Die Firma
Anwaltsexamen durc h fiel.
Um zehn war die vierte Fassung fertig, und Nina legte sie demonstrativ auf Mitchs Schreibtisch und begab sich in den Kaffeeraum. Sie war auf zweihundertneunzehn Seiten angeschwollen. Er hatte jedes Wort viermal gelesen und die einschlägigen Steuergesetze studiert, bis er sie auswendig konnte. Er ging den Flur entlang zum Büro seines Partners und legte ihm das Dokument auf den Schreibtisch. Seine Sekretärin packte einen gewaltigen Aktenkoffer, während ihr Boß telefonierte.
»Wieviele Seiten?« fragte Avery, als er den Hörer aufgelegt hatte.
»Über zweihundert.«
»Beeindruckend. Wie roh ist es?«
»Nicht sehr. Das ist die vierte Fassung seit gestern morgen.
Es ist fast perfekt«
»Das wird sich finden. Ich lese es im Flugzeug, dann wird Capps es unter die Lupe nehmen. Wenn er einen Fehler findet, dann tobt er eine halbe Stunde und droht, die Zahlung zu verweigern. Wieviele Stunden stecken darin?« »Fünfundvierzig und eine halbe, seit Mittwoch.«
»Ich weiß, ich habe Sie unter Druck gesetzt, und es tut mir leid. Sie hatten eine schwere erste Woche. Aber manchmal letzen unsere Klienten uns unter Druck, und dies wird nicht das letzte Mal gewesen sein, daß wir uns das Genick brechen für jemanden, der uns zweihundert Dollar die Stunde bezahlt Das gehört nun einmal zum Geschäft.« »Das macht mir nichts aus.
Ich bin mit den Examensvorbereitungen im Rückstand, aber das hole ich wieder auf.« »Macht Ihnen dieser Kümmerling Hud son das Leben schwer?« »Nein.«
»Falls er es tun sollte, sagen Sie mir Bescheid. Er ist erst fünf Jahre bei der Firma und genießt es, den Professor zu spielen. Hält sich für einen regelrechten Gelehrten. Ich mag ihn nicht sonderlich.«
»Er ist kein Problem.«
Avery packte den Vertrag in seinen Koffer. »Wo sind der Prospekt und die anderen Dokumente?«
»Ich habe von allen einen ersten Rohentwurf gemacht. Sie sagten, wir hätten zwanzig Tage.«
»Haben wir, aber sehen Sie zu, daß Sie sie fertigkriegen.
Capps hat die Angewohnheit, Dinge lange vor dem vereinbarten Termin zu verlangen. Arbeiten Sie morgen?«
»Das hatte ich eigentlich nicht vor. Meine Frau besteht darauf, daß wir in die Kirche gehen.«
Avery schüttelte den Kopf. »Frauen können ganz schön lästig sein, nicht wahr?«
Mitch erwiderte nichts.
»Sehen Sie zu, daß Sie bis nächsten Samstag mit der Capps-Akte fertig sind.«
»Geht in Ordnung. Kein Problem«, sagte Mitch.
»Haben wir schon über Koker-Hanks gesprochen?« fragte Avery, während er nach einer A k te suchte.
»Nein.«
»Hier ist es. Koker-Hanks ist ein großer Generalunternehmer mit Sitz in Kansas City. Hat ungefähr hundert Millionen unter Vertrag, überall im Lande. Ein Laden in Denver namens Holloway Brothers hat angeboten, Koker-Hanks zu kaufen. Sie wollen ein paar Aktien losschlagen, einen Teil der Aktiva, ein paar Verträge, und ein bißchen Bargeld kassieren. Ziemlich kompliziertes G e schäft. Machen Sie sich mit der Akte vertraut, und wir reden am Dienstagmorgen darüber, wenn ich zurück bin.«
»Wieviel Zeit haben wir?«
»Dreißig Tage.«
Sie war nicht ganz so dick wie die Capps-Akte, aber ebenso beeindruckend. »Dreißig Tage«, murmelte Mitch.
»Bei dieser Transaktion geht es um achtzig Millionen, und wir holen zweihundert Mille an Honorar heraus. Kein schlechtes Geschäft. Jedesmal, wenn Sie einen Blick auf die Akte werfen, berechnen Sie eine Stunde. Arbeiten Sie daran, wann immer Sie können. Sie können sogar, wenn Ihnen der Name Koker-Hanks auf dem Weg zur Arbeit einfällt, eine Stunde berechnen.
In diesem Fall ist der Himmel die Grenze.«
Avery schwelgte in dem Gedanken an einen Klienten, der zahlen würde, so hoch die Rechnung auch ausfallen mochte.
Mitch verabschiedete sich und kehrte in sein Büro zurück.
Ungefähr um die Zeit, ab die Cocktails ausgetrunken waren, während sie die Weinkarte studierten und zuhörten, wie Oliver Lambert die Nuancen und die feinen Unterschiede der französischen Weine miteinander verglich, ungefähr um die Zeit, als Mitch und Abby das Gefühl hatten, daß sie lieber zu Hause mit einer Pizza vor dem Fernseher säßen, stiegen zwei Männer mit den richtigen Schlüsseln in den auf dem Parkplatz von Justine's stehenden glänzenden schwarzen BMW ein. Sie trugen Anzüge und Krawatten, ganz unauffällige Leute. Sie gaben Gas und fuhren quer durch die Stadt zum , neuen Haus der McDeeres. Sie parkten den BMW dort, wo er hingehörte, im Carport. Der
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