er betrachtete die Maschine einen Moment, dann kippte er ein Paket Kaffee in den Filter. Er goß Wasser in eine der Öffnungen an der Oberseite und lächelte, als es an der richtigen Stelle zu tröpfeln begann.
In einer Ecke seines Büros standen drei Kartons, angefüllt mit Büchern, Akten, Notizbüchern und allen möglichen Aufzeichnungen, die sich im Laufe der voraufgegangenen drei Jahre a n gesammelt hatten. Er stellte den ersten davon auf den Schreibtisch und machte sich ans Auspacken. Der Inhalt wurde sortiert und in säuberlichen Stapeln auf dem Schreibtisch aufgeschichtet .
Nach zwei Tassen Kaffee fand er im dritten Karton das Material für das Anwaltsexamen. Er ging ans Fenster und öffnete die Jalousien. Draußen war es noch dunkel. Er bemerkte die Gestalt nicht, die plötzlich an der Tür erschienen war.
»Guten Morgen!«
Mitch fuhr herum und starrte den Mann an. »Sie haben mich erschreckt«, sagte er und atmete tief ein.
»Tut mir leid. Ich bin Nathan Locke. Ich glaube, wir sind uns noch nicht begegnet.«
»Ich bin Mitch McDeere. Der neue Mann.« Sie reichten sich die Hand.
»Ja, ich weiß. Ich bedaure, daß ich noch nicht das
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